Humboldt-Universität zu Berlin - Sprach- und literaturwissenschaftliche Fakultät - Nordeuropa-Institut

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Vorworte zu den Kommentierten Vorlesungsverzeichnissen

Wintersemester 2008/09 (Tomas Milosch)
Liebe Studierende,

das Kommentierte Vorlesungsverzeichnis, das ihr in der Hand haltet, ist das letzte seiner Art. Einige von euch erinnern sich sicher noch an die Diskussionen am Ende des vergangenen Semesters, ob es überhaupt noch mal ein gedrucktes KVV geben solle. Seit kurzem verfügt die Humboldt-Universität mit AGNES über ein Onlinesystem für Lehre und Prüfungen. Die Bachelorstudierenden arbeiten bereits seit einigen Semestern mit der qis-Prüfungsanmeldung und sind mittlerweile auch mit der Onlineverwaltung der Prüfungsergebnisse vertraut. Nachdem in den vergangenen Monaten alle Fakultäten ihre Lehrplanung mit Hilfe von AGNES vorgenommen haben, erfolgt in diesem Wintersemester also der nächste Schritt:

Mit AGNES könnt ihr euch eure individuellen Stundenpläne ausdrucken, werdet automatisch auf Kollisionen von parallel stattfindenden Kursen hingewiesen (Lösungen werden leider noch nicht gleich präsentiert), und vor allem ist die Aktualität von keinem gedruckten Verzeichnis zu übertreffen. Vorausgesetzt, die Pflege der Daten erfolgt korrekt und aktuell, werdet ihr Montag abends per Mail mitgeteilt bekommen, dass der sowieso nicht besonders beliebte Kurs am Dienstag um 8 ausfällt. Ist nicht das allein schon die Umstellung wert?

Viele Probleme wurden durch die Programmierfachleute seit dem Start behoben, ein paar Kinderkrankheiten bestehen trotzdem noch. Das hat zu dem Kompromiss geführt, letztmalig ein KVV in traditioneller Form zu produzieren. Sobald die Kinderkrankheiten überwunden sind, werden die Vorteile dieser Datenbank die der manchen vielleicht lieb gewordenen Heftchen mit den skandinavischen Sonderzeichen deutlich überwiegen.

Der Abschied vom Kommentierten Vorlesungsverzeichnis in der traditionel­len Form nach den 13 Jahren, die ich dafür verantwortlich war, ist auch für mich sehr zwiespältig. Einerseits freue ich mich, künftig viel Zeit für andere Dinge nutzen zu können. Andererseits erfreut sich das KVV einer so großen Beliebtheit, dass frühere Versuche, es durch eine alleinige Internetausgabe auf unserer Homepage zu ersetzen, stets scheiterten. Und ich bekenne auch gern, dass es mir immer Spaß gemacht hat, nach passenden Karikaturen und skurrilen Meldungen aus Skandinavien für die Umschlaginnenseite und das PS zu suchen.

Die Anfänge der skandinavistischen KVVs liegen etliche Jahre zurück. Das erste im bekannten, traditionsreichen Layout könnt ihr nur noch im Museum besichtigen, denn das vorliegende Heft ist bereits das 29. seiner Art. Ein kleiner Rückblick zum Abschied ist daher vielleicht angebracht:

Die Grundstruktur lässt sich in vielen Details zurückverfolgen bis zu den ältesten, vor der Fusion noch an der Freien Universität entstandenen Ausgaben. Den Studienführer des Wintersemesters 1991/92, ein vergleichsweise schmales Heftchen mit 25 Seiten, schmückte ein historischer Stadtplan Berlins, die Rückseite ein Orientierungsplan, der die Lage der Diensträume in der FU-Rostlaube zu erklären versuchte. Verlaufen hat man sich als Auswärtiger dennoch Auf immerhin drei Seiten wurde damals schon über das Lehrangebot an der HU informiert. Verantwortlicher Redakteur war übrigens Stephan Michael Schröder, heute Professor für Skandinavistik in Köln. Die Verantwortlichen im Wintersemester 1992/93 waren Julia Zernack, heute Professorin für Skandinavistik in Frankfurt/M., und Andreas Vollmer, heute Mitarbeiter am CMS der HU. Im Sommersemester 1993 erschien mit bereits 40 Seiten Umfang der erste gemeinsame Studienführer von FU-Skandinavistik und HU-Nordistik. Erstmals gab es ein Vorwort, paritätisch verfasst von Bernd Henningsen (HU) und Hartmut Röhn (FU). Darin wurde über Pläne berichtet, das Fach an einer Hochschule zusammenzufassen.

Konsequenterweise war auch die redaktionelle Verantwortung geteilt bzw. verdoppelt worden, Reinhold Wulff und ich heute, aber das wisst ihr ja arbeiteten zusammen. Das Sonderzeichenlayout feierte seine Premiere im Sommersemester 1994, seitdem ist auch der Umfang von ca. 60 Seiten Standard. Im darauffolgenden Wintersemester konnte Bernd Henningsen als Gründungsdirektor die Fusion der Berliner Skandinavistik an der HU verkünden, das Nordeuropa-Institut existiert seit dem 1. Oktober 1994, und im Jahr danach erschien erstmals ein Jahresbericht.

Hoffen wir gemeinsam, dass AGNES schnell zu einer Erfolgsstory wird, dass sich der Übergang zum Online-Format weitgehend problemlos vollziehen wird und dass schon bald nur noch Nostalgiker die papierene Form des KVV vermissen werden.

Ich wünsche euch ein erfolgreiches neues Studienjahr!

Tomas Milosch
Berlin, im September 2008
Sommersemester 2008 (Carsten Schymik)
Liebe Studierende,

etwas Besonderes im Studium Nordeuropas ist das Janteloven. Das Gesetz von Jante gehört, wie Bernd Henningsen einmal geschrieben hat, zum skandinavischen Alltag wie Mittsommer, Knäckebrot und Wohlfahrtsstaat. Und seine Quintessenz lässt sich in einem einfachen Gebot zusammenfassen: Glaub ja nicht, dass Du etwas Besonderes bist!

Das Jante-Gesetz erklärt das Mittelmaß zur sozialen Norm. Womit es natürlich nicht mehr in ein Zeitalter passt, wo Universitäten um Exzellenz wetteifern, Fakultäten und Institute um Drittmittel werben, und wo Studierende immer öfter als zahlende Kunden betrachtet werden. Nicht mittelmäßige Bescheidenheit ist heutzutage Trumpf, sondern unverblümte Unbescheidenheit.

Zeitgemäßer als die Referenz an Jante wäre daher vielleicht die folgende Einleitung: Willkommen am Nordeuropa-Institut im Herzen Europas. Gratulation! Sie haben sich für die führende Lehr- und Forschungsinstitution im deutschsprachigen Raum und außerhalb des Nordens entschieden. Mit über 600 Studierenden und rund 40 Beschäftigten finden Sie hier nicht nur das vielfältigste Angebot nordeuropäischer Sprachen und Literatur, sondern auch das einzige Institut mit einem kulturwissenschaftlichen Fachteil, wo Nordeuropa hinsichtlich seiner historischen und politischen Dimensionen vermittelt wird.

Fast jede wissenschaftliche Einrichtung ist heutzutage wie das Nordeuropa- Institut gefordert, sich zu Markte zu tragen und folglich die Attitüde des Unbescheidenen einzunehmen. Nach außen dürfen wir nicht Mittelmaß sein, selbst wenn die Wirklichkeit im Innern eine andere Sprache sprechen sollte. Jante ist out. Übersetzt in die Gegenwart müsste das Gebot eher lauten: Glaub was Du willst, aber lass es als etwas Besonderes erscheinen!

nicht zuletzt unsere Universität erfahren bei dem Versuch, Humboldt ins 21. Jahrhundert zu übersetzen und damit etwas Besonderes sprich: exzellent zu werden. Der Exzellenz-Titel wurde indes von anderen Hochschulen gewonnen. Mit anderen Worten: Humboldt wurde bescheinigt, nichts Besonderes zu sein. Wir bleiben offiziell Mittelmaß.

Womit wir dann doch wieder beim Gesetz von Jante wären, das im Blick nach vorn Trost und neue Kraft zu spenden vermag. Denn es enthält mehr als die Maxime der Mittelmäßigkeit. Es impliziert auch die Fähigkeit zu nüchterner Selbsteinschätzung, zu Selbstkritik und mithin zu Selbstironie.

Und als Kenner Nordeuropas wissen wir schließlich, dass man durchaus etwas Besonderes aus sich machen kann, indem man nur fest daran glaubt, nichts Besonderes zu sein. In diesem Sinne wünsche ich allen ein gutes und produktives Sommersemester.

Carsten Schymik
Berlin, im Januar 2008
Wintersemester 2007/08 (Bernd Henningsen)
Liebe Studierende,
tschüss und willkommen ha det og velkommen!

Mit dem auslaufenden Sommersemester 2007 können/werden wir unsere ersten Bachelorstudierenden verabschieden. Der Bologna-Prozess, der eine Effektivierung und eine Homogenisierung der Hochschulausbildung in Europa bringen soll, hat für uns alle eine erhebliche Umstellung bedeutet. Das klassische deutsche Hochschulstudium gehört seither der Vergangenheit an (Residuen wird es sicher hier und da weiterhin geben). Bologna bedeutet, dass die Studiengänge internationaler, europäischer werden (sollen), dass die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen über Landesgrenzen einfacher wird, dass eine Vergleichbarkeit der erworbenen Ab-schlüsse garantiert ist. Nicht umsonst sprechen Politik und Wissenschaftsorganisationen von einem Prozess: Die Umstellung wird nicht von heute auf morgen funktionieren, es wird Versuchsgenerationen geben. Das muss nicht schlecht sein.

Für die Studierenden bedeutet Bologna, wie es im Jargon heißt, eine stärkere Verschulung des Studiums. Wenn Leistungen vergleichbar, Module austauschbar, Abschlüsse kompatibel werden, dann wird dies ein Raster über das Studium werfen, wie wir es aus der Schule kennen. Die Universitäten beklagen dies, sehen aber nur zu gern darüber hinweg, dass es diese Verschulung bereits im alten System gegeben hat: in den stärker berufsbezoge-nen Studiengängen, aber auch in vielen geisteswissenschaftlichen, die wie die Skandinavistik kein identifizierbares Berufsbild haben. Die über Jahre immer gleichen Seminarthemen und Reader legen dafür beredtes Zeugnis ab.

Für uns Lehrende das haben wir in diesen Semestern des ersten Jahrganges deutlich feststellen können hat Bologna vollere Seminare (Anwesenheitspflicht!) und ein größeres, merkbareres Zeitbewusstsein der Studierenden zur Folge. Das muss nicht von Nachteil sein. Dass die Studierenden nach wie vor ihre liebe Not mit Kontinuität und Anwesenheit wegen des lebensnotwendigen Zwangs zum Nebenerwerb (manchmal auch zum Haupterwerb) haben, sollte Diskussionspriorität für die Hochschulpolitik haben. Die Finanzierung der Universitäten ist eine Sache, das deutsche Stipendienwesen eine andere.

Die ersten Bologna-Studierenden verabschieden wir mit herzlichem Dank für ihr Engagement für Studium und Institut und mit den besten Wünschen für ihren weiteren Werdegang sei es im Beruf oder für das Weiterstudium.

Das Willkommen gilt den ersten Masterstudierenden! Diese Zeilen werden zu einem Zeitpunkt geschrieben, an dem noch nicht klar ist, wie viele unserer Bachelors weitermachen werden und wie viele Neue von draußen reinkommen. Die Zusammensetzung der ersten Kohorte ist für uns eine genauso spannende Frage wie die des neuen Zusammengehörigkeitsgefühls dieses Jahrgangs 2009 (mit dem Sommersemester 2009 sollen sie ihr Studium abgeschlossen haben). Ich hoffe, sie werden sich bei uns wohlfühlen, ih-re Erwartung erfüllt bekommen und ein erfolgreiches Studium bei uns ab-solvieren. Die Studienordnung schreibt einen relativ rigiden Rahmen vor mit der Betonung auf relativ, wir setzen auf Erfahrung und auf Feedback. Damit der Versuchsgenerationen nicht zu viele werden.

Gutes Gelingen!
Ihr Bernd Henningsen, Institutsdirektor
Berlin, im Juni 2006
Sommersemester 2007 (Antje Wischmann)
Liebe Mitglieder des Nordeuropa-Instituts!

Nur wenige Menschen lässt ein Umzug völlig unbeeindruckt. Sind die Kisten ausge-packt und alles an ihren oder seinen Platz gestellt, eröffnen sich nicht selten neue Ho-rizonte, sogar in der Retrospektive. Selbst dem entschlossensten Aufbruch folgt unter Umständen eine nostalgische Rückbesinnung mit dem Wunsch, genauer zu bestim-men, was man hinter sich lassen möchte oder was unbedingt fortzuführen sei. Da mein Arbeitsbeginn am Nordeuropa-Institut im April 2006 an den Beginn eines soge-nannten Jahrhundertsommers fiel und die heißen Rotationsmaschinen im Mosse-Zentrum förmlich gen Himmel vibrierten, ist eine solche Festlegung nicht schwer: Vom Lärm und vom chemikalisch angereicherten Binnenklima nehmen wohl alle Institutsmitglieder und Studierenden gerne Abschied.
 
Dennoch sollte man auf das Mosse-Zentrum mit mildem Blick zurückschauen und dabei eingestehen, dass man seine formschöne Fassade (1923) viel zu selten von der Seite der Jerusalemer Straße aus gewürdigt hat. Vergleichbare runde Ecken lassen sich im neuen Gebäude allenfalls in den Tür- und Fenstergriffen ausmachen.

Auf diese Weise eingestimmt, stellt sich auch gegenüber den Ereignissen im vorherigen Gebäude eine größere Milde ein, nicht zuletzt wenn es der visuellen Imagination durch winterliche Dunkelheit an Ausdehnung und Tiefe mangelt. Glich nicht Raum 101 der zweckmäßigen Kabine im Mitteldeck eines Dampfers, der schon in den frühen Morgenstunden weite Strecken in unerschlossenes theoretisches Gelände zurücklegte? Navigierte das Team der über ihre Mission vereinten Bachelor- und Magister- Tribes nicht sicher durch den dunstbedeckten Strom, zeitweilig vom flackerndem Overhead- Projektor-Licht erhellt, das durch das dichte Buschwerk am Ufer drang? Einige blinde Passagiere aus dem Korridor wurden an Deck geholt, wo sie erstaunt blinzelnd verharrten. Doch diese heroisch anmutende Schiffsmetaphorik, selbstredend dem diskursanalytischen Fluss des Wissens in der Zeit und der postkolonialen Relektüre Joseph Conrads verpflichtet, lässt sich zweifellos auch auf Helge Høibraatens Ibsen-Vorlesung übertragen: Jene erreichte ich bei 34°C nach einem Dauerlauf von der U-Bahn-Station Stadtmitte mit schwankenden Knien. Das Gefühl des Seegangs und der trittunsicheren Planken setzte sich fort, bis ich den Inhalt von Henrik Ibsens Kaiser und Galiläer in groben Zügen begriffen hatte. Doch der vortragende Kapitän, der zuverlässige Steuermann (Wolfgang Behschnitt), der Smutje (ein Gasthörer) und damit alle an diesem Abend Anwesenden hielten konsequent ihren Kurs auf ein kaum bekanntes religionsphilosophisches Archipel.
Bei der Einweihungsfeier des neuen Institutsgebäudes am Hegelplatz am 10. November 2006 stellte sich mir die Frage, welche topologischen, konzeptionellen, mentalitätsgeschichtlichen, klimatischen oder akustischen Dynamiken sich in den neuen Räumlichkeiten einstellen werden. Schließlich handelt es sich, wie ein mit altehrwürdigen Insignien geschmückter jüngerer Herr eindringlich erörterte, um ein Forum und ein Ensemble. Die Fassade zum Hegelplatz sei eine Brandmauer mit Fenstern was meiner Einschätzung nach auf eine computertechnologisch inspirierte Metaphorisie rung schließen lässt, werden doch Verbildlichungen von Firewall und Windows bemüht. Wie treffend diese Konzepte sind, lässt sich leicht am schwankenden WLANEmpfang belegen: Wir haben es mit Wällen zu tun, die sich im Gegensatz zu den Kopenhagener Stadtwallanlagen in den 1860er Jahren nicht einfach schleifen lassen. Während das Forum der architektonischen Hardware entspricht, weist das Ensemble wohl Analogien zum Personal in seiner transdisziplinären Zusammensetzung auf, es ist so gut wie exzellent aufgestellt.
Das Café Weltgeist sei, so der Architekt bei der Einweihung, an einer Schnittstelle (Interface) des Ensembles verortet, womit er einen imponierenden baulichen Ausdruck für die Überschneidung unterschiedlichster Fachdiskurse fand. (Dass der Architekt die Motivierung seiner Farbwahl mit der Phrase Rot ist die Liebe und Grün die Hoffnung kurzschloss, hat mich als Urbanistin allerdings verärgert hier lockt das semistrukturierte Tiefeninterview nicht wirklich.)
Es braucht kaum daran erinnert zu werden, dass der Ensemble-Begriff auch an Vorstellungen des Orchesters appelliert und dass ihm ein gerüttelt Maß an Theatralität eignet. Dies hat das Nordeuropa-Institut mit seinen Geburtstags- und Weihnachtsfeiern gerade anschaulich unter Beweis gestellt.
Der Dampfer, wenn auch nicht zum Ozeanriesen angewachsen, hat also angelegt, in unmittelbarer Nähe großer historischer Namen und mit dem Potential, ein Post-Wende- spezifisches Monument im alten Stadtkern zu werden. Erst im zeitlichen Rückblick und aus der Vogelperspektive, nämlich vom Fernsehturm aus, kann man den Stadtplan angemessen überblicken und den Streit über die angemessene Adressenbezeichnung beilegen: Der Hegelplatz sollte in Hegeler Hafen umbenannt werden und die Universitätsstraße in Universitätskai.

Antje Wischmann, im Januar 2007

Haupteingang am Hegelplatz Silhouette des Hegeler Hafens?
Wintersemester 2006/07 (Bernd Henningsen)
Liebe Studierende,

Wenn Sie diese Zeilen erst zu Semesterbeginn lesen, ist das Nordeuropa-Institut (NI) bereits in die neuen Räume am Hegelplatz eingezogen. Die vorlesungsfreie Zeit des Sommers war dem Umzug, der Einrichtung der Büros und Seminarräume gewidmet; die Bibliothek folgt bis zum Beginn des Semesters. Wir haben die ers-ten Tees und Kaffees getrunken und werden uns wohl bereits ganz gut im neuen Haus zurechtfinden. Ich hoffe, dass Sie sich in diesem viel großzügigeren und auch komplexeren Ambiente schnell einleben und die neuen Arbeitsmöglichkeiten nutzen werden. Vor allem denke ich, werden wir alle von der Nähe zum Hauptge-bäude mit der Unileitung und den Fächern der Philosophischen Fakultät I, zu den großen Bibliotheken, zu den Kultur- und Sozialwissenschaften der Philosophi-schen Fakultät III und den fremdsprachlichen Fächer unserer eigenen Fakultät, zu U- und S-Bahn profitieren. Allein von der neuen Lage her gesehen, wird man sa-gen können, dass wir ein Stück (haupt-)städtischer geworden sind, es kann am neuen Standort spannender werden (um nicht schon wieder die viel zitierten Syn-ergieeffekte zu bemühen) die HU ist eine städtische Universität mit allen Kon-sequenzen, keine Campus-Universität, in ihrem Leitbild hat sie das festgehalten.

Für einige der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war dies der fünfte Umzug seit der Wende. Als mit der Berufung des Autors dieser Zeilen Ende 1992 das Fach Skandinavistik eine institutionelle Selbständigkeit im Rahmen des damaligen Fach¬bereichs Germanistik erhielt, verfügten wir über keine eigenen Räume abgese-hen von einem kleinen Unterrichtsraum mit Bücherregalen und einer Vor-Kammer in der Mittelstraße (mit Telefonanschluss!). Das Haus hatte vor der Nutzung durch die Humboldt-Universität Zwecken gedient, die als anstößig gelten; es ist mittler-weile abgerissen, nur die Fassade blieb erhalten und dient der Aufhübschung des Dussmann-Komplexes. Die Amtsgeschäfte wurden von einem Schreibtisch an der FU, vom Gästehaus der HU und ab Februar 1993 vom Dekanat des Fachbereichs in der Dorotheenstraße 1 aus, damals Clara-Zetkin-Straße 1, betrieben.

Von den dortigen Anfängen sind nur einige Bücher und Erinnerungen geblieben. Mit dem langsamen Aufbau und dem personellen Aufwuchs zu einem eigen-ständigen Institut (ab 1994) wurde der Raumbedarf in einem mittlerweile ebenfalls modernisierten Gebäude (was sehr notwendig war, wie zahlreiche Anekdoten be-legen!) in der Schumannstraße 5, unweit von Charité und Deutschem Theater ge-deckt. In diesen Räumen fanden dann auch Verhandlungen mit FU-Vertretern statt, die schließlich zur Fusion der Berliner Skandinavistik an der HU führten.

Zugleich waren dies die Jahre der institutionellen (und personellen) Umstrukturierung der HU, an deren Ende auch eine neue Fakultätsstruktur stand: Die germa-nistischen und die fremdsprachlichen Institute sowie das NI bilden seither die Phi-losophische Fakultät II. Für NI und die beiden germanistischen Institute wurde die Glinkastraße 18 ab 1994 die nächste Bleibe. Hier standen uns erstmalig an einer Adresse Büro- und Seminarräume zur Verfügung, auch konnte hier die Bibliothek untergebracht werden.

Hartnäckig steht die Behauptung im Raum, dass wir dort durch unsere Nach-barn (ein Bundesministerium) und ihre Verbündeten entmietet wurden: Das Haus entsprach nicht den Sicherheitsanforderungen für eine öffentliche Nutzung (es fehlte der zweite Fluchtweg, den wir über die ministeriellen Flure nicht her-stellen durften entschied das BKA). Wir hatten zu räumen, ohne dass ein zurei-chendes Ausweichquartier zur Verfügung stand und erlebten eine bürokratische Posse, die uns ein ums andere Mal erfahren ließ, wie ernst man es hierzulande mit Universitäten meint, wie wichtig Lehre, Wissenschaft und Forschung genommen werden Gelehrt wurde ein Semester lang in einem ehemaligen Gewerkschafts-komplex in der Torstraße 1, das für universitäre Zwecke so geeignet war, wie das zuvor genutzte ehemalige Bordell. Die alten Büroräume durften nur unter strengen Sicherheitsmaßnahmen und unter Einschränkungen weiter genutzt werden.

Die Anmietung des Mosse-Zentrums in der Schützenstraße 21 im Jahr 1996 durch die HU von uns allen aufgrund der Notlage dankbar begrüßt war von Anfang an als Übergangslösung gedacht. Das Provisorium hielt ganz gut, wir wa-ren gerngesehene Mieter, viel konnten wir bewegen. Mit dem Anwachsen des NI durch die Besetzung der literaturwissenschaftlichen Professur und durch die er-folgreiche Einwerbung von Projekten platzten wir bald aus unseren Nähten, muss-ten in anderen Gebäuden zusätzlich Quartier machen; es wurde aber auch die Dis-funktionalität des Gebäudes immer bemerkbar (wer hat sich im MOS nicht alles verlaufen!). Eine Neuplanung war nötig und dringlich. Sie bot sich an in unmittel-barer Nähe des rückwärtigen Hauptgebäudes der HU, an dem durch Kriegseinwir-kung leeren Platz zwischen Dorotheen- und Georgenstraße, der seinen Namen nach Hegel erhielt, aber auf keinem offiziellen Stadtplan verzeichnet ist. Die Ar-rondierung seiner westlichen Seite unter Einbeziehung des ehemaligen Seminar-gebäudes auf der Ecke zur Universitätsstraße (von seinen früheren Nutzer in un-dankbarer Erinnerung) und des Reuter-Hauses (mit den Musikwissenschaftlern) hat nicht nur eine überzeugende städtebauliche Lösung gebracht, sondern befrie-digt auch den Raumbedarf der germanistischen Institute und des NI.

Ich hoffe, dass Sie diesen neuen Komplex als den Ihren annehmen können, als Behausung für fruchtbare wissenschaftliche Belehrung und Forschung. Die Ver-antwortlichen in der Universitätsverwaltung haben sich zusammen mit uns für die zukünftige Nutzung viele Gedanken gemacht. Helfen Sie uns, da, wo wir falsch gedacht haben, Fehler zu beseitigen und da, wo es richtig war und ist, indem Sie gut darüber reden.

Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Wintersemester 2006/07!

Ihr

Bernd Henningsen, Institutsdirektor
Berlin, im Juni 2006
Sommersemester 2006 (Reinhold Wulff)
Liebe Mitglieder des Nordeuropa-Instituts!

Dieses Kommentierte Vorlesungsverzeichnis mit dem Jahresbericht 2005 ist das letzte, das noch im Mosse-Zentrum produziert und verteilt wird, das Lehrveranstaltungen in den Räumen mit dem Kürzel MOS verzeichnet. Ein Umzug steht an - wieder einmal. Und noch nie war das Nordeuropa-Institut dem Zentrum der Humboldt-Universität so nah, wie es dann ab Wintersemester 2006/07 sein wird - am Hegelplatz, direkt hinter dem Hauptgebäude. Kommt das Institut damit zur Ruhe?

Ich bin seit dem Wintersemester 1990/91 in Berlin und habe fast alle Umzüge des Faches mitgemacht - und es waren in diesen 15 Jahren nicht wenige. Vielleicht ist es ganz aufschlussreich, in diesem Vorwort die bisherige Odyssee des Faches durch Berlin anhand meines Schicksals nachzuzeichnen und für die Nachwelt zu überliefern?

Ich begann meine Tätigkeit in der Skandinavistik im Fachbereich Germanistik der Freien Universität Berlin im Oktober 1990. Für wenige Tage durfte ich ein Büro im Skandinavistik-Flügel der "Rostlaube" in Berlin-Dahlem, Habelschwerdter Allee, beziehen. Nun, der Rost war es nicht, der irritierte - das waren schon eher die Tesakreppstreifen auf den Deckenfugen. Man informierte mich: Es gebe den Verdacht auf asbesthaltige Verkleidungsmaterialien und da habe man sicherheitshalber die Ritzen verklebt. Aber es bestehe keine akute Gefahr. Jedenfalls nicht für wenige Wochen. Dann wurde nämlich beschlossen, dass mein Büro zu unsicher sei - ich durfte umziehen in einen Nebenraum. Aber nur für kurze Zeit. Die Asbestgefahr war wohl doch ernst zu nehmen, jedenfalls wurde dann urplötzlich die Schließung der gesamten Rostlaube (inklusive unserer Institutsbibliothek!) verordnet, der Verwaltungsleiter musste in aller Eile Notquartiere für das Sekretariat in der Takustraße und Unterrichtsräume außerhalb der Rostlaube organisieren. Ich unterrichtete also fortan einen Kurs in einer Oberschule in Dahlem, den anderen ab Januar 1991 auf dem Teppich meiner neuen Wohnung in Friedenau (die Möbel kamen erst im Februar aus Kiel...). Eine vorläufige Sicherung der Rostlaube ließ es dann ab dem Sommersemester 1991 wieder möglich erscheinen, in Rost- und Silberlaube zu unterrichten. Eine Zeit lang gewöhnte ich mich an die Routine.

Inzwischen entwickelte sich die Diskussion um eine Fusion der Skandinavistiken an FU und HU - teilweise kam es zu heftigen Auseinandersetzungen. Ich selbst trug diesen Fusionsprozess von Anfang an mit - und war deshalb auch sofort bereit, an der HU einen Lehrauftrag zu übernehmen, nachdem Bernd Henningsen an der HU die Professur für Skandinavistik/Kulturwissenschaft übernahm. Das Domizil des Faches war inzwischen von der Mittelstraße in die Schumannstraße, fast gegenüber dem Deutschen Theater, weitergewandert, und ich siedelte mich ein wenig dort an, unterrichtete im Rahmen zweier unbezahlter Lehraufträge im Wintersemester 1993/94 und im folgenden Sommersemester zur nordeuropäischen Geschichte.

Zum Wintersemester 1994/95 war dann endlich der doch für einige schmerzhafte Fusionsprozess vollbracht und HU- und FU-Skandinavistik zogen gemeinsam mit der Germanistik der HU in die Glinkastraße - und wurden damit bald unmittelbare Nachbarn des Arbeits- und Sozialministeriums. Nur kurze Zeit währte die friedliche Zeit dort. Unser Institut war ganz oben im Gebäude untergebracht, im neunten Stock, herrliche Sicht, man konnte sogar aufs Dach steigen und von oben auf die zahlreichen Baustellen und Sehenswürdigkeiten Berlins gucken, z.B. auf den verhüllten Reichstag. Schön war's - es gab leider einen Haken: Es existierte nur ein Treppenhaus - und wo "Notausgang" draufstand, gab es keinen, denn dieser Fluchtweg hätte geradewegs auf die Flure des Ministeriums geführt. Daran hatte aber dieses kein Interesse, aus Angst vor versehentlich oder absichtlich eindringenden Studierenden - deshalb blieben die Fluchttüren zugemauert! Ich bemühte mich (mit Unterstützung von IR-Beschlüssen), die Bauabteilung der HU sowie die Stadtverwaltung Mitte und natürlich das Ministerium auf diese Sicherheitslage hinzuweisen - lange ohne jedes Resultat! Wir wurden vertröstet. Bis ich schließlich beschloss, die Presse zu informieren - und flugs gab es Ärger mit der Universitätsleitung, und die Stadtbezirksverwaltung sah sich zu schnellem Handeln genötigt. Folge: Wieder gab es einen Holterdiepolter-Auszug für mich - und die anderen Angehörigen des NI und der Germanistik. Das NI musste Anfang 1996 sofort und endgültig aus dem Gebäude raus, denn wir waren am meisten gefährdet: Die Feuerwehrleitern hätten uns dort oben im Notfall nicht erreicht, so hoch sind diese nicht ausfahrbar! Nur die Bibliothek im Erdgeschoss und die Verwaltung im untersten Stockwerk durften vor Ort verbleiben, der Rest aber musste ins Exil. Das bedeutete für die meisten Lehrveranstaltungen unseres Instituts: Raus in die Torstraße, ins ehemalige Zentralarchiv der SED, wo ab jetzt die meiste Lehre und auch Sitzungen der Institutsgremien stattfanden. Ein beeindruckendes Gebäude, aber seit Jahren leer stehend und entsprechend ungepflegt, ja: abstoßend dreckig ...

Zum Glück wurde recht schnell ein neues Gebäude gefunden, eben unsere heutige Heimat, das Mosse-Zentrum in der Schützenstraße, in dem seit dem Wintersemester 1996/97 der Lehrbetrieb stattfindet - und nach genau zehn Jahren wird auch dieses Kapitel zugeschlagen und wir werden uns im Wintersemester 2006/07 im entkernten, umgebauten ehemaligen Seminargebäude am Hegelplatz, Ecke Universitäts- und Dorotheenstraße, wiederfinden. Nach einem hoffentlich rechtzeitigen und problemfreien Umzug.

Dem Vorteil der zentraleren Lage steht leider die bedauerliche fortdauernde Verteilung des Instituts auf zwei Stockwerke gegenüber, Vor- und Nachteile mag es mit sich bringen, dass mehrere Seminarräume auf "unserem" Flur liegen und es also viel Durchgangsverkehr im Institut geben wird. Für mich aber eine große Erleichterung wird es sein, von Lärm, Gestank und vor allem Vibrationen der Druckmaschinen verschont zu bleiben.

Ich wünsche uns allen eine erfolgreiche Zeit in dem neuen Gebäude - vielleicht dauert es ja mehr als zehn Jahre, bis wieder umgezogen werden und ich mein zehntes dienstliches Domizil in Berlin einrichten muss ...

Reinhold Wulff
Berlin, im Januar 2006
Wintersemester 2005/06 (Stephan Michael Schröder)
Liebe Studierende,

nach 14½ Jahren die Berliner Skandinavistik zu verlassen ist eine Entscheidung, die mir nicht leicht gefallen ist. Im Sommersemester 1991 kam ich nach Berlin, um als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Literaturwissenschaft an der Freien Universität zu unterrichten. Nach der Promotion im Mai 1993 wechselte ich dann zum Wintersemester 1993/94 als Hochschul-assistent für Kulturwissenschaft an die Humboldt-Universität ans Nordeuropa-Institut. Hier habe ich seitdem in wechselnden Positionen, unterbrochen von einem zweieinhalbjährigen Forschungsstipendium in Kopenhagen 1997-1999, hoffentlich dazu beigetragen, die Kulturwissenschaft als Fachteil in der Skandinavistik zu begründen.

Ich wäre gern geblieben - aber auf einer befristeten Stelle ohne Verlängerungsmöglichkeiten auszuharren, wenn einen der Ruf auf eine Professur erreicht, kann sich in diesen Zeiten niemand leisten. Zum Wintersemester 2005/06 werde ich also nach Köln an die Albertus-Magnus-Universität gehen, um dort die Professur für Nordische Philologie/Skandinavistik zu übernehmen - eine spannende Herausforderung mit vielen Möglichkeiten.

Die Zeit des Abschiednehmens ist traditionell eine Zeit des Rückblicks. In diesem Fall eines wehmütigen Rückblicks - auf ein Arbeitsklima am Nordeuropa-Institut, das seinesgleichen sucht, auf Solidarität und Unterstützung sowohl in der Kolleg/inn/enschaft als auch in der Fakultätsverwaltung über viele Jahre hinweg, auf engagierte Studierende, an die man sich gern erinnert - und, na ja, auch auf ein paar, an die man sich weniger gern erinnert.

Keine Frage: Das Nordeuropa-Institut und all jene, die es ausmachen, werden mir fehlen!

Was die letzten Jahre betrifft, so mischt sich indes auch Frustration und etwas Bitterkeit in die Erinnerungen: Frustration darüber, daß unsere erfolgreiche Arbeit am Nordeuropa-Institut uns nicht vor den Folgen der Kürzungspolitik bewahren konnte; Bitterkeit darüber, wie die deutsche Universitätslandschaft umgebaut worden ist und noch wird. Die gutgemeinte Intention mit dem Bologna-Prozeß, europaweit eine Kompatibilität von Universitätsabschlüssen herzustellen, ist - das läßt sich unschwer prophezeien - angesichts der Vielzahl verschiedener Bachelor und Mastermodelle gescheitert, hat aber zu einer Abschaffung erprobter Studiengänge und zu einem Bürokratismus sondergleichen geführt.

Vielleicht noch fataler: Da die neuen Studiengänge viel mehr Personal als früher erfordern, mußte die Anzahl der Studierenden drastisch gesenkt werden. Wenn gegenüber früher nur noch halb so viele Studierende zum Bachelor zugelassen werden können, von denen wiederum später nur noch ca. 30 Prozent zu einem Masterstudium zugelassen werden sollen, so ist die Möglichkeit, auf dem bisher regulären Niveau ein Studium zu Ende zu führen, zu einer elitären Angelegenheit geworden, die weit entfernt ist von den Zielen der Bildungspolitik früherer Zeiten.

Vor einer anderen Folge der Einführung der BA-/MA-Studiengänge ist das Nordeuropa-Institut wegen seiner Größe zwar gefeit, aber andere Skandinavistiken in der Bundesrepublik hat sie schon ereilt: Weil das Personal in kleineren Instituten nicht ausreicht, einen eigenständigen Skandinavistik-Studiengang anzubieten, verliert die Skandinavistik ihre fachliche Selbständigkeit und wird zu einigen Fachmodulen z. B. im Rahmen eines germanistischen Studienganges reduziert - mit allen Folgen, die dies für die Arbeitsmarktqualifikation der Studierenden sowie die wissenschaftliche Nachwuchssituation hat.

Diese allgemeinen Probleme, die aus der Unterfinanzierung der Hochschulen und einem unreflektierten Reformismus resultieren, werde ich auch in Köln antreffen: Dort kommen derzeit in der Skandinavistik 455 Studierende auf einen Professor. Die Berliner Haushaltskrise mag im Bundesvergleich extrem sein, aber sie ist nicht dafür verantwortlich, daß die Bundesrepublik Deutschland wegen ihrer unterdurchschnittlichen Bildungsausgaben in OECD-Statistiken nur auf Platz 15 liegt. Dies ist vielmehr Ausdruck einer bundesdeutschen Prioritätensetzung, wo (Universitäts-)Bildung in Globalisierungszeiten offensichtlich nicht als die Ressource verstanden wird, die sie ist.

Ich verlasse Berlin mit einem weinenden und einem lachenden Auge - und in der Hoffnung, viele Anlässe zu finden, auch in Zukunft ans Nordeuropa-Institut zu kommen.

Stephan Michael Schröder
Berlin, im Juni 2005
Sommersemester 2005 (Izabela Dahl)
Liebe Studierende,

noch 1998 war von virtuellen Welten - Abbildungen der Realität im Internet - die Rede. Man diskutierte über die Gefahr der Einführung von kommerziellen Inhalten, die eine Einschränkung der Internet-Demokratie - oder Anarchie, wie es von einigen gern gesehen wurde -, bedeuten würde. Heute gehört das Buchen von Flugtickets und Bahnkarten im Netz zur Selbstverständlichkeit. Es kommt gar zur Krise, wenn das Netz nicht funktioniert. Hektisch, nervös und ratlos steht man da, denn wie soll ein Arbeitstag ohne Google oder E-Mail aussehen.

Technik-Interessierte fragen heute, was eine Homepage ohne dynamische Datenbankanbindung ist? Doch an der Universität fragt man noch nicht mal immer, was ein Institut ohne Homepage ist? Dabei werden, bevor sich Studierende auch nur auf den Weg zur Sprechstunde von InstitutsmitarbeiterInnen machen, die Informationen sowohl nach der Zimmernummer als auch der Sprechzeit im Netz gesucht. Wir leben in einer sich rasant entwickelnden Welt. Ist das nur ein Slogan oder Realität? Noch vor vier Jahren, im Oktober 2000, hatte unsere Homepage 37.480 Besucher. Im Oktober 2004 waren es 311.850. Das bedeutet, dass durchschnittlich jede/r Studierende des Nordeuropa-Instituts cirka 28-mal im Monat ins Netz taucht, um auf unserer Website nach Informationen zu suchen. Es bedeutet auch, dass sich die Zugriffshäufigkeit innerhalb von vier Jahren beinahe verzehnfacht hat.

Die ersten vor fünf Semestern in Seminaren eingesetzten Mailinglisten wurden noch mit Skepsis betrachtet. Von den Lehrenden zum Teil hinsichtlich ihres Nutzens, von den Studierenden hinsichtlich ihrer Notwendigkeit. Längst nicht alle Studierenden verfügten über E-Mail-Adressen. Oft wussten sie nicht, dass man eine solche von der Humboldt-Universität bekommen kann. Heute ist auch dies Schnee von gestern. In den meisten Veranstaltungen wurden Mailinglisten mittlerweile unabdingbar.

Ist das schon alles? Die Welt spricht "Multimedia". Das tut auch das Nordeuropa-Institut. Multimedia zum Frühstück, zum Abendbrot und zwischendurch auch - im Unterricht und in der Freizeit. Es werden multimediale Lehrinhalte zur Begleitung der Seminare erstellt, eingesetzt, evaluiert. Referate von Studierenden werden mit PowerPoint oder Flash-Präsentationen visualisiert, diese mit Laptop und Beamer vorgeführt. Seminararbeiten werden in Form von HTML-Dokumenten abgeliefert, und es gibt Kurse, die im Chatroom abgehalten werden. Es werden zahlreiche Projekte mit einem multimedialen Output durchgeführt. Digitale Kameras begleiten Exkursionen, Ausflüge, Institutsfeiern auf Schritt und Tritt.

Der Einsatz der neuen Technologien und ihre Betreuung sind längst etabliert und gehören zum Alltag. Überall? Die Universität schafft es nicht rechtzeitig, strukturell dieser Entwicklung nachzukommen. MitarbeiterInnenstellen, die die elektronischen Aktivitäten der Institute unterstützen, sind in den Personalplänen nicht mal angedacht. Neue, noch so notwendige Stellen in Zeiten finanzieller Tiefen zu erschaffen ist eine Utopie. Uns als Institut bleibt nur zu hoffen, dass die Kürzungen diesen Entwicklungsbereich nicht betreffen werden.

Nun bist Du aber Studentin oder Student des Nordeuropa-Instituts und hast damit die Möglichkeit, nicht nur zur eigenen, sondern auch zur Entwicklung des Instituts beizutragen. Ich wünsche Euch allen ein produktives neues Semester, viel Spaß beim Erstellen eigener Präsentationen, und ich hoffe, Euch dabei mit meinem Rat begleiten zu können.

Izabela Dahl, Leiterin des Informationskontors
Berlin, im Januar 2005
Wintersemester 2004/05 (Ella Johansson)
Kära studenter!

Fyra av sex terminer vid Nordeuropa-Institut ligger nu bakom mig. Jag börjar faktiskt förstå hur tysk universitetsutbildning är uppbyggd. När man nu ska införa Bachelor- och Masterprogram undviker jag dock nogsamt att sätta mig in i det. Men jag kan skänka några tröstens ord. Man behöver inte förstå hur allt fungerar för att kunna ge en kurs. Det vet jag av erfarenhet.

Det finns intressantare gåtor än utbildningssystemet att grubbla på när man är svensk gäst på Nordeuropa-Institut. Hellre funderar jag på vad det är som ligger bakom det intresse för skandinaviska och nordiska länder som samlat människorna på Nordeuropa-Institut. Hur uppstår ett sådant engagemang för något främmande? Eller, kanske snarare i detta fall, för det "lagom främmande".

För ett par veckor sedan var jag i Svenska kyrkan och såg Eurovisionsschlagerfestivalen på storbildsskärm. Det blandande svenska och tyska tittargänget verkade uppskatta och förkasta ungefär samma sånger. Samma slags scenkläder åstadkom sam-ma förtjusta rysningar och burop i båda läger. I sin helhet styrs röstförfarandet av geografisk närhet, med utslagspoäng och seger för den artist som lyckas pricka in majoritetens uppfattning om raffig klädsel. Vid närmare granskning är ändå vårt nya Europa lite gåtfullt. Norge respektive Österrike ger alltid höga poäng till Sverige respektive Tyskland, men har någonsin Sverige gett poäng till Norge eller Tyskland till Österrike?

I universitetsvärlden är det på samma sätt. Allt fler tyskar vill lära sig svenska medan allt färre svenskar lär sig tyska. Dumt av svenskarna, men en desto bättre framtid för de tyskar som behärskar båda språken. Mina kolleger i Sverige tycker jag är modig och storartad som vågar ge mig iväg till det fjärran Tyskland. Tråkigt för dem, men bra för mig som har förmånen att leva och arbeta här en tid.

Val som att studera ett "litet" språk eller att bege sig till ett annat land är måhända lika omöjliga att förstå som att vissa barn absolut vill leka cowboys medan andra helt identifierar sig med indianerna. Jag tror ändå att det finns speciella faktorer av betydelse när vi tar våra steg in i det mer eller mindre okända. Min farfar utbildade sig i Tyskland. På sistone har jag kommit att tro att det - det var i början av 1920-talet - faktiskt var betydelsefullt för att jag cirka 80 år senare tänkte på en tid i Berlin som en reell möjlighet. Vad som fick hans föräldrar, torparbarn från Småland, att förlägga släktens första satsning på högre utbildning till Mecklenburg är förstås en riktig gåta.

Jag undrar alltså ofta över hur det är bland studenterna. Hur präglas era val av, förutom av egna erfarenheter och fantasivärldar, också av livsöden, berättelser och attityder från andra generationer, från släkt och familjenätverk? Tänk gärna efter. En så kallad "Aha-upplevelse" kan eventuellt infinna sig. Med eller utan Aha önskar jag alla välkomna till en ny och givande termin!

Ella Johansson
Dag Hammarskjöld-gästprofessor vid Nordeuropa-Institut
Berlin, juni 2004


Liebe Studierende!

Vier von sechs Semestern am Nordeuropa-Institut liegen nun hinter mir. Ich beginne tatsächlich zu verstehen, wie das deutsche Universitätssystem aufgebaut ist. Wenn jetzt die Bachelor- und Masterstudienordnung eingeführt wird, vermeide ich dennoch unbedingt, mich darin einzuarbeiten. Aber ich kann euch trösten: Man braucht nicht zu verstehen, wie alles funktioniert, um einen Kurs unterrichten zu können. Das weiß ich aus Erfahrung.

Es gibt spannendere Rätsel als das Bildungssystem, über die man grübeln kann, wenn man schwedischer Gast am Nordeuropa-Institut ist. Lieber denke ich darüber nach, was hinter dem Interesse für skandinavische und nordische Länder steckt, das die Menschen am Nordeuropa-Institut zusammengeführt hat. Wie entsteht ein solches Engagement für etwas Fremdes? Oder, in diesem Fall vielleicht eher, für das "lagom främmande", das "nicht zu Fremde"?

Vor einigen Wochen sah ich in der Schwedischen Gemeinde den Eurovision Song Contest auf einem Großbildschirm. Das gemischt schwedische und deutsche Publikum schien ungefähr die gleichen Titel zu schätzen und abzulehnen. Dieselben Kostümierungen riefen dasselbe verzückte Raunen oder abwertende Buhrufe in beiden Lagern hervor. Insgesamt ist das Abstimmungsverhalten gesteuert von geographischer Nähe, mit entscheidenden Punkten und dem Sieg für den Künstler oder die Künstlerin, dem oder der es gelingt, bezüglich flotter Kleidung den Geschmack der Mehrheit zu treffen. Bei näherer Betrachtung erscheint unser neues Europa dennoch etwas rätselhaft. Norwegen bzw. Österreich vergeben immer eine hohe Punktzahl an Schweden bzw. Deutschland, aber hat Schweden jemals Punkte an Norwegen oder Deutschland an Österreich vergeben?

Auf Universitätsebene verhält es sich ähnlich. Immer mehr Deutsche wollen Schwedisch lernen, während immer weniger Schweden Deutsch lernen. Dumm von den Schweden, aber umso bessere Zukunftsaussichten für die Deutschen, die beide Sprachen beherrschen. Meine Kolleginnen und Kollegen in Schweden finden, ich sei mutig und großartig, dass ich mich ins ferne Deutschland wage. Schade für sie, aber schön für mich, den Vorteil zu genießen, hier eine Zeit lang zu leben und zu arbeiten.

Entscheidungen wie die, eine "kleine" Sprache zu studieren oder sich in ein anderes Land zu begeben, sind vielleicht genauso unergründlich wie die Tatsache, dass manche Kinder unbedingt Cowboy spielen wollen, während andere sich ganz mit den Indianern identifizieren. Ich glaube aber dennoch, dass es bestimmte wichtige Faktoren gibt, die uns beeinflussen, wenn wir unsere Schritte hinein in mehr oder weniger Unbekanntes lenken. Mein Großvater erhielt seine Ausbildung Anfang der 1920er Jahre in Deutschland. In letzter Zeit bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass dies durchaus bedeutend dafür war, dass ich ungefähr achtzig Jahre später eine Zeit in Berlin als reelle Möglichkeit ansah. Was seine Eltern, arme Bauernkinder aus Småland, bewogen hat, das erste Familienmitglied, das eine höhere Ausbildung erhielt, nach Mecklenburg zu schicken, bleibt freilich ein echtes Rätsel.

Ich frage mich also oft, wie das unter den Studierenden ist. Inwieweit ist eure Wahl außer von eigenen Erfahrungen und Phantasiewelten auch von den Lebensschicksalen, Erzählungen und Einstellungen anderer Generationen, von Verwandtschaft und Familiennetzwerken geprägt? Denkt gerne darüber nach. Vielleicht kommt es zu einem Aha-Erlebnis. Mit oder ohne Aha heiße ich alle herzlich willkommen zu einem neuen und ergebnisreichen Semester!

Ella Johansson
Dag-Hammarskjöld-Gastprofessorin am Nordeuropa-Institut
Berlin, Juni 2004
Sommersemester 2004 (Ostsee-Kolleg Berlin/BaltSeaNet)
Liebe Studierende des Nordeuropa-Instituts!

es ist eine bewegte Zeit, in der dieses Vorwort geschrieben wird. (Nicht nur, aber auch) im Bildungsbereich wird mehr und mehr gespart, die finanzielle Lage der Hochschulen wird immer angespannter, und als Reaktion darauf seid ihr, wie auch eure KommilitonInnen an verschiedenen Unis, vor einigen Wochen in Streik getreten. Dabei habt ihr euch ganz besonders hervorgetan, habt euch mit tollen Ideen, viel Witz und Kreativität gegen einen möglicherweise eher destruktiven "Einfach-nicht-mehr-hingeh-Streik" engagiert und habt so sicherlich ein positives Bild der Skandinavistik-Studierenden in der Öffentlichkeit geprägt. Grattis! Wir sind von euren Aktionen sehr beeindruckt.

Wir, das sind die MitarbeiterInnen der beiden am Nordeuropa-Institut angesiedelten Projekte "BaltSeaNet" und "Ostsee-Kolleg Berlin". Da wir unseren Sitz nicht am Mosse-Zentrum, sondern am Hausvogteiplatz haben, sind wir für die meisten von euch nicht ständig sichtbar, aber wir verstehen uns durchaus als Teil des Nordeuropa-Instituts. Auch bei uns wird die Idee des "weiten" Nordens umgesetzt, denn wir kooperieren mit Universitäten und Menschen im gesamten Ostseeraum. Das EU-Projekt "The Baltic Sea Area Studies: Northern Dimension of Europe", kurz "BaltSeaNet", betreibt seit 2000 einen regen DoktorandInnenaustausch und veranstaltet internationale, interdisziplinäre Tagungen, deren Ziele besonders die Schulung des Forschernachwuchses und die Schaffung einer scientific community sind. Das u. a. vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) finanzierte Projekt "Ostsee-Kolleg Berlin" steht auf drei Beinen, einem Doktorkurs, einem Gastdozentenaustauschprogramm und einem internationalen Masterstudiengang. Aktuell, also in der Vorweihnachtszeit 2003, hält uns der Masterstudiengang "Master in Baltic Sea Region Studies" in Atem: 13 Studierende des ersten Jahrgangs schließen kurz vor Weihnachten ihr einjähriges Studium ab und bekommen den akademischen Grad "Master in Baltic Sea Region Studies" verliehen. Dass es nun so weit ist, ist für uns alle ein großer Erfolg, denn im weitgehend reibungslosen Ablauf eines Studiengangs mit vielen verschiedenen Lehrveranstaltungen steckt sehr viel Arbeit … Außerdem ist ein solcher Studiengang ein wichtiger Beitrag zur gewünschten und angestrebten Internationalisierung unserer Uni. Doch während das erste Programm ausläuft, planen wir schon weiter: Wir wollen den Masterstudiengang zeitlich und räumlich erweitern und ihn zweijährig und international fortsetzen. Doch wie so vieles hängt auch dies zuallererst am Geld, in unserem Fall an den häufig erwähnten und beantragten "Drittmitteln". Da unsere Programme bisher aber sehr erfolgreich waren, sind wir zuversichtlich, dass es eine zweite Laufzeit geben wird, und wir hoffen, die eine und den anderen von euch mal bei uns am Hausvogteiplatz oder bei einer unserer Veranstaltungen (Ringvorlesungen, Gastvorträge und natürlich auch den Seminaren des Ostsee-Kollegs, die euch selbstverständlich offen stehen) zu treffen.

In diesem Sinne wünschen wir euch und uns also gutes Gelingen und viel Glück bei den derzeitigen und geplanten Aktivitäten im und für ein gutes, erfolgreiches Studium!
Eure

Katrin Hecker
Projektkoordinatorin Ostsee-Kolleg Berlin

Asta Vonderau
Projektkoordinatorin Ostsee-Kolleg Berlin

Sigita Baronaite
Projektadministratorin BaltSeaNet

Julia Larycheva
Studentische Mitarbeiterin BaltSeaNet

Folke Lehr
Studentischer Mitarbeiter Ostsee-Kolleg Berlin

Prof. Dr. Bernd Henningsen
Projektleiter Ostsee-Kolleg Berlin und BaltSeaNet

Berlin, im Dezember 2003
Wintersemester 2003/04 (Stefanie von Schnurbein)
Liebe Studierende des Nordeuropa-Instituts!

Vorlesungsverzeichnisse entstehen bekanntlich viele Monate, bevor sie verkauft und gelesen werden können. Blickt man zum jetzigen Zeitpunkt, also in der Mitte des Sommersemesters, in die Presse oder auf die Homepage der HU, so ist für den Beginn des Semesters, über das dieses KVV informiert, nicht viel Gutes zu erwarten. Der Akademische Senat hat gerade einen Einstellungsstopp beschlossen, d.h. keine freiwerdende Stelle für ProfessorInnen oder wissenschaftliche MitarbeiterInnen kann derzeit neu besetzt werden. Darüber hinaus hat die Humboldt-Universität für das Wintersemester einen Immatrikulationsstopp verhängt. Hintergrund dieser dramatischen Maßnahmen sind die konzeptlosen, massiven Kürzungsdrohungen, die in den letzten Wochen vom Berliner Finanzsenator ins Gespräch gebracht worden sind und die vor allem die Geistes- bzw. Kulturwissenschaften zu bedrohen scheinen.

Es ist zu erwarten, dass jetzt, da Sie das KVV in den Händen halten, zumindest etwas mehr Planungssicherheit eingetreten ist, dass weniger Gerüchte die Diskussionen bestimmen, dafür mehr Fakten zur Verfügung stehen. Und es ist zu hoffen, dass es nicht so schlimm kommt, wie momentan angekündigt. Und trotz all der Hiobsbotschaften, die kursieren, trotz der berechtigten Zukunftssorgen, die nicht nur die Berliner Universitäten und nicht nur die geisteswissenschaftlichen Fächer um-treiben, möchte ich für das Nordeuropa-Institut einen vorsichtig optimistischen Blick in die nähere Zukunft wagen.

Immerhin waren die letzten Semester von zukunftsweisenden Aktivitäten geprägt. So liegen mittlerweile Entwürfe für die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge Skandinavistik/Nordeuropa-Studien vor. Wenn alles läuft wie geplant, werden diese ab 2004 den bisherigen Magisterstudiengang ablösen und das Skandinavistik-Studium in Berlin auf der Grundlage einer verstärkten fachteilübergreifenden Arbeit strukturieren. Auch am Entwurf fachteilübergreifender Projekte wird intensiv gearbeitet. Die internationalen Kooperationen werden ausgeweitet, dabei sind u.a. die Skandinavistik an der University of California, Berkeley, und die Georg-Brandes-Forskerskolen in Kopenhagen. Der erste Jahrgang des einjährigen Master-Aufbaustudiengang Baltic Sea Region Studies, der im letzten Semester das Studienprogramm auch am Nordeuropa-Institut bereicherte, geht in diesem Herbst in sein drittes und letztes Trimester - mit der Aussicht auf Verlängerung im nächsten Jahr. Steigende Studierenden- und Abschlusszahlen am Nordeuropa-Institut schließlich sind Zeichen dafür, dass unser derzeitiger Studiengang attraktiv und erfolgreich ist.

Nein, trotz aller trüben politischen Aussichten: Zumachen werden wir nicht! Intelligente Menschen, innovative Ideen und engagierte Umsetzungskonzepte haben wir genug, so dass unser Institut auch in Zukunft ein spannender Ort für die reflektierte Beschäftigung mit Nordeuropa bleiben wird.

Stefanie v. Schnurbein, Direktorin des Nordeuropa-Institutes
Berlin, Juni 2003
Sommersemester 2003 (Katrin Hecker - Annika Schechinger - Jan Stampehl)
Liebe Studierende!

In einem der großartigen Filme des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki zitiert ein Pariser Bohemien einmal - recht erschüttert - einen der ältesten Sinnsprüche Suomis: "Die Zeit rennt wie ein Elch!" Fürwahr, wem ist dieses Phänomen nicht bekannt: Vor zeitnahen Referaten, vor zu baldigen Abgabefristen - sei es nun für Seminar- und Abschlussarbeiten (für den nächsten Aufsatz, das nächste Buch - bei den Dozierenden das gleiche Bild) -, vor drohenden Prüfungsterminen und nicht zuletzt auch vor nahenden Festterminen (diese Zeilen entstehen kurz vor Weihnachten 2002). Aber vergeht Zeit wirklich immer zu schnell?

Der Festvortrag auf der Absolventenfeier für die Philosophische Fakultät II im letzten Sommer hat diese Frage auf sehr humorvolle Weise behandelt und auf ein Phänomen hingewiesen, das einen das ganze Studium hindurch (und auch danach) begleitet - die Gegenläufigkeit höchst unterschiedlicher Zeiterfahrungen im Studierendenleben nämlich: Wie einem manche Seminarsitzung wie eine Ewigkeit vorkommen kann, wie kurz aber gerade die guten Momente dauern. Wie man sich wochenlang auf Prüfungsthemen vorbereitet, die man dann zur Zufriedenheit des Professors in 20 Minuten herunterschnurren soll. Wie man sich über Monate an den tief schürfenden Gedankengängen einer Magisterarbeit abarbeitet, um sich dann in den letzten fünf Minuten der Öffnungszeit zum Prüfungsbüro zu hetzen, damit die Arbeit fristgerecht vorliegt. Nur, um in den ersten fünf Minuten nach der Abgabe im eigenen Exemplar mindestens zehn Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler zu entdecken…

Oft genug quält einen schließlich auch das Problem, ob man nicht schon elendig lang studiert und warum man nicht schneller zu Potte kommt. Die Eltern, das BaföG-Amt, der Freund/die Freundin - die Fragen kommen aus allen Richtungen. Warum dauert das denn so lange, was treibst du da so, und die schlimmste aller Fragen: Was machst du eigentlich damit nach dem Studium? Eine Frage, die uns Unterschreibende in unterschiedlicher Form beschäftigt (hat): Woher bekomme ich mein Stipendium, wie, wo und wann soll ich mich bewerben, was macht mich für den Arbeitgeber attraktiv? Soll ich an der Uni bleiben, wo kann ich sonst unterkommen, was zum Teufel halten die Firmen von "Skandinavistik" - man hört ja schon das "smørebrød, smørebrød" im Bewerbungsgespräch!?

Hierauf kann man nur binsenweise antworten: Ein Patentrezept gibt es nicht.

Aber eines ist uns allen schon klar geworden: Wenn man neben dem Studium die vielfach gefragten Praxis- (und Lebens-)Erfahrungen - ob nun beim Jobben oder in Praktika - sammelt, fährt man in jedem Fall besser. Selbst wenn man im universitären Bereich bleibt, ist es "nur" mit Fachwissen kaum getan. Nun ist ein Studium (in den meisten Fällen) keine Berufsausbildung, sondern eben eine wissenschaftliche; das wird sich wohl auch nicht gravierend ändern. Wer jedoch fehlenden Praxisbezug bemängelt, übersieht, was für Chancen sich an der Universität bieten. Und es ist keine Lobhudelei, wenn wir unser Institut da besonders hervorheben - es geschieht schlicht aufgrund eigener Erfahrung. Wahrscheinlich muss man schon länger suchen, bis man eine entsprechende Einrichtung findet, die in dem Maße wie das Nordeuropa-Institut seinen Studierenden Möglichkeiten zum Mitwirken und Einwirken gibt.

Als Studierende/r (wohlgemerkt: nicht nur als Hilfskraft!) kann man nicht nur in den Gremien mitarbeiten, sondern auch Zeitschriften in eigener Regie herausgeben, durch Mitarbeit Einblick in Forschungsprojekte und -netzwerke erhalten, studentische Seminare und Tutorien veranstalten, Lesungen arrangieren, an wissenschaftlichen Publikationen mitarbeiten, Symposien ausrichten, Anteil an innovativen Projekten in der Lehre haben, Kongresse mitorganisieren, die internationalen Beziehungen mitbetreuen, Internetseiten gestalten, ganze Bücher herausgeben… Die Liste ließe sich noch fortsetzen. Sprich: Wer sich engagiert und mit eigenen guten Ideen kommt, findet immer offene Ohren und viel praktische Unterstützung.

Zu solchem Engagement wollen wir euch Studierende - egal welchen Semesters - ausdrücklich ermuntern. Die universitas von Lehrenden und Studierenden beinhaltet mehr als die Frontalbeschallung in der Vorlesung: Es liegt an euch, mit euren Ideen und eurer Tatkraft das Institut mit zu gestalten - ob das nun in einer gelungenen Midsommar-Feier oder einem inhaltlichen Input besteht. Fordert ein, was euch interessiert, und drückt dem wissenschaftlichen Betrieb euren Stempel auf.

Klar: Zusätzlicher Einsatz erfordert auch mehr Zeit - ein Heft, ein Buch, eine Konferenz entstehen nicht in fünf Minuten. Aber selbst wenn das Studium einen Elchschritt länger dauert - der Gewinn daraus ist euch sicher.

Viel Erfolg im Sommersemester 2003, sei es bei Aufnahme, Fortsetzung oder Abschluss eures Studiums wünschen euch drei ehemalige Hilfskräfte und AbsolventInnen des Jahres 2002.

Katrin Hecker - Annika Schechinger - Jan Stampehl
Berlin, im Januar 2003
Wintersemester 2002/03 (Bernd Henningsen)
Liebe Studierende des Nordeuropa-Instituts!

Ob dies wohl nur Wunschdenken ist? In der deutschen Wissenschaft und Politik tut sich was in Sachen Nordeuropa: Nachdem am Ende der achtziger Jahre die Schleswig-Holsteinische Landesregierung unter Björn Engholm die Ostseeregion als politische und ökonomische Ressource entdeckt und unter dem etwas unglücklichen Label "Neue Hanse" eine Kooperationsstrategie mit den nördlichen Nachbarn entwickelt hatte, boten sich mit dem Ende des Systemgegensatzes und dem Fall der Berliner Mauer nach 1989 neue Zusammenarbeitsformen an, neue Diskurse entstanden, neue Akteure tauchten auf. Vor allem war zu beobachten, dass eine Reihe von Ostsee-Anrainerstaaten frühzeitig die Potenziale der Region erkannten und ein großes Augenmerk auf deren Entwicklung warfen und diese auch tatkräftig förderten. Schweden ist hier an erster Stelle zu nennen.

Doch auch in Ländern, die im übertragenen Sinne traditionell mit dem Rücken zur Ostsee stehen wie Deutschland und Polen, sind seit einiger Zeit verstärkt Bemühungen wahrnehmbar, die ein geschärftes Bewusstsein für die politischen, ökonomischen und wissenschaftlichen Kompetenzen und Potenzen einer zusammenwachsenden Region erkennen lassen. In Danzig sammeln sich Politiker und Wissenschaftler, die sich nordeuropäischer Themen im Allgemeinen und solchen der Ostseeregion im Besonderen öffnen. Die Universität der alten Hansestadt gründet regionenspezifische Kompetenzzentren, die Regierung der neuen Region Pomerania hat sich der strategischen Entwicklung regionaler Politiken - Verkehr, Arbeitsmarkt, Soziales - verschrieben. Konnte man Schleswig-Holstein bis zur Wende als deutschen politischen Einzelkämpfer auf dem Feld ostseespezifischer Aktivitäten bezeichnen, so versucht sich Hamburg ebenfalls zu positionieren, jetzt kommt mit Mecklenburg-Vorpommern ein weiterer Akteur hinzu: Wesentliche Fährverbindungen verlaufen heute nicht mehr über Lübeck/Travemünde, sondern über Rostock/Warnemünde und Mukran auf Rügen.

In das politische "Umdenken" konnten unsere Bemühungen Anfang der neunziger Jahre gut eingefügt werden - beim Umstrukturierungsprozess der Humboldt-Universität ein Nordeuropa-Institut zu gründen mit einem neuen Regionenbegriff und mit einem von der klassischen Skandinavistik abweichenden Profil. Wir wollten - und konnten das gemeinsam in den kommenden Jahren erfolgreich umsetzen - Forschung und Lehre nicht nur zu Literaturen und Sprachen der nordeuropäischen Länder anbieten und betreiben, sondern wir wollten der Kultur, Politik und Geschichte, ja auch der Ökonomie der Region ein größeres Gewicht geben. Dass dieses eine alte Forderung innerhalb der bundesdeutschen Skandinavistik war, erleichterte die Umsetzung. Aber es war vor allem der Bezug auf einen weiter gefassten Regionenbegriff, der leitend wurde: Nordeuropa ist heute nicht mehr zu denken ohne ostseeregionale Bezüge! Und nicht zuletzt waren es die politischen Entwicklungen um uns herum, die befördernd wirkten: der Regierungs- und Parlamentsumzug von Bonn nach Berlin einschließlich des Umzugs der nordischen Botschaften, das neu erweckte Interesse an den nordeuropäischen Ländern, die Ausweitung der Europäischen Union nach Norden und Osten.

Dass in Greifswald das Nordeuropa-Institut der DDR-Zeit fast vollständig abgewickelt und zu einem Nordischen Institut im klassischen Sinne umgestaltet wurde, und gleichzeitig in Berlin ein neues Nordeuropa-Institut aufgebaut werden konnte, hat Diskussionen provoziert, die aber eher mit dem Unverständnis der föderalen Struktur von Wissenschaft und Forschung in dieser Republik zu tun haben als mit wissenschaftspolitischen Strategien. Das Berliner Nordeuropa-Institut war eine Chance in einer konkreten Situation am Ort. Wir haben sie gemeinsam genutzt.

Im Hinblick auf Wissenschaft und Forschung und vor dem Hintergrund der skizzierten Veränderungen ist dieses Jahr eine Wissenschaftsinstitution mit ostseeregionalem Bezug hinzugekommen - das Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg Greifswald. Der Autor dieser Zeilen ist zum 1. Mai als erster wissenschaftlicher Direktor bestellt worden und hat damit - mit großer Wehmut - das Nordeuropa-Institut der Humboldt-Universität zu Berlin verlassen und diese neue Herausforderung angenommen. Die Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung baut im Herzen der alten Hanse- und Universitätsstadt Greifswald ein Haus für die Wissenschaft, das sich insbesondere der Forschung und der Nachwuchsförderung mit dem regionalen Schwerpunkt Ostsee widmen soll. Es werden junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Greifswald eingeladen, und ihnen wird für eine gewisse Zeit die weitere wissenschaftliche Qualifikation ermöglicht; bevorzugt in Forschungsgruppen. Das können Graduiertenschulen, Winter-/Sommer-Schulen oder andere projektbezogene Arbeiten sein. Für diesen Zweck stehen Räumlichkeiten zur Verfügung - vom Hörsaal mit 200 Plätzen, über Seminarräume, eine Bibliothek und Büros für ca. 25 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bis hin zu Appartements für die Forscherinnen und Forscher.

Zum ersten Mal in der Geschichte der deutschen Universitäten stiftet ein privater Spender eine Summe diesen Ausmaßes, wird einer deutscher Hochschule ein eigenes Haus mit allen modernen Faszilitäten zur Verfügung gestellt - um eine einzelne Universität weiter zu profilieren, zu internationalisieren, sie attraktiv(er) zu machen. Schon diese äußeren Umstände sollten aufhorchen und dem Projekt mit Sympathie begegnen lassen. Wenn jetzt noch die richtigen Inhalte und - vor allem - die qualitativ geforderten Ergebnisse erbracht werden können, wird sich das Engagement gelohnt haben, für den Stifter und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, nicht zuletzt für die Universität als Ganze. Viele werden von der Einrich-tung profitieren können; "unser" Fach profitiert nicht zuletzt durch die inhaltliche Ausrichtung auf die Ostseeregion, auf Nordeuropa.

Das heißt, dass mit dieser neuen Einrichtung die Perspektiven für die Nordeuropa-Forschung und für die Ausbildung regional kompetenten Nachwuchses gestiegen sind. Es versteht sich heute von selbst, dass in Zeiten knappen Geldes nicht jeder alles selber machen kann, sondern dass auch die Forschung und Ausbildung im Verbund (Netzwerk nennt man das heute) gestaltet werden müssen. Gerade das Kompetenzzentrum Nordeuropa-Institut hat mit den sich ausweitenden Möglichkeiten weitere Profilierungschancen, mit gemeinsamen Projekten, Ausbildungssträngen und vielen neuen Ideen auch ein sich noch ausweitendes Feld für Forschung und Lehre vor sich.

In der Hoffnung, dass dieses kein Wunschdenken ist oder gar bleibt, wünsche ich Ihnen einen erfolgreichen Studienbeginn und ein erfolgreiches Wintersemester 2002/03! (Und es sei versichert, dass ich weiterhin für Projekte, Beratungen und Prüfungen zur Verfügung stehe!)

Ihr
Bernd Henningsen
Direktor des Nordeuropa-Institutes von 1992-2002
Berlin, im Juni 2002
Sommersemester 2002 (Jan Brockmann)
Von einem, der auszog das Fürchten zu verlernen

Liebe Studentinnen und Studenten!

Zehn Jahre nach dem zweiten Weltkrieg kam ich zum ersten Mal nach Norwegen. Ich reiste mit einer Studententheatergruppe aus Kiel. Soviel ich weiss, waren wir die erste deutsche Theatertruppe in Norwegen nach dem Kriege. Das Wort "Truppe" hätten wir damals nicht in den Mund genommen; man hatte uns vor der Reise eingetrichtert, in Verhalten und Wortwahl nicht die geringsten Assoziationen an deutschen Militarismus aufkommen zu lassen. Wir spielten Wolfgang Borcherts Kriegsheimkehrerstück "Draußen vor der Tür", die Wahl dieses Schauspiels war auf diese Reise abgestimmt; denn gerade darum ging es: für ein anderes, ein friedfertiges Deutschland einzustehen. Bei einigen von uns schwang sicher auch eine Art jugendlichen Sendungsbewusstseins mit. Dennoch hatten wir Bauchgrimmen: wie würde man uns aufnehmen? "Die mögen uns dort oben doch nicht!" war eine Floskel, die ich damals - und auch später noch - oft zu hören bekam, eine unausstehliche Redeweise, weil darin die Blockade jeder Einsicht in das nationale Trauma unüberhörbar war, das der deutsche Überfall auf Norwegen hinterlassen hatte. Aber es kam ganz anders. Wir spielten in den Häusern des Studentenwerks in Trondheim und Oslo, auf richtigen Bühnen, - was es in unseren provisorischen Baracken gar nicht gab! -, vor vollen Sälen und einem sehr aufmerksamen, am Ende einfühlsamen Publikum. Wir wurden offenen Sinnes, freundlich empfangen und herzlich verabschiedet; so jedenfalls schien es uns. Für so manche wunde Seele un-ter uns war das Balsam; für mich war es eine Schlüsselerfahrung. Danach war das Norwegen der fünfziger Jahre für mich wie eine heile und heilende Welt. Da stand ich mit meinem Koffer auf dem Bahnsteig und wusste nicht wohin damit. "Lass ihn hier stehn bis heute abend, wenn Du weiter fährst!" Da waren die unverschlossenen Türen meiner Freunde: "Geh einfach rein, wenn niemand da ist!" Da waren der Umgang auf gleichem Fuss mit jedermann, das entspannte Verhalten der Obrigkeit und Uniformen gegenüber. Und am norwegischen egalitären Denken gefiel mir besonders, wie es gleichsam naturwüchsigen Individualismus mit Gemeinschaftssinn zu balancieren schien. Da fiel es leicht zu bleiben.

"Wir sind ein armes Land, aber wir leben gut!", sagte ein Freund. So kann das heute keiner mehr sagen. Norwegen ist ein reiches Land und wir leben nicht schlecht. Aber Lebensstandard und Lebensqualität sind bekanntlich nicht dasselbe. Neuer Reichtum und Globalisierung haben das Land verändert, im Guten wie im Schlechten. Wer heute nach Oslo kommt, trifft auf eine ganz andere Stadt als vor 40 Jahren. Statt der ein wenig verschlafenen, unaufgeregten, eher einförmigen eine quirlige, multiethnische, bunte Stadt, deren Gentrifizierung sich nicht nur an den schicken Geschäften und Restaurants, sondern auch an den schier unerschwinglichen Wohnungspreisen ablesen lässt. Die Schere zwischen Arm und Reich scheint sich zu weiten; Narkotikahandel, jugendliches Bandentum und internationales Verbrechen haben sich seit langem schon in der einst "ruhigen Ecke Europas" eingenistet.

Gewiss - auch ohne die faktischen Veränderungen -, das schattenarme Bild der frühen Jahre lässt sich nach vier Jahrzehnten Lebenszeit in diesem Land so nicht aufrecht erhalten, andere Erfahrungsspuren müssen sich einprägen. Dennoch will mir scheinen, als seien wir auf dem Wege in den neuen Reichtum dabei Qualitäten zu verlieren, um die zu kämpfen es sich lohnt. Die Stimme des Märchens warnt den Schatzsucher: "Vergiss das Beste nicht!" Der Kulturwissenschaftler hält sich den Wunsch frei: man möge in die Kultur im emphatischen Sinne investieren, in ihren Kernbereich von Kunst und Wissenschaft, um der Zukunft willen. In diesen Tagen, da viel vom Kampf um die Kultur die Rede ist, sollten wir uns daran erinnern, dass es nicht nur darum geht sie zu verteidigen, sondern sie zu leben; in beiden unseren Ländern.

Eingangs schrieb ich vom "zweiten Weltkrieg", viel lieber hätte ich vom letzten geschrieben. Die fünfziger Jahre waren Nachkriegszeit; doch obwohl der Begriff "German Angst" noch nicht geprägt war, hatten einige von uns jungen Leuten das Lebensgefühl, in einer Zwischenkriegszeit zu leben. Dieser katastrophische Erwartungshorizont verflüchtigte sich langsam, er darf nicht fünfzig Jahre später junge Menschen wieder einholen. Das vor allem anderen wünsche ich Euch und mir.

Jan Brockmann
Berlin, im Januar 2002
Wintersemester 2001/02 (Birgitta Holm)
Kära studenter & kolleger!

Det är inte bara det märkliga huset på Schützenstrasse som får en att undra om man befinner sig i Kafkas "Slottet". Lika outgrundliga som gångarna mellan Altbau och Neubau ter sig studenternas rörelser. Vart är de på väg? Vad gör de den tid då de inte sitter på mitt seminarium? I Sverige slussas alla tryggt genom samma 5-poängsmoduler. Här kommer och går man, dyker ner i Kierkegaard och kommer upp i Dag Solstad. Förbluffad konstaterar en stackars lantmätare H att här gäller inga överenskomna mått och begrepp, inget gemensamt kunskapsstoff. Mitt år som gästprofessor i litteraturvetenskap vid Nordeuropa-Institut har varit en kulturchock i dubbel bemärkelse. Dels i förhållande till ett tidigare besök i Berlin, vinterterminen 1972/73, då jag gästade Freie Universität. Efter min första föreläsning kom en liten delegation från studenterna för att förklara, vänligt men bestämt, att kunskap serveras inte. Den söker man. Men det var då, de röda åren! Att mycket vatten flutit under Jannowitzbrücke sedan dess märkte jag när jag såg de förvånande miner som sattes upp när jag nu lade fram ett öppet frågefält som formen för mina seminarier. Kulturchock är det också att komma från svenskt till tyskt undervisningsväsende. Det man till en början saknar här - enhetlighet, överblick och effektivitet - ser man snart ersatt av andra värden: tvärvetenskaplighet, fördjupning och inre process. Tvärvetenskap ligger i luften på Nordeuropa-Institut, som vore det ofrånkomligt att betrakta texter i deras samspel med kultur, samhälle, historia. Uppläggningen i det tyska systemet med ett problem i fokus innebär att rörelsen kan gå mot djupet istället för mot bredden. Och mina studenter - om de än försvinner ur sikte större delen av veckan - så har jag dem dock, inte fem-sex veckor i stöten som i Sverige, utan en hel termin, vilket ger möjlighet att hamna i något som liknar en gemensam forskningsprocess. Vilket av de två systemen har då framtiden för sig? Ytligt sett är det det tyska som är urmodigt. Inga förändringar har så vitt jag vet skett sedan decennier medan i Sverige den ena genomgripande reformen avlöser den andra. Arbetslivsanpassning är modellen, effektivitet och genomströmning självändamål. Men är det ändå inte så att det är andra värden som bättre svarar mot tiden? Just sådant som tvärvetenskaplighet, rörlighet, problemlösningsmentalitet? Fast ändå. Vad gör studenterna på Nordeuropa-Institut när jag inte ser dem? Kan det vara så att de är lata? Det finns det ju goda möjligheter till när de försvinner i korridorerna. Och även om det finns en lättja av ädelt slag så har studielättja aldrig haft tiden för sig! Så mycket flit - och mycket nöje!! - med studierna önskar

Birgitta Holm
Berlin, maj 2001

Liebe Studierende, liebe Kolleginnen & Kollegen!

Nicht nur das bemerkenswerte Haus in der Schützenstraße lässt einen darüber grübeln, ob man sich in Kafkas "Schloß" befindet. Genauso unergründlich wie die Gänge zwischen Alt- und Neubau scheinen die Wege der Studierenden. Wohin führen sie diese? Was machen sie, wenn sie nicht in meinem Seminar sitzen? In Schweden werden alle sicher durch die gleichen 5-Punkte-Module geschleust. Hier kommt und geht man, taucht ein in Kierkegaard und bei Dag Solstad wieder auf. Erstaunt stellt der arme Landvermesser H. fest, dass hier keine einheitlichen Maße und Begriffe gelten, keine gemeinsame Wissensbasis. Mein Jahr als Gastprofessorin für Literaturwissenschaft am Nordeuropa-Institut war ein Kulturschock in zweifacher Hinsicht. Einerseits im Vergleich zu einem früheren Besuch in Berlin, im Wintersemester 1972/73, als ich Gast an der Freien Universität war. Nach meiner ersten Vorlesung kam eine kleine studentische Delegation, um mir - freundlich, aber bestimmt - zu erklären, dass Wissen nicht zu präsentieren sei. Dieses suche man. Aber das war damals, die roten Jahre! Dass seitdem viel Wasser die Spree heruntergeflossen ist, fiel mir auf, als ich die verwunderten Mienen sah, nachdem ich jetzt für mein Seminar einen sehr weiten Rahmen vorgab. Ein Kulturschock ist auch der Übergang von der schwedischen zur deutschen Art des Lehrens. Was man hier zunächst vermisst - Einheitlichkeit, Überblick und Effektivität - wird schnell durch andere Werte ersetzt: Interdisziplinarität, Vertiefung und innerer Prozess. Die Interdisziplinarität liegt am Nordeuropa-Institut in der Luft, als sei es unausweichlich, Texte in ihrer Wechselwirkung mit Kultur, Gesellschaft und Geschichte zu betrachten. Die Ausrichtung des deutschen Systems auf ein Problem führt dazu, dass man sich in die Tiefe statt in die Breite bewegt. Und meine Studierenden - auch wenn sie den größten Teil der Woche aus meinem Blickfeld verschwinden - so habe ich sie doch, nicht wie in Schweden nur fünf oder sechs Wochen am Stück, sondern für ein ganzes Semester. Das bietet die Möglichkeit zu etwas zu kommen, das einem gemeinsamen Forschungsprozess gleicht. Welchem der beiden Systeme gehört nun die Zukunft? Oberflächlich betrachtet, ist das deutsche altmodisch. Seit Jahrzehnten gab es keine Veränderungen, während in Schweden eine durchgreifende Reform die andere ablöste. Die Ausrichtung auf den Arbeitsmarkt ist das Modell, Effektivität und Durchschleusen sind Selbstzweck. Aber gibt es nicht andere Werte, die besser in unsere Zeit passen? Genau so etwas wie Interdisziplinarität, Beweglichkeit, Problemlösungsmentalität? Obwohl. Was tun die Studenten am Nordeuropa-Institut, wenn ich sie nicht sehe? Könnte es sein, dass sie faul sind? Dazu gibt es ja ausreichend Gelegenheit, wenn sie in den Korridoren verschwinden. Und auch wenn es eine Faulheit edlerer Art gibt, so war die Studienfaulheit immer fehl am Platz. Viel Fleiß - und viel Vergnügen!! - mit dem Studium wünscht

Birgitta Holm
Berlin, Mai 2001
Sommersemester 2001 (Bernd Henningsen)
Liebe Leserinnen und Leser!
Liebe Skandinavistik-Studierende!

Im vergangenen Semester ist das Nordeuropa-Institut von auswärtigen Gutachtern evaluiert worden, bei Drucklegung dieses Heftes kennen wir das Bewertungsergebnis noch nicht. Wir sehen dem Bericht jedoch optimistisch entgegen, denn der Wissenschaftsrat - jenes auf Bundesebene operierende Organ, ohne das für Wissenschaft und Forschung keine Entscheidung von weitreichender Bedeutung getroffen werden kann - hat in seiner Stellungnahme zur Berliner Hochschulstruktur im vergangenen Frühsommer bereits ein positives Urteil gefällt. Es heißt darin zum Nordeuropa-Institut:

"Die Konzeption des neu gegründeten Nordeuropa-Instituts entspricht fachsystematisch sehr weitgehend der kulturwissenschaftlichen Ausrichtung, die generell für die geisteswissenschaftlichen Fächer an der HU kennzeichnend ist. Dieses Konzept scheint für die Erkundung eines sich neu formierenden und (im Hinblick auf die longue durée europäischer Geschichte) wieder zutage tretenden geopolitischen Raums vielversprechend zu sein. Die Einrichtung des Nordeuropa-Instituts stellt insofern eine auch wissenschaftssystematisch gelungene Verbindung zwischen dem für die HU generell kennzeichnenden kulturwissenschaftlichen Profil und den aus den geopolitischen Veränderungen seit 1989 erwachsenen Interessen dar."

Die kulturwissenschaftliche Orientierung gilt mittlerweile mehr oder weniger dezidiert für alle vier Fachteile der Skandinavistik (die man, nebenbei gesagt, auch nur in Berlin an einem Institut studieren kann): Für die Mediävistik, die Linguistik, die Literaturwissenschaft und nicht zuletzt natürlich für den kulturwissenschaftlichen Teil. Dies bedeutet, dass wir einem transdisziplinären Wissenschaftsverständnis folgen und uns auch bemühen, dieses in der Lehre umzusetzen. Beispielhaft sei für diesen Ansatz verwiesen auf die Sprachwissenschaft, die nicht allein im traditio-nellen Sinne sich mit Problemen etwa der Sprachgeschichte befasst, sondern auch Kultur, Wirtschaft und Gender im Blick hat. Die Literaturwissenschaft setzt sich als Textwissenschaft nicht allein mit traditionellen Austauschbeziehungen zwischen literarischen Texten (etwa verschiedener Sprachen und Kulturen) auseinander, sondern bekundet am Nordeuropa-Institut ihre Bemühungen um Transdisziplinarität vor allem durch das Gewicht, das auf die Erforschung von Wechselwirkungen mit Texten und Diskursen gelegt wird. Hierzu gehören neben nicht-fiktionalen Texten ausdrücklich auch andere mediale Produkte wie z. B. Film, Musik, bildende Kunst.

Der Wissenschaftsrat hat sich allerdings kritisch und grundsätzlich zur Frage der Regionalität von Wissenschaft geäußert. Auch wenn das obige Zitat von einer geglückten Verbindung von Kulturwissenschaft und der regionalen Definition einer Disziplin im Falle des NI spricht, hält er "Region" nicht für eine hinreichende Begründung für universitäre Wissenschaft und legt sogar die Schließung einiger Institute in Berlin nahe. Aufgrund der skandinavistischen Fachtradition, aufgrund unserer Erfahrungen der letzten Jahre an der Humboldt-Universität, aber nicht zuletzt auch aufgrund des studentischen Interesses an einem Skandinavistik-Studium ist der Schlussfolgerung des Wissenschaftsrates heftig zu widersprechen. Sicherlich wäre es unsinnig, eine skandinavistische Philosophie zu lehren oder eine schwedische Politikwissenschaft. Die Defizite einer so definierten Regionalwissenschaft liegen auf der Hand und brauchen nicht diskutiert zu werden. Aber die Kombination von Disziplinen (das ist bei uns die Zusammenführung von vier Fachteilen an einem Institut) auf die materielle und immaterielle Kultur einer Region kann im günstigsten Falle eine Transdisziplinarität ergeben, die auf regionaler Grundlage für Forschung und Lehre profitabel und kompetenzschaffend ist. Denn darum geht es: Der Innovation von Forschung und Wissenschaft und der wissenschaftlichen Ausbildung der Studierenden zu regional kompetenten Experten. Jeder muss sich allerdings darüber im klaren sein, dass das regionale Expertentum auf so solider Grundlage ruht, dass die Qualifikation auch für einen späteren Beruf hinreichend ist, der nicht spezifisch und regional begrenzt ist; für diese Anforderung sollte die kulturwissenschaftliche Orientierung von Forschung und Lehre am Nordeuropa-Institut die nötige Voraussetzung darstellen. Fachliche Enge und Phantasielosigkeit begrenzen hingegen nicht nur die soziale sondern auch die fachliche Kompetenz.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein erfolgreiches Studium am Nordeuropa-Institut der Humboldt-Universität, ein Studium, das Ihnen etwas bringt und Ihnen Freude macht.

Bernd Henningsen
Berlin, im Dezember 2000
Wintersemester 2000/01 (Stefanie von Schnurbein - Kirsten Wechsel - Heike Peetz)
Liebe KollegInnen!
Liebe Skandinavistik-Studierende!

Alle 56.000 Kartons sind jetzt endlich in Berlin!

Der historische Umzug nach Berlin ist zu Ende. Monate nach Beginn des Unternehmens traf der letzte Zug mit Umzugsgut ein. Rund 32.000 Kubikmeter Material wurde nach Berlin geschafft. Damit könnten zirka 21 Fußballfelder bedeckt werden. Allein die Aktenbestände hatten eine Länge von 38 Kilometern. Transportiert wurden 120.000 Möbelstücke und 1.300 Computer. "Obwohl quasi eine Kleinstadt nach Berlin umgezogen ist, haben wir alle Zeitvorgaben eingehalten. Trotz des einen oder anderen Problems lief alles wie am Schnürchen", sagte Cheforganisator Roger Cloes. (taz)

Zugegeben, unser Umzug aus den Kleinstädten Göttingen und Chicago bewegte sich in geringfügig anderen Dimensionen - ein Fußballfeld dürfte genügen - war aber mit ähnlich hohem logistischen Aufwand verbunden. Als größte Herausforderung, neben den kafkaesken Fluren im Mosse-Zentrum, erwies sich die interkulturelle Kommunikation, und so geriet der Einkauf für die Einstandsfeier zur mittleren Blamage: Nicht nur, dass uns die gewünschten Brötchen vorenthalten wurden, verscherzten wir uns spätestens mit Bestellung von ‚Berlinern' alle Sympathien der Fachverkäuferin. Umso herzlicher wurden wir am Nordeuropa-Institut empfangen, und seit der Ankunft Stefanie von Schnurbeins im Juni (die bei Redaktionsschluss allerdings noch in der Zukunft lag) steht unserem gemeinsamen Auftritt nun nichts mehr im Wege.

Mit den Umzügen nimmt es kein Ende: Die Gastprofessoren Thorsten Nybom und Einhart Lorenz sind aus Berlin in den Norden zurückgekehrt und die schwedische Literaturwissenschaftlerin Birgitta Holm sowie der Kunsthistoriker und Literaturwissenschaftler Jan Brockmann werden nun ihre Nachfolge antreten. Wir freuen uns auf anregende Zusammenarbeit.

Unser Neuanfang in den Neueren skandinavischen Literaturen fällt mit weiteren Veränderungen zusammen. Auf Wunsch der Studierenden werden im Wintersemester die Grundkurse als einführende Überblicksveranstaltungen durchgeführt. In der Literaturwissenschaft planen wir regelmäßige Übungen zur Literaturgeschichte und Methodik. Außerdem werden wir Lektüreübungen begleitend zu den Vorlesungen sowie Veranstaltungen mit wechselnden thematischen Schwerpunkten anbieten. Ganz allgemein haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Freude am (kritischen) Lesen und Denken nach Kräften zu fördern.

Allen Studierenden und MitarbeiterInnen wünschen wir einen guten Start in das Wintersemester

Stefanie von Schnurbein - Kirsten Wechsel - Heike Peetz
Mai 2000
Sommersemester 2000 (Ute Mousa)
Liebe Leserinnen und Leser!
Liebe Skandinavistik-Studierende!
Liebe Bibliotheksbenutzerinnen und Bibliotheksbenutzer!

Als ich 1993 aus Schweden nach Berlin zurückkehrte, traf ich hier auf eine Bibliothekssituation, die in Schweden längst der Vergangenheit angehörte. Seit den siebziger Jahren gibt es in Schweden einen elektronischen Gesamtkatalog der wissenschaftlichen Bibliotheken. Ein Buch aus Lund kann man innerhalb von drei Tagen in Umeå in der Hand haben. Wer aber vor fünf Jahren in Berlin ein Buch suchte, musste viele Wege gehen. Zwar gab es einen Gesamtkatalog für Berlin-Brandenburg, damals in der Universitätsbibliothek auf Mikrofiches vorhanden, jedoch ließen Vollständigkeit und Aktualität zu wünschen übrig. Konnte ein Buch in diesem Katalog nicht nachgewiesen werden, so blieb nur noch der zeitraubende Weg zu den Zettelkatalogen der einzelnen Bibliotheken. Dennoch fand ich damals bei der Suche nach einem amerikanischen Fachbuch in diesem Mikrofiche-Katalog einen Nachweis für eine Bibliothek in Dahlem. Leider war dort das Buch noch im Geschäftsgang. Eine dringende Vorbestellung dieses Titels hatte zur Folge, dass ich zwei Jahre später benachrichtigt wurde, das Buch stünde nun zur Abholung bereit. Derweil hatte ich längst das Buch gekauft und mein Studium beendet. War das Ausnahme oder Normalität? Jedenfalls ging es schneller, von hier aus ein Buch in Reykjavík nachzuweisen als in der Staatsbibliothek.

Vieles hat sich inzwischen getan. Wenn auch der virtuelle Gesamtkatalog für Berliner und Brandenburger Bibliotheken (KOBV) vorerst nur Bestände der drei Berliner Universitäten und einiger Universitäten und Fachhochschulen Brandenburgs verzeichnet, so wird die Zahl der angeschlossenen Bibliotheken im kommenden Jahr ständig wachsen. Auch die Bestände der Staatsbibliothek (übrigens ab Erscheinungsjahr 1905 vollständig online erfasst), zur Zeit nur über den Berlin-OPAC online recherchierbar, werden im Laufe des Jahres über die Suchmaschine des KOBV zu ermitteln sein. Ein enormer Fortschritt, wenn wir endlich den Gesamtkatalog für Berlin und Brandenburg haben!

Wer die Skandinavistik-Bibliothek benutzt, musste in den letzten Jahren einige Mühen auf sich nehmen: drei Kataloge, teilweise vier verschiedene Teilbestände, und ständig werden die Bücher (nur die Bücher?) verrückt... Neuerdings stimmen selbst die Zettelkataloge nicht mehr!

Schuld daran ist das HSP III-Projekt, alle Bücher der Bibliothek online zu verzeichnen und nach einer einheitlichen Systematik aufzustellen. Bereits jetzt umfasst unser elektronischer Katalog über 37.000 Datensätze (bei einem Bestand von ca. 42.000 Bänden), wenn auch viele Titel noch nicht auf den Standort des Buches verweisen. Dies zu ändern wird für das Jahr 2000 unser Ziel sein. Sämtliche Bibliotheksbestände in einem Online-Katalog erfasst und nach einer Systematik aufgestellt zu haben - das ist in skandinavischen Bibliotheken schon lange Realität. Mit der für Anfang des kommenden Jahres geplanten Einführung des neuen Bibliothekssystems Aleph, welches in Berlin von den drei Universitäten und in Nordeuropa unter anderem auch von Kungliga Biblioteket in Stockholm und Det Kongelige Bibliotek in Kopenhagen benutzt wird, werden dann auch unsere Bestände im KOBV nachgewiesen sein.

In unseren Regalen und Katalogen werden derweil noch Tausende Bücher ihren Platz wechseln. Ich wünsche Ihnen, den Studierenden, dass Sie die Bücher im neuen Semester trotzdem finden werden und uns allen, dass das Projekt am Ende des Jahres 2000 vollständig abgeschlossen sein wird.

Biblioteket år 2000 - hjertligt velkommen!

Ute Mousa
Berlin, Dezember 1999
Wintersemester 1999/2000 (Andreas Vollmer - Soffía Gunnarsdóttir)
An alle unerschrockenen Leserinnen und Leser!

Zur Jahrtausendwende ist Island nun vollständig in die internationale Völkergemeinschaft einbezogen worden: Im Zeichen globalisierter Transaktionen hat am 12. Mai dieses Jahres ein organisierter Ring von "Ausländern" versucht, illegale Banküberweisungen von über 1,6 Mio. DM zu veranlassen. Eigentlich war alles genau geplant. Unmittelbar vor den Bankferien trafen gleichzeitig perfekt gefälschte Faxe mit allen notwendigen Unterschriften ein, und im mondänen Hotel Holt wurden höchst bedeutsame Verhandlungen vorgetäuscht. Um den Druck auf die gestressten isländischen Banker noch zu erhöhen, rief einer der angeblichen Geschäftsführer ("Árni Magnússon") bei seiner Bank an und unterstrich, dass die Auslandsüberweisung unbedingt noch am selben Tag über die Bühne zu gehen habe. Und dies war der einzige, jedoch fatale Fehler: Er sprach Englisch.

Was lernen wir daraus? Auch die weniger verbreiteten und unterrichteten Sprachen (im EU-Jargon: LCTL = Less commonly taught languages), zu denen übrigens alle Sprachen im Norden zählen, können unverhofft von zentraler Bedeutung für das Berufsleben werden. Sie werden am Nordeuropa-Institut in großer Breite angeboten, was durchaus wörtlich zu nehmen ist: Von Island bis Finnland sind es immerhin über 1.800 km, und der Sprachkurs Litauisch ist mehr als ein kleiner Schnörkel, er verweist auf die Perspektive(n) des Ostseeraumes. Der qualifizierte Spracherwerb ist integraler Bestandteil des Studiums der Skandinavistik und als solcher eine Schlüsselqualifikation für ein erfolgreiches Studium und auch für das Leben "danach".

Zum Studium gehören auch die Studienbedingungen. Es ist zwar nach außen ruhiger geworden um die Hochschulen in Deutschland, aber diese Ruhe ist trügerisch. In absehbarer Zeit werden Stichworte wie Konkurrenz der Hochschulen, Kurzstudiengänge, Evaluation und Studiengebühren das Klima verändern. Nicht immer zum Schlechteren, aber immer ... Hier ist große Wachsamkeit und leider auch Engagement geboten, damit es zu einem fairen Interessenausgleich kommt. Unter dem Deckmantel von Innovation, Flexibilisierung und Globalisierung vollzieht sich so mancher Etikettenschwindel, und wer will schon alten Wein aus neuen Tetrapacks trinken?

Angesichts der universitätsweiten Sparmaßnahmen dürfen wir nicht übersehen, dass es dem Nordeuropa-Institut noch so relativ gut geht, weil es an vielen Punkten von den reichen skandinavischen Ländern unterstützt wird, die mit ihren Botschaften pünktlich zu Beginn unseres Wintersemesters nach Berlin umziehen. So können wir nach der schwedischen nun auch eine norwegische Stiftungsprofessur beherbergen, die seit dem Sommersemester von Einhart Lorenz wahrgenommen wird. Andererseits gibt es Probleme, die schon eine jahrelange Geschichte haben wie die Besetzung der Professur für die Neueren Literaturen (dies ist jetzt zum Wintersemester hoffentlich ausgestanden), die Mitarbeiterstelle der Mediävistik fehlt, und auch das Isländisch-Lektorat existiert nur auf Abruf.

Zum Auftakt des neuen "Milleniums" (eigentlich bricht es ja erst 2001 an) gönnt Europa sich das Feuerwerk von nicht weniger als 9 Kulturhauptstädten auf einmal. Unter ihnen befinden sich Bergen, Helsinki und Reykjavík, während Stockholm und Kopenhagen noch in frischer Erinnerung sind. Dies sollte auch hier vor Ort ein willkommener Anlaß für vielfältige Aktivitäten sein, an denen sich jede und jeder beteiligen kann.

Besonders die Studienanfängerinnen und -anfänger möchten wir ermutigen, von Anfang an wild entschlossen zu sein und keine Gelegenheit zur (mentalen) Bereicherung auszulassen. Auch einen geradezu unerlaubt erfolgreichen Spracherwerb wünschen im Namen der Lektorate

Andreas Vollmer und Soffía Gunnarsdóttir
Berlin, Juni 1999

PS: Sachdienliche Hinweise zu einem sträflich vernachlässigten Studienangebot finden sich unter der Rubrik PS. - Die Lektorate
Sommersemester 1999 (Fachschaftsrat Skandinavistikt)
Hej på alla!

Ein neues Vorlesungsverzeichnis ist viel: ein Verzeichnis aller angebotenen Lehrveranstaltungen, der Telefonnummern und Kurzbiographien aller Mitarbeiter, im Sommersemester auch ein Jahresbericht. Immer aber ist es auch eine Einladung, ein neues Semester am Nordeuropa-Institut zu verbringen. Dieses Jahr fällt es an uns, diese Einladung auszusprechen. In diesem Sinne also:

Herzlich willkommen zum Sommersemester 1999 an unserem lebhaften und spannenden Institut!

Fünf Jahre ist sie nun schon alt, die Ehe der beiden Berliner skandinavistischen Institute der HU und der FU; vielleicht ein Grund, hölzerne Hochzeit zu feiern. Lieber jedoch wollen wir dieses Datum als fünften Geburtstag feiern, denn fünf Jahre sind immerhin ein stattliches Alter, und Außenstehende sollten staunen, wie geschickt dieses Kind schon gehen und sprechen kann. Es wird mit jedem Semester größer und gewinnt hier einen Dozenten hinzu und dort viele Studierende. Es gibt das Forschungsprojekt Gemenskaper, ein Buchprojekt zur Literatur des Mittelalters und studentisch organisierte Sprachtutorien.

Aber so ein Geburtstag erinnert uns auch daran: Ganz aus den Kinderschuhen herausgewachsen sind wir noch nicht, auch wenn wir schon von geräumigeren Schuhen bzw. Räumlichkeiten träumen dürfen.

Trotz angestrengter Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliothek wird die Systematisierung nicht vor Ende 2000 abzuschließen sein, auch sind noch viele gößere und kleinere Lücken im Bestand mit Hilfe aller Institutsmitglieder aufzudecken und zu schließen. Ebenfalls hapert es noch bei der Sprachausbildung für die höheren Semester. Zudem fehlt uns seit fast drei Jahren ein Literaturprofessor - dankenswerterweise half und hilft Prof. András Masát aus Budapest aus - und vor zwei Semestern wurde die Mitarbeiterstelle der Mediävistik-Professur gestrichen. Gerade die letzten beiden Dinge sind schon ein arger Verlust für die Berliner Skandinavistik, nicht zuletzt für uns Studierende!

Gleichzeitig können wir stolz auf eine in der deutschsprachigen Skandinavistik einzigartige Professur für Kulturwissenschaften verweisen und ein fünf moderne Sprachen umfassendes Lehrangebot. Und in naher Zukunft wird auch eine von Norwegen gestiftete Professur besetzt werden.

Dies alles sind Gründe, tatkräftig wie bisher ins neue Semester zu gehen!
Viel Erfolg dabei wünscht uns -

der Fachschaftsrat Skandinavistik.
Berlin, im Dezember 1998
Wintersemester 1998/99 (András Masát)
Liebe Leserinnen und Leser!
Liebe Skandinavistik-Studierende!

"Der Spätherbst in Berlin hat gewöhnlich noch einige schöne Tage ..." - so beginnt eine Erzählung von E. T. A. Hoffmann, und mit diesen Worten möchte ich Sie trösten, sollte der Semesteranfang schon einen Hauch der bevorstehenden Wintertage spüren lassen. Aber gerade ein Semesteranfang hat ja immer etwas Aufregendes, etwas Erwartungsvolles in sich (nicht nur seitens der Studierenden!); man hofft (noch), all das verwirklichen zu können, was man sich vorgenommen hat, und man freut sich auf den Lehrbetrieb, auf erneute Gemeinschaft.

Wie sieht es nun im Nordeuropa-Institut aus? Das Sommersemester verlief nach dem hektischen Wintersemester zuvor "geregelt", wie es damals im Vorwort gewünscht wurde: Die Schwedisch-Lektorin Ida Zelic nahm ihre Arbeit energisch und mit großem Elan auf, die neue Mitarbeiterin in der Sprachwissenschaft, Kristina Kotcheva, ebenso. Ein Curriculum über baltische Studien, eine wichtige und sehr aktuelle Erweiterung des Profils des Nordeuropa-Instituts, ist in Vorbereitung. Auch die Besetzung der dringend benötigten Mitarbeiterstelle in der Literaturwissenschaft scheint realistisch. Hingegen ist zur Zeit leider nur die Hoffnung, nicht aber die Gewißheit stark, daß die Professur für Literaturwissenschaft endlich wieder besetzt wird. In der Mediävistik können wir momentan nur hoffen, daß sich die personelle Situation in der Zukunft bessert.

Die internationale Reichweite des Instituts erweitert sich von Jahr zu Jahr: Das zeigt sich nicht nur in dem geplanten Studienangebot des neuen Semesters und in der großen Zahl der Besuchenden und Gastvortragenden. So kommt mit Thorsten Nybom für längere Zeit ein schwedischer Gastprofessor, die deutsch-schwedischen Forschungsprojekte zeigen interessante internationale Perspektiven, und nicht zuletzt bietet die Zusammenarbeit mit Södertörns högskola in Stockholm immer mehr Möglichkeiten für Skandinavist/innen, sich an internationaler und interdisziplinärer Forschung zu beteiligen.

Internationale Atmosphäre zeigt sich auch in der Herkunft des Personals: Im Sommersemester hatten wir - über die fünf skandinavischen Lektorate hinaus - Mitarbeitende aus Bulgarien, Finnland, Polen, Rußland und Ungarn. Dies entspricht der internationalen Zusammensetzung der Fachschaft, im letzten Semester beispielsweise mit Studierenden u. a. aus Belgien, Bulgarien, Estland, Finnland, Litauen, Lettland, Norwegen, Polen, Rußland, Schweden.

Weltoffen und den neuen Herausforderungen gewachsen, zeigt sich für mich die Berliner Skandinavistik. Mit diesem Eindruck nehme ich Abschied von Berlin und dem Nordeuropa-Institut. Nach vier Semestern nicht ohne Wehmut und nicht ohne die Hoffnung, daß sich die fachlichen und freundschaftlichen Beziehungen, die ich mit Kolleg/innen und Studierenden hatte, auch zukünftig als langfristig bewähren werden.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Semesteranfang, denken Sie an Hoffmann, der in den erwähnten Herbsttagen in Berlin Ritter Gluck, Künstler und Kunst getroffen hat! Vielleicht erleben auch Sie ähnliche Begegnungen.

András Masát
Berlin, im Juni 1998
Sommersemester 1998 (Antje Hornscheidt)
Liebe Leserinnen und Leser!
Liebe Skandinavistik-Studierende!

Das vorausgehende Semester war - wie auch die davorliegenden Semester - wieder von teilweise unvorhersehbaren Entwicklungen und Aktionen geprägt

. Der von Hessen ausgehende Uni-Streik hatte Ende November auch die Humboldt-Universität und damit unser Institut erreicht, welches sich wieder, mittlerweile schon 'streikerprobt', mit verschiedenen Aktionen (z. B. öffentliche Lehrveranstaltungen, inhaltliche Arbeitsgruppen zur Studienordnung und Lehrevaluierung, Sprachunterricht für S-Bahn-Fahrende) intensiv beteiligte. Die Aktivitäten vieler Studierender in hochschulpolitischen Fragen, die das Institut, die Berliner Hochschulsituation und die deutsche Bildungspolitik insgesamt betreffen, zeugen von einem großen Engagement für die Schaffung und Beibehaltung von Möglichkeiten zu einer umfassenden und qualifizierten Bildung.

Ein weiterer, positiver Schritt in diese Richtung war die für Anfang 1998 geplante Lehrevaluierung durch die Studierenden mittels einer umfangreichen Fragebogenaktion. Es ist zu hoffen, daß die Evaluierung Diskussionen zu didaktischen und inhaltlichen Aspekte der Lehre bewirken kann, zur Transparenz von Studienrahmenbedingungen beiträgt und somit positive Auswirkungen auf Studienverläufe und -engagement nach sich zieht.

Als positive Neuerungen am Nordeuropa-Institut sind u. a. die Besetzung des Isländisch-Lektorats mit Soffía Gunnarsdóttir und Andreas Vollmer zu nennen, die sich die Stelle für drei Jahre teilen werden. Durch die Neubesetzung des Schwedisch-Lektorats wird es glücklicherweise auch hier wieder die so wichtige personelle Kontinuität einziehen. Damit wären alle Lektorate am Nordeuropa-Institut wieder besetzt, so daß eine relativ umfangreiche Sprachausbildung stattfinden kann. Mit der Besetzung der freigewordenen Mitarbeiter/innen-Stelle in der Sprachwissenschaft ist in diesem Fachteil ebenfalls mit einer Ausweitung des Lehrangebotes zu rechnen.

Für die Professur Literaturwissenschaft wird hingegen auch im Sommersemester noch keine Berufung erfolgen. Wie im letzten Semester wurde über die Vertretung erst wieder im letzten Moment entschieden. In der Mediävistik schließlich führt das Auslaufen der Mitarbeiter/innen-Stelle von Julia Zernack leider zu einer Verschlechterung der personellen Situation.

Neben dem 'internen' Lehrveranstaltungsangebot hat das Nordeuropa-Institut im Wintersemester zahlreiche Außenveranstaltungen bestritten und dadurch eine relativ breite Öffentlichkeit erreichen können. Allen Veranstaltungen voran ist die Beteiligung an der Ausstellung Wahlverwandtschaft. Skandinavien und Deutschland 1800-1914 im Deutschen Historischen Museum zu nennen, die danach in Stockholm und Oslo zu sehen sein wird. Die Ausstellung war flankiert von einem umfangreichem kulturellem und wissenschaftlichem Rahmenprogramm, welches u. a. zahlreiche Autor/innen, Künstler/innen und Wissenschaftler/innen nach Berlin gebracht hat und den Studierenden auf diese Weise eine Reihe das Lehrangebot ergänzende Veranstaltungen bieten konnte.

Mit diesen verschiedenen Aspekten hat sich das Institut in seiner Vielseitigkeit zeigen können. Ich wünsche den Studierenden und Lehrenden ein ähnlich buntes und engagiertes, aber auch ein 'geregeltes' Sommersemester 1998.

Antje Hornscheidt
Berlin, im Dezember 1997
Wintersemester 1997/98 (Tomas Milosch)
Liebe Leserinnen und Leser!
Liebe Skandinavistik-Studierende!

Vor einem Jahr stellte der Institutsdirektor an dieser Stelle fest, daß wir aufgrund der ökonomischen Situation in Berlin auf absehbare Zeit keine "normalen" Verhältnisse mehr haben werden. Nun haben wir sie doch, aber mit umgekehrtem Vorzeichen: Normal ist, daß der Fakultätshaushalt erst im Frühsommer vorliegt; normal ist, daß wenige Wochen danach eine Haushaltsperre ausgesprochen wird; normal ist, daß um jede zu besetzende Stelle gekämpft werden muß; normal scheint auch zu werden, daß sich positive Ereignisse in ihr Gegenteil verkehren. Stephan Michael Schröder z. B. wurde aufgrund seiner herausragenden wissenschaftlichen Leistungen ein zweijähriges Stipendium der DFG verliehen, er nutzt diese Zeit, um in Kopenhagen intensiv an seiner Habilitation zu arbeiten. Die dadurch am Institut freiwerdende Stelle jedoch ging zu 50 % verloren ...

Gewisse Lichtblicke bietet das Hochschulsonderprogramm III. Neben einem Tutorium und einer Hilfskraftstelle wird es für drei Jahre voraussichtlich wieder ein Isländisch-Lektorat am Nordeuropa-Institut geben. Zugleich aber bleiben Stellen, die Eckpfeiler der Ausbildung sind, unbesetzt. Bei Redaktionsschluß war nicht sicher, ob zu Semesterbeginn das Schwedisch-Lektorat wieder besetzt wird, ob ersatzweise Lehrauftragsmittel bereitgestellt werden oder aber überhaupt kein Anfängersprachkurs angeboten werden kann. Unklar war wiederum auch, ob die Literaturprofessur zumindest per Vertretung besetzt sein würde, von der Mitarbeiterstelle ganz zu schweigen. Und eine neue Leer-Stelle zeichnet sich bereits ab - die Mitarbeiterstelle für Mediävistik läuft im Wintersemester aus, es droht das Normale: Die Stelle wird auf unabsehbare Zeit verloren sein.

Zur erfreulichen Normalität gehört mittlerweile, daß Studierende vom ersten Semester an mitziehen. Wie vor einem Jahr wurde berechtigten Forderungen ideenreich und medienwirksam auf der Straße Nachdruck verliehen; konkreter Anlaß war die drohende Nicht-Besetzung des Schwedisch-Lektorates. Dabei konnte auf den Erfahrungsschatz der letzten Jahre (Norwegisch-Lektorat) zurückgegriffen werden. Nachdem dieses nun nach viereinhalb (!) Jahren endlich wieder besetzt ist, darf es beim Schwedisch-Lektorat nicht ähnlich lange dauern. Wir hoffen dies auch im Interesse der werdenden Hauptstadt Berlin - möge ihr die Blamage erspart bleiben, daß zum Zeitpunkt des Umzuges der schwedischen Botschaft keine universitäre Sprachausbildung mehr möglich ist.

Mittlerweile normal am Institut ist aber auch dies: Im Sommersemester waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus nicht weniger als zehn Staaten angestellt - neben allen skandinavischen Ländern waren auch Bulgarien, Polen, Rußland und Ungarn vertreten. Die seit Institutsgründung propagierte Mittlerrolle zwischen Nord und Ost wird im wahrsten Sinne des Wortes mit Leben erfüllt.

Ich wünsche Euch, den Studierenden, und uns, den Lehrenden, gemeinsam ein möglichst normales (sprich: erfolgreiches) Semester.

Tomas Milosch
Berlin, im Mai 1997
Sommersemester 1997 (Stephan Michael Schröder)
Liebe Leserinnen und Leser!
Liebe Skandinavistik-Studierende!

Lastwagenfahrer haben's gut. Ein paar Tage Streik auf französischen Fernstraßen, und prompt führt der Verkehrsinfarkt zu einem Versorgungs und Industrie-Infarkt, der die Arbeitgeber und den Staat in die Knie zwingt. Wochenlange Streiks oder Demonstrationen an den Universitäten hingegen wie z. B im letzten Sommersemester lassen die öffentliche Meinung unbeeindruckt, von Solidarisierungsbekundungen ganz zu schweigen. Die Universitäten mit ihren Lehrenden und Studierenden haben keine Lobby. Das muß man beklagen, dagegen muß man protestieren, aber es darf auch unseren Ausbildungsalltag nicht unbeeinflußt lassen.

Schätzt man die Lage realistisch ein, werden wir mit akademischen Not und Mangelsituationen leben müssen. Im Verhältnis zum Sommersemester 1996 werden dieses Sommersemester am Nordeuropa-Institut 17 Wochenstunden weniger unterrichtet, weil seit dem Sommersemester 1996 vier Lehrende des Institutes ausgeschieden sind, ohne ersetzt zu werden (lediglich für die Professur zur Neuskandinavistik kann überhaupt mit einer Wiederbesetzung gerechnet werden). Die Anzahl der Studierenden hingegen hat im gleichen Zeitraum um ein gutes Viertel, d. h. um knapp einhundert, zugenommen.

Diese Situation bedingt Verpflichtungen für die Studierenden wie für die Lehrenden. Wenn die Unterrichtskapazitäten eng werden, kommt dem Selbststudium eine größere Bedeutung zu, und da mag es eine Erleichterung sein, die bisher erstaunlich wenig frequentierte Fachbibliothek wieder im Hause zu haben. Praktika und ohnehin unabdingbare Auslandsaufenthalte sind weitere Möglichkeiten, sich Bildungsangebote außerhalb des heimischen Unterrichtsangebotes zu verschaffen.

Und die Lehrenden? Der Unterricht mag mitunter verbessert, intensiviert werden. Daß in diesem Semester mehr Lehrveranstaltungen als sonst auf Skandinavisch angeboten werden, dient ebenfalls einer Verbesserung des Ausbildungsangebotes. Das Einwerben von sog. Drittmitteln ist ein weiterer Schritt, die Finanzlöcher, die die Sparpolitik des Senates auch am Nordeuropa-Institut gerissen hat, zu stopfen. Verschiedene Fachteile waren hier recht erfolgreich in den letzten beiden Jahren, und so werden z. Z. vier Hilfskräfte, eine Mitarbeiterin, drei Doktorandinnen, ein bis zwei Lehraufträge, Gastvorträge sowie nicht wenige Sachanschaffungen aus eingeworbenen Drittmitteln finanziert.

Wir werden allerdings die Folgen der Kürzungspolitik durch eigene Anstrengungen nicht völlig ausgleichen können, und man sollte die Politik auch nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Immerhin können wir immer noch das umfassendste und breiteste Lehrveranstaltungsangebot im deutschsprachigen Raum vorweisen. Daraus müssen wir, Lehrende wie Studierende, etwas machen - und damit wünsche ich Ihnen und uns gemeinsam ein arbeits wie erfolgreiches Sommersemester 1997!

Stephan Michael Schröder
Berlin, im Dezember 1996
Wintersemester 1996/97 (Bernd Henningsen)
Liebe Leserinnen und Leser!
Liebe Skandinavistik-Studierende!

Vielleicht verrate ich Ihnen ja kein Geheimnis, vielleicht haben Sie das auch schon bemerkt: Im Fortgang eines Semesters nimmt das Stöhnen der Lehrenden über den durch die Wochen und Monate wachsenden Unterrichts- und Verwaltungs-Streß zu. Je älter das Semester wird, desto abgeschlaffter fühlen wir uns. Zugleich mit dem Nahen des Semesterendes keimt die Hoffnung auf eine entspanntere Situation im nächsten.

Die Lebenserfahrung und die gegenwärtige Berliner Situation lehren das Gegenteil: Wir werden auf absehbare Zeit keine "normalen" Verhältnisse mehr bekommen, der Streß (übrigens ist dies eine deutsche Klagevokabel) wird zunehmen. Mit dem ersten Tag des Sommersemesters erreichte uns die Nutzungsuntersagung des Gebäudes in der Glinkastraße durch das Aufsichtsamt Mitte; wir waren dadurch für das ganze Semester in der Ausübung unserer Lehr- und Forschungsverpflichtungen eingeschränkt - weder der Unterricht, noch die Sprechstunden, noch unsere Forschungsaktivitäten konnten wir lege artes durchführen. Die Situation war unhaltbar - sie war entstanden, weil Bonner Experten für das benachbarte Sozialministerium einen Sicherheitsstandard reklamierten, der selbst am Rhein von niemandem erwartet wird; uns fehlte dadurch der gesetzlich vorgeschriebene zweite Fluchtweg.

Im zurückliegenden Semester gab es viele studentische Aktivitäten, mit denen auf die Berliner Haushaltssituation reagiert wurde. Dies geschah trotz der katastrophalen Rahmenbedingungen am Institut - selbst die traditionelle Semestereröffnung konnte erst Ende Mai stattfinden. Daß die Studierenden dieses durchgestanden haben, wie sie es durchgestanden haben, habe ich mit Bewunderung zur Kenntnis genommen. Das Semester wurde gerettet.

Wir gehen davon aus, daß wir im Wintersemester wieder in einem funktionsfähigen Institutszusammenhang arbeiten werden. Wovon wir nicht ausgehen können, ist, daß die Etatkürzungen der Berliner öffentlichen Hand spurlos an uns vorübergehen. Es ist bereits sicher, daß wir drei Kolleginnen und Kollegen verabschieden müssen: Der Vertrag mit Dr. Heike Graf konnte nicht verlängert werden, sie wird allerdings für weitere 1½ Jahre aus Projektmitteln finanziert werden können; zum Jahresende scheidet Andreas Vollmer, der das Isländische engagiert betreut hatte, aus - seine Stelle ist bei uns ausgelaufen; und zum Ende des Wintersemesters wird Dozent Dr. Hans-Jürgen Hube vor Erreichen der Altersgrenze seinen Dienst quittieren müssen. Ihnen allen sei für ihr Engagement in Forschung und Lehre gedankt.

Wie gesagt, dieses sind Anzeichen dafür, daß wir auf absehbare Zeit keine "normale" Situation mehr haben werden. Das enthebt uns nicht der Verpflichtung, produktiv - und gerne ja auch innovativ - mit den knapperen Ressourcen umzugehen. Klagen allein nützt nichts mehr.

Ich wünsche Ihnen trotzdem ein erfolgreiches Semester.

Bernd Henningsen, Institutsdirektor
Berlin, im Juni 1996
Sommersemester 1996 (Bernd Henningsen)
Liebe Leserinnen und Leser!
Liebe Skandinavistik-Studierende!

Im Dezember des vergangenen Jahres hatte das Nordeuropa-Institut der Humboldt-Universität alle osteuropäischen Universitäten, an denen es Skandinavistik/Nordistik-Studiengänge gibt, zu einer Arbeitstagung nach Berlin eingeladen. Die Resonanz war überaus erfreulich: Es waren Dozierende und Studierende aus 12 Ländern, von 17 Universitäten gekommen. Wir konnten mit großer finanzieller Unterstützung des DAAD, des Schwedischen Institutes, der dänischen Botschaft und der Friedrich-Ebert-Stiftung knapp 50 Personen in Berlin begrüßen; gekommen waren auch Studierende aus Stockholm und Greifswald.

Das Besondere dieser Konferenz war zum einen, daß ausschließlich Skandinavisch gesprochen wurde, kein Englisch, kein Deutsch. Eigentlich sollte dies eine Selbstverständlichkeit sein... Zum anderen aber - und das scheint mir das Wichtigste gewesen zu sein - dies war eine Konferenz der Studierenden: Von jeder Universität war nur ein Hochschullehrer oder eine Hochschullehrerin eingeladen, dagegen aber je zwei Studierende. Diese wiederum stellten nicht das Publikum, sondern waren aktive Teilnehmer - Referierende! Alle hatten die Aufgabe, ein ca. 15minütiges Referat aus ihrem Spezialgebiet zu halten und sich anschließend der Diskussion zu stellen. Wie bereits bei der Vorjahreskonferenz in Vilnius, die der Nordische Ministerrat unterstützt hatte, so stellte sich auch bei uns in Berlin dieses Experiment als außerordentlich gelungen heraus. Ging nicht eine Faszination davon aus, daß ein Student aus Moskau und eine Studentin aus Prag über den Tod in den Romanen von Johannes V. Jensen miteinander debattierten - auf Dänisch!? Oder wie es eine schwedische Teilnehmerin ausdrückte: "Att höra ryskor tala om gamla isländare på norska - det var oväntat och hoppingivande."

Die Konferenz und der Zuspruch, den wir erfahren haben, machten deutlich, daß Skandinavien in Europa eine Zukunft hat. Warum nicht eine gesamteuropäische Konferenz institutionalisieren, so wurde am Ende der Konferenz gefragt, auf der sich die Skandinavisten von Paris bis Moskau, von Riga bis Florenz regelmäßig austauschen? Mediävisten, Literaturwissenschaftler, Linguisten, Historiker, Ökonomen und Sozialwissenschaftler. Amerika macht uns das vor.

Mit diesem Bändchen wollen die Berliner Skandinavisten Ihnen einen kommentierten Überblick geben über das Lehrangebot im Sommersemester 1996. Zugleich erhalten Sie mit den folgenden Seiten eine Bilanzierung unserer Arbeit des vergangenen Jahres, dies ist sozusagen zugleich unser Rechenschaftsbericht.

Wir wünschen Ihnen, liebe Studierende, ein erfolgreiches Semester.

Bernd Henningsen, Institutsdirektor
Berlin, im Januar 1996
Wintersemester 1995/96 (Jurij Kusmenko)
Liebe Studierende,

ein Jahr ist seit der Fusion der Berliner skandinavistischen Institute von Freier Universität und Humboldt-Universität am 1. Oktober 1994 schon vergangen, und wir können mittlerweile feststellen, daß sich - trotz einiger Verluste - die Fusion nicht nur finanziell als zweckmäßig erwiesen hat. In Berlin ist eines der größten skandinavistischen Institute Deutschlands entstanden, in dem die wichtigsten Disziplinen des Faches repräsentiert sind. Zu den für deutsche Universitäten traditionell starken Fachteilen Ältere Skandinavistik und Neuere Literaturen kamen die Kulturwissenschaft (nur in Berlin gibt es dafür eine Professur) und Sprachwissenschaft hinzu. Noch fehlt ein Lehrstuhl für skandinavische Geschichte. Aber auch Interessenten für diesen Fachteil finden bereits eine Reihe von Lehrangeboten.

Die Fusion hat die Zusammenarbeit zwischen den Lehrkräften in den verschiedenen Fächern erleichtert und, was für die Studierenden noch wichtiger ist, hat das breite Angebot für Studien unterschiedlicher skandinavistischer Disziplinen und der skandinavischen Sprachen (Dänisch, Isländisch, Norwegisch und Schwedisch; darüber hinaus auch Finnisch) räumlich zusammengeführt. Obwohl ein Jahr keine lange Zeit ist, deutet sich das Profil des Berliner Nordeuropa-Instituts allmählich an: Die komplexen Studien zur skandinavischen Kultur, Literatur, Geschichte und Sprachen werden durch Studien zu anderen Ländern der Ostseeregion, vor allem des Baltikums, ergänzt. Auch in diesem Semester bieten wir wiederum zwei Kurse zur Kultur, Geschichte, Literatur und Politik der baltischen Länder an. Von dieser komplexen Auffassung von der Skandinavistik erhoffen wir uns Attraktivität nicht nur für Studierende aus Deutschland und aus anderen westeuropäischen Ländern, sondern zunehmend auch für Studentinnen und Studenten aus Osteuropa, wohin Berlin traditionell gute Beziehungen hat. Wir hoffen, daß unsere vereinten Bemühungen, die Berliner Skandinavistik weiter zu profilieren, bei Ihnen Anklang finden.

Mit diesem Vorlesungsverzeichnis erhalten Sie gleichzeitig einen Überblick über die Biographien der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Institutes sowie der im Wintersemester am Institut tätigen Lehrbeauftragten. Gemeinsam mit den ebenfalls enthaltenen Angaben zu den wichtigsten Publikationen möge dies zu Ihrer besseren Orientierung bei der Auswahl der Lehrveranstaltungen beitragen.

Ein erfolgreiches Semester wünscht Ihnen
Ihr

Jurij Kusmenko, stellv. Institutsdirektor
Juli 1995
Sommersemester 1995 (Bernd Henningsen)
Liebe Leserinnen und Leser!

Nach der Konzentration der Berliner Skandinavistik an der Humboldt-Universität haben wir das Konzept des Kommentierten Vorlesungsverzeichnisses und unseres Jahresberichtes verändert: Es wird jetzt ergänzt durch einen Rechenschaftsbericht, der zum Sommersemester vor allem auf Projekte und Publikationen hinweist und zum Wintersemester informativer das Personal des Instituts vorstellt. Wir wollen damit einerseits unseren Arbeitseinsatz bei der Herstellung effektivieren, andererseits die Portokosten senken, zum dritten aber - und das vor allem - auch unsere Studierenden Einblick nehmen lassen in das, was am Institut außer der Lehre betrieben wird.

Am 28. Oktober 1994 luden die Präsidentin der Humboldt-Universität, Frau Prof. Dr. Marlis Dürkop, und der Präsident der Freien Universität, Herr Prof. Dr. Johannes W. Gerlach, zu einem kleinen feierlichen Akt in den Senatssaal der Humboldt-Universität ein. Begangen wurde die zwischen beiden Universitäten vollzogene Konzentration u. a. der Skandinavistik an der Humboldt-Universität. Im Klartext: Die Freie Universität gab das Fach auf, Stellen und Gelder wurden an die HU verlagert, Bibliotheken und Schreibtische verschoben. Grundlage der Fusion ist ein von den Kuratorien abgesegneter Kooperationsvertrag. Daß es dabei Reibereien geben würde, mußte jedem klar sein, schließlich sind die Berliner Universitäten gegenwärtig in arger finanzieller Bedrängnis. Und so war es auch der einhellige Tenor der "Festreden": Fusionen wie diese waren im Oktober 1994 bereits aus einer anderen Welt, alle künftigen Strukturveränderungen der Berliner Wissenschaftslandschaft sind wohl nur noch vorstellbar durch ersatzlose Schließung des Studienfaches an einer der Universitäten. Trotz aller Blessuren (schließlich blieben drei Stellen auf der Strecke bzw. bei der FU): Glück gehabt, Skandinavistik!

Die Attraktivität der Berliner Skandinavistik manifestiert sich in unserem universitären Alltag durch allerlei Anfragen, durch eine beeindruckende Besucherschar, etwa durch das schwedische Fernsehen, aber auch darin, daß der Institutsdirektor zu den Empfängen und Diners bei den Besuchen der nordeuropäischen Staatsoberhäupter im vergangenen Jahr geladen war.

Für das Fach, für Forschung und Lehre wichtig ist die jetzt formalisierte Beziehung der Humboldt-Universität zur Stockholmer Universität. Bei dem Besuch des Rektors und der Dekane, der nicht zuletzt dem Nordeuropa-Institut galt, wurde ein ganzes Bündel von Austauschmöglichkeiten vereinbart: Austausch von Studierenden, von Doktoranden und Dozierenden, Abhaltung von Symposien. Auch mit der Kopenhagener Universität, so können wir jetzt hoffen, wird die intensive Beziehung wieder aufgenommen. Mit Tampere und Helsinki, mit Odense, Bergen und Göteborg bestehen bereits Netzwerk-Kontakte - Studierende und Dozierende studieren und unterrichten im Austausch. Mit Hilfe des Jubiläumsfonds der Schwedischen Reichsbank können wir 1995 eine Reihe von Konferenzen durchführen, die in einen größeren Projektverbund münden sollen. Teil davon - die Alexander-von-Humboldt-Stiftung ist ebenfalls daran beteiligt - ist eine Personenrochade im Sommersemester: Der Politikwissenschaftler und Historiker Bo Stråth aus Göteborg wird Bernd Henningsen vertreten, der zu einem Forschungsaufenthalt an das Swedish Collegium for Advanced Study in the Social Sciences (SCASSS) nach Uppsala geht.

Auf der schwedisch-deutschen Datenautobahn wird es regen Verkehr geben, so ist zu hoffen: Dies insbesondere auch, weil davon die Lehre befruchtet wird - das folgende Verzeichnis mag das belegen.

Bernd Henningsen, amt. Institutsdirektor
Januar 1995
Wintersemester 1994/95 (Bernd Henningsen)
Liebe Studierende der Berliner Skandinavistik!

Dieses kommentierte Vorlesungsverzeichnis erscheint mit erheblicher Verspätung - und das aus einem guten Grund: Im August haben Präsidentin und Präsident von Humboldt-Universität (HU) und Freier Universität (FU) einen Kooperationsvertrag unterzeichnet, dem bis Mitte September alle zuständigen akademischen Gremien endgültig zugestimmt haben. Danach wird die Skandinavistik in Berlin ab dem 1. 10. 1994 nur noch an der HU angeboten, d.h. die FU-Skandinavistik an die HU verlagert. Wir wollten alle rechtlichen und eine Reihe praktischer Beschlüsse abwarten, um Ihnen ein einheitliches Berliner Skandinavistik-Verzeichnis. Insofern unterscheidet sich dieses Verzeichnis von früheren: Es faßt alle Angebote in einer einheitlichen Systematik zusammen. Sie können leichter auswählen.

Die überwiegende Zahl von Lehrveranstaltungen findet nunmehr an einem Ort statt, nämlich an der Humboldt-Universität; wir haben uns darüber hinaus bemüht, (fast) alle Veranstaltungen an einer Adresse zu konzentrieren - in der Glinkastr. 18-24. Dort befindet sich seit September auch die skandinavistische Fachbibliothek.

Der Weg zu diesem 1. Oktober 1994 war nicht einfach. Es hat Hürden und Widerstände gegen die Fusion gegeben. Schließlich kamen die Verhandlungen der Skandinavistik in die Strudel der Berliner Haushaltskatastrophe. Was in den alten Bundesländern in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer mal wieder auf der Tagesordnung stand, das ist jetzt auch für das vereinte Berlin finanzpolitischer Alltag: Die Finanzminister/-senatoren machen die Hochschulpolitik über Streichauflagen. Konkret hat dies für die Skandinavistik dazu geführt, daß nicht alle Stellen von der FU an die HU verlagert wurden. Die Verluste werden in der kommenden Zeit ausgeglichen werden müssen; eine Zusage des Kanzlers der HU zur Wiedereinrichtung des Norwegischlektorates liegt bereits vor.

Wir sind nicht nur zum größten skandinavistischen Institut in der Bundesrepublik geworden, mit der Fusion besitzt Berlin auch das einzige Institut, an dem alle vier Fachteile auf der Professorenebene vertreten sind. Die Lehr- und Forschungsleistungen der näheren Zukunft werden zeigen, ob diese Ausstattung gerechtfertigt ist.

Im Laufe des Wintersemesters wird der Institutsrat erstmalig gewählt. Die Studierenden haben darin einen Sitz. Auch von Ihrem Engagement hängt die Leistungsfähigkeit des Institutes ab und - an einem kleinen Institut braucht man das kaum zu sagen - die Atmosphäre.

Ich wünsche Ihnen ein arbeitsames und erfolgreiches, aber auch ein freudvolles Semester.

Bernd Henningsen, amtierender Institutsdirektor
Berlin, im Juni 1994
Sommersemester 1994 (Bernd Henningsen)
Liebe Kommilitoninnen,
liebe Kommilitonen!

Mit dem Sommersemester 1994 wird immer deutlicher, welches Profil die Berliner Skandinavistik in Zukunft haben soll. Wir hoffen, daß die Einsparungspolitik im Hochschulbereich uns genügend Atem läßt, um die anvisierten Vorstellungen von einer kompletten Skandinavistik an einem Ort in der weiteren Zukunft realisieren - und etatisieren zu können: Ältere Skandinavistik, Neuere skandinavische Literaturen, Sprachwissenschaft und Kulturwissenschaft; auch die Geschichte Nordeuropas wird angeboten. (Die sprachwissenschaftliche Professur war bei Drucklegung noch nicht besetzt; die Erwartungen gehen jedoch auf einen raschen Abschluß des Verfahrens.) Wer sich für den Studienort Berlin entschieden hat, der kann hier seinen Schwerpunkt in einem der vier Fachteile wählen und für das Examen entsprechend disponieren. Eine gemeinsame skandinavistische Studienordnung für Freie Universität und Humboldt-Universität liegt nicht vor, ist aber in Arbeit. Die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen ist auf jeden Fall verabredet.

Die Chancen, die sich dem Fach eröffnen - und damit natürlich auch in erster Linie den Studierenden -, sind unmittelbare Folge der deutschen Vereinigung. Insofern hat die Umstrukturierung der ostdeutschen Hochschullandschaft nach 1989 - entgegen allgemeiner Ansicht - zumindest für die Skandinavistik ihre, wie wir meinen, positiven, vielleicht gar innovativen, Auswirkungen gehabt. Die Breite des Berliner Skandinavistik-Lehrangebotes des kommenden Sommersemesters spiegelt diese erfreulichen Veränderungen wieder.

Bernd Henningsen
Berlin, im Januar 1994
Wintersemester 1993/94 (Bernd Henningsen)
Liebe Skandinavistik-Studierende!

Seit dem Wintersemester 1991 ist das Studium der Skandinavistik an zwei Berliner Universitäten möglich. Bei Drucklegung dieses kommentierten Vorlesungs-verzeichnisses haben wir es noch nicht erreicht, die institutionellen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Sie Ihr Studium ohne Strapazen und ohne einen (z.T. erheblichen) Mehraufwand in dieser nicht mehr geteilten Stadt organisieren können - denn das Fach Skandinavistik bleibt noch zweigeteilt.

Jedoch, nach mehreren Semestern des "Doppelangebotes" - so läßt sich bei nur einem flüchtigen Blick auf die folgenden Seiten feststellen - ist für das eine Fach Skandinavistik an zwei, ansonsten in erheblichem Wettbewerb zueinander stehenden Universitäten eine ziemliche Veränderung gegenüber dem status quo ante zu konstatieren: Die neueren skandinavischen Literaturen werden in vollem Umfang gelehrt, die materielle und die immaterielle Kultur des alten Nordens ist fest etabliert (beides an der Freien Universität), die Kulturwissenschaft (ansonsten als "Landeskunde" tituliert) wird jetzt als Bestandteil eines Hauptfachstudiums Skandinavistik angeboten (an der Humboldt-Universität und der Freien Universität), eine Professur für Sprachwissenschaft wird gerade eingerichtet (an der Humboldt-Universität) und hoffentlich in den kommenden Monaten personell entschieden sein.

Für die Studiensituation sicherlich ebenfalls nicht unwichtig - denn wir sollten ja nicht immer nur über die Hauptstadt-Attraktion Berlins reden - sind die Rahmenbedingungen, sind die "Attraktionen", die das Fach hier zu bieten hat und die auch den Studierenden Profilierungsmöglichkeiten geben: Es werden zwei Zeitschriften ediert, "alvíssmál" und "Nordeuropaforum", die studentische "norrøna"-Redaktion daneben nicht zu vergessen; es werden zwei Buchreihen herausgegeben, die "Nordeuropäischen Studien" und die "Berliner Beiträge zur Skandinavistik"; ein Nordeuropa-Archiv ist im Aufbau, ein Schnittarchiv wird angelegt.
Die Einrichtung einer kompletten regionalwissenschaftlichen Skandinavistik wurde von Politik, Verwaltung und Kollegenschaft in Berlin bisher positiv aufgenommen und mitgetragen; die Resonanz auf hier abgehaltene Konferenzen belegte, daß auch anderenorts das Interesse am "vollständigen" Fach vorhanden ist - nicht zuletzt in Skandinavien selbst. Die Chance, die das Fach hier hat, verlangt ihren Preis und schafft Erwartungen. Solange die Studierenden sie mittragen, sind wir auf einem guten Weg.

Bernd Henningsen
Im Juni 1993