Humboldt-Universität zu Berlin - Sprach- und literaturwissenschaftliche Fakultät - Nordeuropa-Institut

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Begrüßungsrede zum 10jährigen Jubiläum des Nordeuropa-Instituts am 3.12.2004

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Studierende, liebe Freundinnen und Freunde des Nordeuropa-Instituts,

im Leben einer Institution sind zehn Jahre keine lange Zeit. Wenn es denn realistisch wäre davon auszugehen, dass Magisterstudiengänge in der Regelstudienzeit absolviert werden, hätten wir in der Zeit gerade mal zwei Studierendengenerationen "durchbringen" können. Da trotzdem die einhellige Meinung bestand, dass es Anlass genug gibt zum Feiern, haben wir uns wenigstens mehr Arbeit und weniger Feierei auferlegt, als das am für seine Feste berüchtigten Nordeuropa-Institut sonst so üblich ist. Und wir dachten, wir machen die recht kurze zu befeiernde Zeit dadurch wett, dass wir die doch erheblich längere Geschichte der Berliner und der deutschen Skandinavistik aus einigen Aspekten genauer beleuchten. Dazu aber haben die Kolleginnen und Kollegen, die dankenswerterweise unserer Einladung gefolgt sind und wissenschaftsgeschichtliche Vorträge vorbereitet haben, mehr zu sagen – meine Sache ist es heute nur, Sie alle in meiner Eigenschaft als Direktorin des Nordeuropa-Instituts herzlich zu begrüßen und einige Worte zum unmittelbaren Anlass dieses Kolloquiums zu sagen.
Mit runden Jubliäen ist das schon so eine Sache: Die erste Herausforderung ist ja, ein symbolträchtiges Datum auszuwählen, das dann auch zu einer Zeit begangen werden kann, das den Beteiligten in den Terminkalender passt. Wir haben dann einfach die Fusion der beiden Berliner Skandinavistiken im Jahr 1994 als Zeitpunkt des Beginns gesetzt.
Der kritische Wissenschaftlerinnen-Blick erfordert es nun aber doch, ein solches Datum und seine Signifikanz wenigstens ein bisschen genauer unter die Lupe zu nehmen. Da wird es schon schwer, denn das Quellenstudium ist bekanntlich mühsam und trocken. Und aus eigener Erfahrung ist von mir als Juniormitglied des Kollegiums, das erst seit viereinhalb Jahren hier in Berlin weilt, über die Pionierzeiten des Nordeuropa-Instituts auch nichts zu berichten. An dieser Stelle kommt uns das Befeiern der kurzen zehn Jahre dann doch sehr gelegen. Wir befinden uns nämlich in der außergewöhnlich glücklichen Lage, für die Rekonstruktion der Ur- und Frühgeschichte des Nordeuropa-Instituts einen noch sehr rüstigen Zeitzeugen zur Verfügung zu haben, den ich jetzt hier auch auf dem Podium begrüßen darf: Prof. Dr. Bernd Henningsen, der, wir alle wissen es, intimste Kenntnisse der Vorgänge um die Institutsgründung herum besitzt.
Da bekanntlich die Oral History ihre methodischen Tücken hat, habe ich ihn natürlich gebeten, seine aus der Erinnerung gezogenen Aussagen durch Originaldokumente zu unterstützen. In diesem Sinne also anstelle einer weiteren historischen Einführung: das Zeitzeugeninterview.
Begonnen hat ja alles mit dem Mauerfall – da gab es nun plötzlich zwei Berliner Universitäten, die sich in irgendeiner Weise mit Skandinavistischem beschäftigten. Bernd Henningsen war dabei, auf Westseite sozusagen. Meine erste Frage an dich:

Was wusste man eigentlich so von den jeweils anderen "da drüben"?
Antwort BH:
Bei Spekulationen blieb es nicht lange. Bald bewegte sich unser Zeitzeuge in persona nach Osten an die Humboldt-Universität:
Quelle 1
Die folgende Zeit schien mir eher von Kommunikationsproblemen geprägt zu sein – was offenbar aber nicht an den beteiligten Personen lag, sondern an infrastrukturellen Gegebenheiten der besonderen Art:
Quellen 2, 3, 4
Sehe ich das richtig, dass die inhaltlichen Vorstellungen dabei noch etwas vage waren?
Quelle 5
Na ja, aus der Vagheit scheinen sich bei den verschiedenen Gründungspersönlichkeiten an FU und HU dann ja sehr schnell visionäre Größenphantasien entwickelt zu haben:
Quelle 6
Aus diesen hehren Zielen entwickelt sich dann auch ein geringfügig bescheidenerer, dafür aber konkreter Vorschlag.
Quelle 7
Von den weiteren Prognosen, die gestellt werden, sind dann aber im Rückblick auch nicht wirklich alle wahrgeworden.
Quelle 8

Ein erstes konkretes Ergebnis lag aber Ende 1992 vor: Unser Zeitzeuge wurde als Gründungsprofessor des Nordeuropa-Instituts der Humboldt-Universität berufen. Damit war wohl die Phase der Urgeschichte abgeschlossen. Die Frühgeschichte war 1994 beendet, als der Plan in die Tat umgesetzt wurde, die beiden Berliner Skandinavistiken an der Humboldt-Universität zu vereinigen.

Natürlich ging auch diese "Wiedervereinigung" nicht ganz ohne Verluste über die Bühne. Als Historikerin, die das Forschungsfeld Nordeuropa-Institut erst kennenlernte, als es sich konsolidiert hatte, erlaube ich mir einfach folgendes Urteil aus dem distanzierten Rückblick: Das Konzept eines kultur- und regionalwissenschaftlichen Instituts ist aufgegangen.

Das zeigen nicht nur die zahlreichen interdisziplinären Forschungsprojekte, die am Institut erfolgreich durchgeführt worden sind und werden, sondern auch das große Interesse der skandinavischen Länder am Nordeuropa-Institut.
Von 1998 bis 2001 finanzierte die schwedische Regierung eine Gastprofessur, anschließend wurde diese Förderung unter dem Namen Dag-Hammarskjöld-Professur von Riksbankens Jubileumsfonds übernommen.
Der norwegische Staat finanziert seit 1999 für zehn Jahre die Henrik-Steffens-Gastprofessur.
Die isländische Regierung fördert derzeit 50% eines Isländisch-Lektorats.
Finnland, ganz neu: 50% Aufstockung des Finnisch-Lektorats.
Im Jahr 2000 konnte dann auch die literaturwissenschaftliche Professur besetzt werden. Seither arbeiten wir alle mit vereinten Kräften daran, in Forschung und Lehre am Nordeuropa-Institut das interdisziplinäre Profil zu verwirklichen, das von Anfang an vorgesehen war. Wir sind prinzipiell in der außergewöhnlich glücklichen Situation, fünf Disziplinen, nämlich Mediävistik, Linguistik, Literaturwissenschaft, Kulturwissenschaft und Geschichtswissenschaft an einem skandinavistischen Institut zu vereinigen und auch Fachvertreter/inn/en zu haben, die großes Interesse an fachteilübergreifender Zusammenarbeit zu haben.

Alles in allem also doch eine Erfolgsgeschichte, deren zehnjähriges Bestehen wir heute feiern können. Zu hoffen bleibt nur, dass es uns angesichts der massiven Mittelkürzungen, die die Humboldt-Universität gerade getroffen haben und die auch am NI nicht vorbeigegangen sind, gelingt, das einzigartige vier Fachteile umfassende Profil und auch die regionalwissenschaftliche Orientierung, die eben nicht nur Schweden, Norwegen und Dänemark, sondern auch Island und Finnland umfasst zu erhalten und weiter auszubauen.

Ich freue mich also sehr, hier heute so viele bekannte Gesichter zu sehen von Menschen, die dem Nordeuropa-Institut als ganzem oder einzelnen seiner Mitglieder in irgendeiner Weise verbunden sind. Und ich freue mich, dass ein fachliches Anliegen, das am Nordeuropa-Institut immer wichtig war und das auch mich in vieler Hinsicht beschäftigt, heute im Zentrum stehen kann: die Geschichte des Faches Skandinavistik in Deutschland.

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