Humboldt-Universität zu Berlin - Sprach- und literaturwissenschaftliche Fakultät - Nordeuropa-Institut

Wissenschaftliche Projekte – Jahresbericht 2006

Kola-Sámi Documentation Project (KSDP)

Das Projekt beschäftigt sich mit den akut vom Aussterben bedrohten saamischen Sprachen Russlands: Akkala, Kildin, Skolt (Notozerskij-Dialekt) und Ter. Obwohl die russischen Saami seit dem 15. Jahrhundert unter Russifizierungsdruck standen, konnten sie ihre soziale, ökonomische und kulturelle Identität bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bewahren. Durch den dann einsetzenden Rohstoffabbau und die militärische Aufrüstung der Gegend aber setzte ein Zustrom anderer Kulturen ein, der – einhergehend mit der Umsiedlung der Saami aus soziopolitischen, ökonomischen und militärischen Gründen – zu einer Zerstörung der ursprünglichen Sprechergemeinschaften führte. Mehr und mehr verschwand das Saamische aus dem öffentlichen Leben. Heute beherrscht höchstens noch ein Drittel der etwa 1.800 Sami in Russland ihre Muttersprache, und die meisten Sprecher gehören der älteren Generation an.

Ziel des Dokumentationsprojektes ist es, eine breitestmögliche Variation von Textgenren aufzunehmen, zu transkribieren und zu annotieren. Der Fokus der Dokumentation liegt auf ungeplanten und unstrukturierten Erzählungen und Gesprächen sowie auf spontanen Äußerungen im Kontext der traditionellen saamischen Beschäftigung wie der Rentierzucht und des Kunsthandwerks. Es geht um Lebensgeschichten, um Geschichten von Örtlichkeiten, über die Arbeit und das Alltagsleben. Alle Aufnahmen werden transkribiert und morphologisch glossiert, ins Englische und Russische übersetzt sowie mit Annotationen und ethnografischen Anmerkungen versehen. Des Weiteren soll die soziolinguistische Situation der russischen Saami umfassend dokumentiert werden.

Das Projekt wird als Teil der Förderinitiative Dokumentation bedrohter Sprachen (DoBeS) von der Volkswagen-Stiftung unterstützt. Der Förderzeitraum beträgt drei Jahre. Projektstart war im September 2005.

Im Rahmen des Sprachdokumentationsprojektes fanden am 30. November sowie am 6. und 7. Dezember 2006 Informationsseminare zur Dokumentation und Revitalisierung des Saamischen in Russland statt. Zielgruppe war ein allgemeines saamisches und nicht-saamisches Publikum. Die Seminare wurden in Zusammenarbeit mit lokalen saamischen Organisationen in Lovozero, OOSMO (Öffentliche Organisation der Saami im Murmansker Gebiet) und NKC (Nationales Kulturzentrum), und Murmansk, AKS (Assoziation der Kola-Saami), sowie der Murmansker Pädagogischen Universität durchgeführt.

Die Projektmitarbeiter Elisabeth Scheller (Sámi dutkan, Umeå universitet) und Michael Rießler (Nordeuropa-Institut) berichteten über den Stand der Arbeiten im Dokumentationsprojekt (s. Vorträge von Institutsmitarbeiter/inne/n).

Diskussionsbeiträge aus saamischer Sicht wurden außerdem von Anna Afanasieva und Andrej Dubovcev (beide sind Studierende an der Pädagogischen Universität Murmansk und arbeiten außerdem als Projektassistenten im KSDP sowie von Gennadij Lukin (OOSMO) gehalten.

www2.hu-berlin.de/ksdp/