Humboldt-Universität zu Berlin - Sprach- und literaturwissenschaftliche Fakultät - Nordeuropa-Institut

Jan Brockmann:
Dritter und abschließender Bericht über meine Arbeit
am Nordeuropa-Institut der Humboldt-Universität

 

 

Nun ist meine Zeit als Heinrich-Steffens-Professor am Nordeuropa-Institut abgelaufen. In wenigen Tagen habe ich mein Büro geräumt und meine Frau und ich werden wieder nach Os-lo und Norwegen zurückkehren. Wir sind beide hoch zufrieden und dankbar für diese vier Jahre in Berlin, auch wenn es uns manchmal schwer fiel, Kinder und Enkelkinder so weit ent-fernt zu wissen.

Mit großer Freude und ebenso großer Dankbarkeit sehe ich auf meine Tätigkeit am Nordeuro-pa-Institut zurück, wo ich mich sehr wohl gefühlt habe. Ich habe außerordentlich freundliche, hilfsbereite und tüchtige Mitarbeiter angetroffen, und die Zusammenarbeit mit aufgeweckten, engagierten und fleißigen Studenten war ein Vergnügen. Ich werde sie vermissen.

Auch in diesen drei Semestern, von denen hier zu berichten sein wird, habe ich versucht, mein Deputat und die zugehörigen Heinrich-Steffens-Vorlesungen auf ein breites Spektrum zu ver-teilen. Die Gastvorlesungen waren weitgehend auf meine jeweiligen Vorlesungen und Semi-nare abgestimmt, zugleich aber für eine größere Öffentlichkeit zugänglich.

Meine externen Tätigkeiten habe ich fortgeführt. Das Ausstellungsprojekt BerlinNorth wurde im Frühjahr 2004 im Museum für Gegenwart Hamburger Bahnhof verwirklicht, und ich habe einen Textbeitrag zum Katalog beigesteuert. Das Kunstprojekt in der Mauerstraße, Berlin-Mitte, steht jetzt vor der Entscheidung zur Realisierung. Der Künstler Professor Olav Christo-pher Jenssen und die norwegische Botschaft in Berlin haben sich mit großer Energie dafür eingesetzt, der Hauseigner BEWAG und der Stadtbezirk Mitte haben es ebenfalls nachdrück-lich unterstützt; die leidige Geldfrage wird den Ausschlag geben. Ich hoffe sehr, dass dieses Unternehmen glückt und werde weiterhin dafür arbeiten.

Weitere Kommentare am Ende des Berichtes.

1. Lehrveranstaltungen

1.1. Heinrich-Steffens-Gastvorlesungen

Sommersemester 2003
Im Sommersemester 2003 wurden 5 Heinrich-Steffens-Vorlesungen gehalten, die hauptsächlich zum Thema Text und Bild der von Professor Stefanie von Schnurbein und mir gehaltenen Vorlesungsserie beitrugen: Professor Irene Engelstad, Oslo, sprach über Drei naturalistische/impressionistische Frauenporträts – Zolas Nana, Manets Nana und Christian Krohgs Albertine, Professor Helge Rønning, Oslo, über Texte und Bilder – Norwegische Mediendebatten im globalen Zeitalter, Professor Ina Blom, Oslo, über Rock-Ästhetik: Eine Theorie über die Text-Bild-Dynamik im Werk von Bjarne Melgaard u.a., Professor Erik Österud, Trondheim, über Metamorphosen der Zeit und des Raumes – Henrik Ibsens Byggmester Solness, sowie Professor Willy Martinussen, Trondheim, zu Demokratie und soziale Ungleichheit in Norwegen.

Wintersemester 2003/2004
Schwerpunkt der Gastvorlesungen war das Thema Kulturelle Vielfalt, das mit meinem Hauptseminar korrespondierte. Ministerialdirektor Stein Sægrov vom norwegischen Kirchen- und Kulturministerium sprach über Perspektiven und Aufgaben der norwegischen Kulturpolitik im kommenden Jahrzehnt, der Direktor des norwegischen Kulturrates Ole Jacob Bull über Die Globalisierung fordert die Idee einer stabilen, einheitlichen norwegischen Kultur heraus. Welche Konsequenzen ergeben sich für die norwegische Kulturpolitik?, der Schriftsteller und zweite Vorsitzende des norwegischen Kulturrates Khalid Salimi über Kulturelle Vielfalt in Norwegen?, Professor Siri Meyer vom Zentrum für Kulturforschung an der Universität Bergen über Norwegische Kultur: Eine oder mehrere Kulturen? und Manuela Ramin Osmundsen, Vizedirektorin des norwegischen Direktorats für Ausländerfragen, über Neue Trends in Norwegen als multikultureller Gesellschaft.
Wie auch in den früheren Semestern standen die Heinrich-Steffens-Vorlesungen allen Interessierten an und außerhalb der Universität offen.

Sommersemester 2004
Die Gastvorlesungen des Sommersemesters waren an die Exkursion nach Oslo zum Thema Hauptstadtplanung und –architektur in Berlin und Oslo (11.-18. Mai) gekoppelt. Zum Aspekt Berlin sprachen Baudirektorin Inken Bühring vom Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen, Abteilungsleiter Hilmar von Lojewski von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin und Architekt Gerald Bliem (zusammen mit stud.arch. Karen Selmer, Norwegen). Eine Einführung zum Aspekt Oslo gab der Direktor des norwegischen Architekturmuseums, Ulf Grønvold; die weiteren Vorlesungen fanden in Oslo statt, häufig begleitet von Führungen. Der Direktor des Stadtmuseums Lars Røede sprach zur Geschichte der Hauptstadt, Jannike Hovland von der staatlichen Baubehörde präsentierte wichtige repräsentative und kulturelle Projekte, Tarald Lundevall vom Architekturbüro Snøhetta hielt einen Vortrag über den Bau der norwegischen Oper, Fredrik Torp vom Architekturbüro Telje, Torp, Aasen sprach über den neuen Stadtteil Aker Brygge , Gro Bonesmo vom Architekturbüro Partner Space Group/OMA über das Ensemble auf dem Grundstück des Westbahnhofes, Rektor Professor Karl Otto Ellefsen von der Hochschule für Architektur sprach zu Oslo – Hauptstadt und Wachstumsgebiet, Informationsdirektorin Dagny Gärtner Hovig gab einen Bericht über die Arbeit der kommunalen Stadtplanung, Universitätsstipendiatin Olga Schmedling machte eine Führung zum Thema Kunst im öffentlichen Raum, Direktor Sune Nordgren präsentierte das neue Nationalmuseum für Kunst, Frau Inger Figved von der Verwaltung des norwegischen Parlaments führte uns durch das Gebäude, der Stadtarchivar Dr. Truls Aslaksby unternahm mit der Exkursionsgruppe eine historische Stadtwanderung. Festlichen Abschluss der Exkursion bildete die Teilnahme am 17. Mai, dem norwegischen Nationalfeiertag.

1.2 Eigene Lehrveranstaltungen

1.2.1 Übungen und Vorlesung zur norwegischen Literatur

Auch diesmal habe ich ein Drittel meines Deputats für Übungen zur norwegischen Literatur reserviert. Im Sommersemester 2003 habe ich zusammen mit der Institutsdirektorin, Professor Stefanie von Schnurbein, eine gemeinsame Vorlesungsserie mit Gesprächen zum Thema Text und Bild abgehalten, außerdem die Ibsen-Lektüre mit Et Dukkehjem und En Folkefiende fortgesetzt. Im Wintersemester folgten mit Gengangere und Vildanden zwei weitere Stücke des norwegischen Klassikers, und im Sommersemester 2004 habe ich noch einmal Vildanden aufgegriffen, um mit Hedda Gabler die Serie abzuschließen.

1.2.2 Vorlesungen und Hauptseminare zur Kulturwissenschaft

Im Sommersemester hielt ich ein Hauptseminar zum Thema Norwegische und deutsche Kunst im 19. Jahrhundert im Vergleich/Norsk og tysk kunst fra 1800-tallet. En sammenligning; das Seminar wurde von Museumsbesuchen begeleitet. Im Wintersemester hielt ich eine Vorlesungsreihe über Kunst i Norge i det 20. århundre. Fra symbolismen til samtidskunsten (Norwegische Kunst im 20. Jahrhundert. Vom Symbolismus bis zur Gegenwartskunst), sowie ein Hauptseminar über das Thema Sted og stedsløshet i et Norge under forandring. Fra Norsk kultur til kulturene(e) i Norge (Ort und Ortlosigkeit in einem sich verändernden Norwegen. Von Norwegischer Kultur zu Kultur(en) in Norwegen). Dies Hauptseminar versuchte, unter verschiedenen Gesichtspunkten sich dem Thema Kulturelle Vielfalt in Norwegen zu nähern. Im abschließenden Sommersemester hielt ich Vorlesungen zur norwegischen Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts (Norsk kunst på1800-tallet) und im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Exkursion ein Hauptseminar zum Thema Hauptstadtplanung und –architektur in Berlin und Oslo. Ein Vergleich. Neben den Führungen und Vorträgen zu und in Oslo unternahmen wir Stadtwanderungen in Berlin und hatten Führungen zu wichtigen öffentlichen In-stitutionen in Berlin und Demonstrationen an Stadtmodellen. Exkursion und Hauptseminar waren sehr gut besucht. Wie mir scheint, war dies ein äußerst anregendes Thema und ein gelungener Ausklang meiner Lehrtätigkeit am Nordeuropa-Institut.

2. Eine Auswahl meiner externen Tätigkeiten

Eine Liste meiner externen Tätigkeiten füge ich bei.

Meine Mitwirkung am Kuratorium für den Heinrich-Steffens-Preis der Alfred-Töpfer-Stiftung F.V.S. ist jetzt abgeschlossen. Diese Arbeit hat viel Freude gemacht, und ich bleibe der Stiftung weiterhin verbunden. Ich bin Vorstandsmitglied des Nordischen Aquarellmuseums in Skärhamn/Schweden, Leiter des künstlerischen Gremiums für das zu errichtende Forschungszentrum zum Holocaust in Norwegen, Sachkundiger beim norwegischen Forschungsrat und in diesem Jahr Mitglied des Evaluationskomitees für die Hochschule für Architektur in Bergen. Neben Vorlesungen und anderen akademischen Aufträgen in Norwegen habe ich auch in den letzten anderthalb Jahren zahlreiche Vorträge zu und Führungen in Berlin für Exkursionen und Delegationen aus Norwegen gehalten.

Nun also ist meine Tätigkeit am Nordeuropa-Institut abgeschlossen und damit auch mein aka-demisches Lehramt. Ich bin sehr dankbar dafür, dass mir diese Möglichkeit am Ende meiner Laufbahn geboten wurde. Ganz besonders zu danken habe ich meinen Kollegen und Freunden am Nordeuropa-Institut, die mir diese Zeit mit Ermunterung, Unterweisung, Rat und Tat zur Seite gestanden haben, den Studenten, bei denen ich viel habe lernen dürfen und die entschie-den dazu beigetragen haben, dass ich mich an diesem Institut und dieser Universität so wohl gefühlt habe, der Universitätsleitung, die meine Lehrtätigkeit auch über die sonst verbindlich Altersgrenze hinaus zu verlängern ermöglichte und meine Arbeit unter ihrem Dach wohlwol-lend unterstützte.

Zu danken habe ich der norwegischen Botschaft, den Botschaftern Morten Wetland und Bjørn Tore Godal, dem Kulturattaché Johan Meyer, für alle Förderung und außerordentliche Hilfsbereitschaft während meines gesamten Berlin-Aufenthaltes. Die Zusammenarbeit war für meine Tätigkeit äußerst fruchtbar.

Schließlich möchte ich dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft nachdrücklich dan-ken, ohne dessen Förderung die Arbeit der Professur nicht möglich wäre. Sie war mir eine sehr hilfreiche und notwendige Unterstützung, und ich hoffe, dass sie der Gastprofessur wei-terhin erhalten bleibt. Mit meinem Nachfolger, dem Philosophen Helge Høibraaten von der Universität Trondheim, erhält die Professur eine in meinen Augen optimale Besetzung. Uni-versität, Institut und Stifterverband werden viel Freude an ihm haben.

 

Jan Brockmann