Humboldt-Universität zu Berlin - Sprach- und literaturwissenschaftliche Fakultät - Nordeuropa-Institut

Henrik-Steffens-Vorlesungen im Sommersemester 2008

Vom 1. Oktober 2004 bis zum 30. März 2009 war Herr Prof. Dr. Helge Høibraaten Inhaber der Henrik-Steffens-Gastprofessur. Studentische Mitarbeiterin war Katharina Bock.

 

Di
15.
Apr. 2008

Die intellektuelle Kultur Norwegens

Prof. Dr. Helge Høibraaten

Humboldt-Universität zu Berlin

In seiner Einführungsvorlesung wird Helge Høibraaten das Programm des Semesters vorstellen und dabei auch einen Überblick über die Spannungen und Strömungen geben, die die intellektuelle Kultur Norwegens geprägt haben:

• Die Romantik und der Nationalismus eines spät unabhängig gewordenen Staates, aber auch ein weit verzweigtes internationales Engagement

• Kulturelle Stärke der Regionen, aber auch ein starker Staat, der in einem an Fläche großen, dünn besiedelten Land unumgänglich war, gerade auch für eine demokratische Entwicklung

• Ein staatskirchlicher Protestantismus, der ursprünglich von oben aufoktroyiert wurde, dann aber langsam die Bevölkerung von innen ergriff, um seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend durch Freidenkerei, Nietzsche-Einfluss, Psychoanalyse und Kulturradikalismus herausgefordert zu werden, neuerdings auch Einwanderung und eine multireligiöse Situation

• Die Idee einer substanziellen Gleichheit der Volksglieder, aber auch die Idee der Gleichwertigkeit (zu deutsch: gleichen Würde) aller Menschen, wie immer verschieden, die dem Gedanken der universellen Menschenrechte zugrunde liegt

• Der Kult des Genies aus dem Dorfe, der die Hauptstädter überragt, aber auch der Horror vor kultureller Enge und Konformismus, eine kräftige Hauptstadtbohème, neuerdings auch Urbanismus

• Eine starke Tradition des psychologisch-realistischen Romans, die eher aus dem Durchbruch der literarischen Moderne als einem so genannten germanisch-nordischen (völkischen) Denken stammt, aber auch eine Verspätung der Moderne in der Malerei

• Und nicht zuletzt muss geschichtlich eine Prägung nicht nur durch Dänemark, sondern auch durch Deutschland betont wenden – eine Prägung, die nach dem Nationalsozialismus mehr ignoriert als produktiv verarbeitet worden ist, ob zustimmend oder kritisch.

Di
22.
Apr. 2008

Der norwegische Protestantismus im europäischen Vergleich

Prof. Dr. Tarald Rasmussen

Universität Oslo

Ziel der Vorlesung ist es, die komparative Eigenart des norwegischen Protestantismus skizzenhaft darzulegen. Das norwegische Luthertum ist seit der Reformation eng mit dem dänischen Luthertum verbunden. Dänemark-Norwegen gehörten zu den streng lutherischen Gebieten Europas, wo die "zweite Reformation" schnell zurückgewiesen wurde. Das norwegische Luthertum unterscheidet sich aber gleichzeitig in mehrfacher Hinsicht markant von dem Dänischen. Besonders wichtig ist dabei die unterschiedliche Beziehung zwischen Protestantismus und Nation (Eigenherrschaft) in den zwei Ländern: Während Luthertum und Nation in Dänemark seit der Reformation eng mit einander verknüpft waren, ergibt sich für Norwegen hier ein ganz anderes Bild. Das ist nicht nur zur Zeit der Reformation, sondern auch im 19. Jahrhundert deutlich der Fall.

Di
29.
Apr. 2008

The Tenacity of Identity Politics in Norway: From Unabashed Lutheran Monopoly to Post-Lutheran Hegemony Light?

Prof. Dr. Tore Lindholm

Universität Oslo

Norway´s Lutheran State Church, a central part of Norwegian national identity, is being challenged. A question at present publicly debated, is this: Once various constitutional provisions pertaining to the Church of Norway are removed or diluted, should Norway's constitution of 17th May 1814 be augmented to enounce a value foundation of the Norwegian state in terms of Norway's "Christian and humanist tradition"?

Similar public controversies arise from a forthcoming revision of the Christian object clause ("kristne formålsparagraf") in the laws regulating Norway's system of mandatory public education, and from a Judgment of the European Court of Human Rights which in effect instructed Norway to revise its mandatory religious education subject "Kristendoms-, religions- og livssynskunnskap."

Public controversies in all three fields are far from new. What is peculiar for the situation as of Spring 2008 is that on each of these three issues constitutional and legislative resolutions are pending, simultaneously. Lindholm will show how the issues, each in its way, all interrelate as stuck in the mire of Lutheran-State-Church-rooted identity politics. He will also ask why Lutheran identity still matters: what is the force of tradition, even when in ruins?

Vortrag im PDF-Format

Di
6.
Mai 2008

Ideologische Kontroversen in der norwegischen Sprachentwicklung seit 1800

Prof. Dr. John Ole Askedal

Universität Oslo

Mitte des 16. Jh. war die alte norwegische Schriftsprache praktisch ausgestorben und wurde infolge der lutherischen Reformation und der Provinzialisierung Norwegens innerhalb der Union mit Dänemark durch das geschriebene Dänisch abgelöst. Die gesprochene norwegische Volkssprache spaltete sich in zahlreiche Dialekte auf. Nach der Auflösung der Reichsunion mit Dänemark 1814 wurde der Wunsch nach einer eigenständigen norwegischen Schriftsprache laut, auch wenn zunächst am eingebürgerten geschriebenen Dänisch festgehalten wurde. Als mögliche Strategien für das Schaffen einer einheimischen norwegischen Schriftsprache kamen ein kreativer Rückgriff auf das Altnorwegische (P.A. Munch), die Aufnahme spezifisch norwegischer Sprachelemente und -muster in die dänische Schriftsprache (Knud Knudsen) und die Verschriftlichung gesprochener norwegischer Volkssprache (Ivar Aasen) in die Diskussion. Die letztere Strategie wurde zunächst um die Mitte des 19. Jh. von Ivar Aasen erfolgreich verwirklicht, das von ihm geschaffene "Landsmål" – heute "Nynorsk" bzw. "Neunorwegisch" – vermochte sich aber nicht als Landessprache durchzusetzen.

Das 20. Jahrhundert stand im Zeichen offizieller Sprachplanungsinitiativen und Sprachreformen (1907, 1917, 1938, 1959), denen zwei übergeordnete Zielsetzungen zugrunde lagen: zum einen die Umgestaltung der ursprünglich dänischen Schriftsprache – ab ca. 1900 Riksmål, ab 1929 "Bokmål" genannt – durch die zunehmende Inkorporierung von Zügen verschiedener Varietäten des gesprochenen Norwegisch sowie zum anderen die Amalgamierung des Nynorsk und des Bokmål zu einer norwegischen Gemeinsprache – "Samnorsk". Die "Samnorsk"-Bestrebungen stießen auf erheblichen Widerstand in der Bevölkerung und wurden 1981 zum Teil rückgängig gemacht; 2005 wurde die Amalgamierungspolitik vom norwegischen Storting endgültig aufgegeben.

Im Vortrag werden die Hauptzüge dieser Entwicklung vorgestellt. Es werden verschiedene praktische Auswirkungen der offiziellen Sprachpolitik anhand von ausgewählten Beispielen aufgezeigt und die gegenwärtige Lage der beiden offiziellen Varietäten Bokmål und Nynorsk unter Bezugnahme auf die neuesten Entwicklungen zur Diskussion gestellt.

Abschließend werden ausgehend vom Begriff "kulturelle Alteritätsdimension" die verschiedenen ideologischen Perspektiven und Standpunkte zusammengefasst, die den fast zwei Jahrhunderte andauernden nationalsprachlichen Diskurs in Norwegen zunächst hervorgerufen, dann immer wieder neu belebt haben und heute noch beleben.

Manuskript im PDF-Format

Di
13.
Mai. 2008

Ahnenerbe og Norge - ugjengjeldt kjærlighet?

Dr. Jorunn Sem Fure

Universität Oslo

Forskningsselskapet "Deutsches Ahnenerbe" ble grunnlagt av Reichsführer Heinrich Himmler i 1935, og ble raskt en mektig institusjon innenfor den nazistiske statens kultur- og vitenskapspoltikk. Oppgaven var å "utforske de indogermanske stammenes livsrom, ånd og gjerning" for å underbygge forestillingen om en germansk gullalder og legitimere en ekspansiv erobringspolitikk. De fleste av forskerne hadde sine bakgrunn i en Völkisch tradisjon innenfor humaniora og oppfattet sin forskning som bidrag til kunnskapsfeltet "Germanenkunde". Målet var å fremme kunnskapen om en germansk fortid for å gjenskape et samfunn bygget på de gamle germanernes verdensbilde og idealer i et fremtidig tyskdominert Europa. Også norsk kulturhistorie ble et forskningsobjekt og Norge ble også en arbeids- og misjonsmark for akademikere og ideologiske aktivister som ønsket å skape en germansk bevissthet blant norske akademiske eliter og i befolkningen. Foredraget vil presentere aktørene og de ideologiske motivene knyttet til Ahnenerbes aktivitet i Norge fra 1936 til 1944.

Di
27.
Mai 2008

1968 Norwegen – in vergleichender und autobiographischer Perspektive

Prof. Dr. Helge Høibraaten

Humboldt-Universität zu Berlin

Der Vortragende gehörte zu den Helden klassischer Ereignisse des norwegischen 68 – vor allem der Besatzungswoche am Philosophischen Institut in Oslo (selbstverfasster Bericht der HeldInnen in: Kampen om universitetet, Oslo 1970.) Zuvor hatte ich das akademische Jahr 1967-68 in den USA verbracht, gegen den Vietnamkrieg in Washington mit Norman Mailer (The Armies of the Night, 1968) demonstriert, die Ermordung von Luther King und Bobby Kennedy "erlebt" und vor allem deutsche Philosophie von Kant und Hegel bis Marcuse und Habermas gelesen. So war ich auf die kommenden Ereignisse eigentlich bestens vorbereitet, und wurde trotzdem vom sinnlos-idyllischen Karnevals-Gefühl zu Hause überrascht, auch vom Wahnsinn des bierernsten norwegischen Stalinismus-Maoismus. Ich floh, zunächst noch ein Jahr nach Amerika, dann in die Bundesrepublik, bevor ich zurückkam und Staatsphilosoph wurde. Niels-Fredrik Nielsen publizierte 1984 sein Kultbuch Ekte sekstiåttere spiser ikke seipanetter, eine ironische Selbstliebeserklärung eines 68´er. Wir Echten dachten schon früh: Echte 68´er sind keine Maoisten. Dennoch kamen sie ab 1970 in Norwegen an die Macht wie sonst nur in China " und Albanien. Wie war das möglich? Wie deutet man diesen norwegischen Verlauf im internationalen Vergleich?

Aufsätze im PDF-Format:

Norway in 1968 and its Aftermath: Maoism, The Power of the Periphery and the Cultural Upper Class of the Sixty-Eighters

Sekstiåtterteoretikere. En erindring.

Sekstiåtterdiagnostikeren

Om forskjellen på ekte sekstiåttere og ML-ere.

 

Di
3.
Jun. 2008

Zwei Beiträge zur intellektuellen Nachkriegskultur Norwegens: Wertkonservative Jugendbewegung und pazifistisch motivierte Friedensforschung


Wir stellen zwei zentrale Bewegungen der intellektuellen Nachkriegskultur Norwegens vor: die wertkonservative Jugendbewegung der fünfziger Jahre, und die Friedensforschung, die aus pazifistischen Atomprotest- und radikalen Kreisen entstand. Wir stellen zugleich zwei der führenden Intellektuellen dieser Bewegungen vor: der junge Wertkonservative in persona, der Ideengeschichtler Lars Roar Langslet, später u.a. norwegischer Kultusminister und bis heute "Preses" der "Norsk Akademi for Sprog og Litteratur"; sodann ein Pazifist und Friedensforscher der ersten Stunde, Nils Petter Gleditsch, heute Präsident der International Studies Association. Beide waren übrigens in ihrer Jugend Leitende des legendären Diskussionsforums "Det Norske Studentersamfund" in Oslo – eine Institution, die ab dem 19. Jh. bis zum Ende der sechziger Jahre des 20. Jh. eine bemerkenswert zentrale, heute fast merkwürdig anmutende Stellung innerhalb der norwegischen Öffentlichkeit innehatte.

Unge verdikonservative i norsk etterkrigstid: Minervakretsen og fordypelsen i det "pre-politiske"

Lars Roar Langslet

16.20 Uhr mit Diskussion

Der Vortrag wird in norwegischer Sprache gehalten! Norwegen ist als eine eher linksgerichtete Nation bekannt. Umso interessanter ist die Entstehung einer intensiven intellektuellen Bewegung in den fünfziger Jahren, die sich insbesondere durch die Zeitschrift Minervas Kvartalsskrift manifestierte, die aus dem Kreis um die konservative Studentenzeitung Minerva entsprang. Dabei ging es nicht primär um Ideen des deutschen Konservatismus, vor allem nicht der Ideen der deutschen konservativen Revolution, sondern um Edmund Burkes toryism, einschließlich seiner Kritik der französischen Tradition. Langslet wird in seinem Vortrag aber eher das Prä-Politische der Interessen dieses Kreises betonen: Die Vorräume der Kultur, der Metaphysik, der Literatur und der Geschichte, die erst den Hintergrund für eine intellektuelle Beschäftigung mit der Politik bildet, und in der Zeitschrift als eine umfassende Öffnung gegenüber europäischen Traditionen praktiziert wurde. – Langslet hat eine große Anzahl Bücher geschrieben, von einer Studie über den jungen Karl Marx und die Entfremdung des Menschen über Studien zu Konservativem Denken zu einer Reihe Bücher zur norwegischen und norwegisch-dänisch-schwedischen Geschichte (unter anderem zu Holberg und Ibsens Sohn Sigurd, norwegischer Minister in Stockholm).

Peace Research in Norway: An Irreverent History

Prof. Dr. Nils Petter Gleditsch

18.20 Uhr mit Diskussion, International Peace Research Institute, Oslo (PRIO)

Der Vortrag wird in englischer Sprache gehalten! Wie Gleditsch klarstellt, deckt sein Vortrag nicht nur die Pionierzeit in den sechziger Jahren ab, sondern geht weiter bis in die Gegenwart. Er schreibt: "Peace Research was launched as an academic discipline in Norway in the late 1950s, well before this happened in most countries. In this informal history of peace research I pursue the subject through six periods: Pre-history (– 1959), the behavioral revolution (1959–68), the socialist revolution (1968–78), the wilderness years (1978–89), the post-Cold War years (1989–), and the post-9/11 years (2001–). I discuss the foundation of peace research in the traditional academic disciplines, changes in methodology, how peace research relates to the major schools in international relations, the institutionalization of peace research, and the development of the concept of peace. I finally sketch several alternative futures for the study of war and peace: Clash of civilizations, the capitalist peace, the hegemonic peace, the sustainable peace, and the virtual peace." Nils Petter Gleditsch is a Research professor at the International Peace Research Institute, Oslo (PRIO), where he heads the working group on environmental factors in conflict at PRIO's Centre for the Study of Civil War and edits PRIO"s academic journal, Journal of Peace Research.

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10.
Jun. 2008

Henrik Wergeland som intellektuell

Prof. Dr. Odd Arvid Storsveen

Universität Oslo

Henrik Wergeland (1808-1845) – wer ist das? Norwegens größter Lyriker? (Kostproben in H.W., Sujets, Orig. mit Übers. von H. Detering, nicht zuletzt das Gedicht ”Mig selv”: ”Ich schlechtgelaunt, Morgenblatt? Ich, der ich nur einen Sonnenstrahl brauche, um laut zu lachen vor Freude, die ich mir nicht erklären kann?....Jammre doch nicht unter Sternen, dein Leben sei ohne Lichtblick...”) Erwecker der norwegischen Kulturnation, die bald berühmt werden sollte, ohne ihn selber ins Rampenlicht der Welt zu tragen? Entdecker des Pathos des Kleinen, in dem er auch die Kinder zu einer Nation machte? Bürgerschreck, Befreier der Juden und der Jesuiten, Norwegens erster Muslim? Jedenfalls auch ein Mythos. Storsveen, Historiker an der Universität Oslo, will den Typus des modernen Intellektuellen durch ihn beschreiben, er schreibt:

”Henrik Wergeland skilte seg ut i norsk offentlighet, og i Norge følte han seg "forut for sin tid". Men setter man ham inn i en bredere europeisk sammenheng, står han snarere som eksempel på den moderne, fornyende og fremtidsrettede intellektuelle som kom til å prege både kunst, litteratur, vitenskap og politikk fra 1830-årene og frem til 1880-årene. Dette perspektivet vil ligge til grunn for foredraget.”

Di
17.
Jun. 2008

Norsk teater – og tysk

Therese Bjørneboe

Oslo

Therese Bjørneboe ist vielleicht die wichtigste unter den norwegischen TheaterkritikerInnen und schreibt für die Zeitung Klassekampen. Sie ist auch Herausgeberin der Norsk Shakespeare- og teatertidsskrift. Sie ist die Tochter des berühmten norwegischen Autors Jens Bjørneboe und hat seine Essays und Briefe herausgegeben.

 

Therese Bjørneboe ist mit Sicherheit die Fachperson, die das norwegische und das deutsche Theater der Gegenwart am intensivsten verfolgt hat, sehr oft mit Kritiken aus Berlin. Sie wird in ihrem Vortrag vergleichend über das Theater der beiden Länder sprechen, beginnend mit der Zwischenkriegszeit, wo der deutsche Einfluss groß war, sie wird aber nicht zuletzt den Blick auf die "neue deutsche Welle" im norwegischen Theater der letzten Jahre richten.

Di
24.
Jun. 2008

Lingvistisk teori og nordisk språkhistorie

Prof. Dr. Jan Terje Faarlund

Universität Oslo

Für den zweiten Vortrag des Semesters zu Sprachfragen wenden wir uns der Linguistik und der Geschichte der nordischen Sprachen zu. Jan Terje Faarlund gehört zu den wichtigsten nordischen Sprachforschern. Er war einer der Autoren des umfassenden Werkes Norsk referansegrammatikk (1997), ist Verfasser von The Syntax of Old Norse (Oxford University Press 2004) und hat unter anderem auch ein Buch über Noam Chomsky geschrieben. In seinem Vortrag sucht er einige Differenzen in der Grammatik nordischer Sprachen zu erklären – nicht auf Kosten, sondern auf der Grundlage einer im Geiste Chomskys angenommenen Universalgrammatik. Er schreibt:

"Det finst klare vilkår for korleis språk kan endra seg - og dermed variera. Ytre faktorar set endringar i gang, men resultatet av endringane er betinga av internspråklege forhold. Åstaden for språkendring er morsmålsinnlæring hos spedbarn, som er styrt av den medfødde språkevna (universalgrammatikken) under påverknad av ytre stimuli. I føredraget vil visse skilnader i dei nordiske språkas grammatikk bli søkt forklart i eit slikt perspektiv."

Di
1.
Jul. 2008

A Norwegian´s Rediscovery of the German Economic Tradition from the Thirty Years War to the Twentieth Century

Prof. Dr. Erik Reinert

Technische Universität Tallinn, Norwegisches Institut für strategische Studien (NORISS), Oslo

Der Wirtschaftswissenschaftler, Publizist und ehemalige Unternehmer Erik Reinert hat in den letzten Jahrzehnten an der Rehabilitation einer Tradition des ökonomischen Denkens gearbeitet, die, ihm zufolge, in der Renaissance den entscheidenden Ausgangspunkt hatte – im Begriff des wissenssuchenden, unternehmerischen und produktiv-innovatorischen Individuums, das sich gleichwohl für das Gemeinwohl und den Staat einsetzt. Seine Arbeit an dem von ihm getauften "Other Canon" ist gegen neoklassische Theorie gerichtet und politisch gegen den Neoliberalismus und die Politik der Weltbank. Seine Polemik ist zum Teil auf harte Kritik gestoßen, auch von Forschern, die sich mit dem skandinavischen Sozialstaatsmodell identifizieren. Sein Buch How Rich Countries Got Rich and Why Poor Countries Stay Poor (2007), hat aber auch viel Lob geerntet und befand sich 2007 auf Bill Clintons Nachttisch. Er und seine Mitarbeiter haben in einer Reihe von Arbeiten insbesondere zur deutschen Tradition – zentrale Namen sind Leibniz, List, Roscher, Schmoller und die Historische Schule, Nietzsche, Sombart und Schumpeter – eine interessante Rekonstruktionsarbeit, auch in publizistisch-kritischer Sicht, begonnen. Davon, und von seinem Engagement, wird er berichten.

Di
8.
Jul. 2008

J. C. Dahl und Caspar David Friedrich

Prof. Dr. Helge Høibraaten

Humboldt-Universität zu Berlin

Der Norweger Johann Christian Clausen Dahl (1788-1857), der nach Dresden kam und großen Erfolg als Maler und Professor hatte, wurde durch seinen Freund Friedrich (1774-1840) tief beeinflusst. Sie waren und wurden aber auch sehr verschieden: Dahl der Welt zugewandt, mit vielen Schülern, um die treue Wiedergabe der Natur besorgt (Magne Malmanger hat behauptet, Dahl sei keineswegs, obwohl er die norwegische Romantik in der Malerei begründete, ein nation-builder in der Malerei gewesen, im Unterschied zu späteren Malern – er habe die norwegische Natur einfach entdeckt); Friedrich der in sich Gekehrte, nach seinem Tod lange Vergessene, um 1900 wieder Entdeckte, der sagte: "Der Maler soll nicht bloß mahlen was er vor sich sieht, sondern was er in sich sieht. Sieht er aber nichts in sich so unterlasse er auch zu mahlen was er vor sich sieht." Was sah er? Nicht zuletzt den Norden und dabei die romantische Innerlichkeit. Er blieb aber, mit seiner Tendenz zur philosophischen Betrachtung und zum Konstruktiven, fast Abstrakten, ein Maler der Gegenstände um ihrer selbst willen, so Michael Brötje. Dahl selbst lobte Friedrichs Treue zur Natur. Wir haben es kaum mit einem einfachen Gegensatz zwischen dem gesellschaftsfähig extrovertierten Dahl und dem aufgewühlt introvertierten Friedrich zu tun, die Wahrheit ist in solchen Fällen dialektischer.

Di
15.
Jul. 2008

Edvard Munch und Friedrich Nietzsche

Prof. Dr. Helge Høibraaten

Humboldt-Universität zu Berlin

Edvard Munch hat bekanntlich – nach Kontakten mit Harry Graf Kessler, Henry van de Velde und Elisabeth Förster-Nietzsche, alle sehr zentral in den zeitgenössischen Bemühungen um Nietzsches Werk und Weltsicht – ein großes Bild von Friedrich Nietzsche gemalt (1906.) Das Bild ist "monumental und dekorativ" gemalt, wie Munch selbst betont. Dies als Ausdruck einer gewissen intellektuellen Distanz zu Nietzsche zu deuten, hieße allerdings das Verhältnis des Malers zum Denker missverstehen. Munch war vielmehr – wie andere wichtige Skandinavier, die in den neunziger Jahren in Berlin verkehrten, auch der Pole Stanislaw Przsbyzewski – tief von Nietzsche beeinflusst, nicht zuletzt durch die Zeitschrift Pan. Munchs Identifikation mit Nietzsche hat nicht nur mit Nietzsche als dem großen Schaffenden, sondern auch mit der Kehrseite dieser Schaffenskraft, dem leidenden, kranken Nietzsche zu tun, dem im Leiden und durch Leiden Schaffenden. Wie Nietzsche kam auch Munch (das beschrieb Bodil Stenseth in ihrer 2004 herausgegebenen Studie Pakten, die jetzt auch auf Dänisch herauskam) aus einer Familie, die sehr von Krankheit geprägt war – seine Schwester Laura gab das Modell für das große Gemälde "Melancholie". Anneliese Plaga hat in einem gerade erschienenen Buch mehrere der berühmtesten Bilder von Munch, auch "Der Schrei", "Madonna", "Der Tanz des Lebens" und "Die Sonne", mit Blick auf Nietzsche gelesen. Sie versucht, anhand von Munchs und de Chiricos Malerei, zu zeigen, wie eine Übertragung philosophischer Sprachbilder Nietzsches in die Kunst geschah.

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