Humboldt-Universität zu Berlin - Sprach- und literaturwissenschaftliche Fakultät - Nordeuropa-Institut

Helge Høibraaten:
Kommunikative und sanktionsgestützte Macht bei Jürgen Habermas*

 

I

Der Begriff der kommunikativen Macht steht grundlegend in der von Jürgen Habermas entwickelten Theorie der Macht. Grundlegend ist dieser Begriff jedoch nicht, weil Habermas damit die Existenz und Bedeutung von anderen Formen der Macht bestreitet. In seinem zweiten Hauptwerk, Faktizität und Geltung, eine diskurstheoretische Studie über Recht und demokratischen Rechtsstaat, äußert er sich unter anderem zum Typus administrativer Macht (Habermas 1992). In seinem ersten Hauptwerk, der Theorie des kommunikativen Handelns (Habermas 1981a), gibt er eine Analyse von Macht, die sich hinsichtlich sowohl von kommunikativer wie von administrativer Macht als nützlich erweist - wobei der Akzent auf die administrative Macht liegt, wenn er auch diese Bezeichnungen dort nicht verwendet. In der vorliegenden Arbeit sollen die zwei Machtanalysen der beiden Hauptwerke zusammen betrachtet werden. Das Verhältnis zwischen administrativer und kommunikativer Macht ist eines der entscheidenden Themen in Habermas' Theorie der modernen Gesellschaft, worauf gegen Ende der Arbeit zurückzukommen ist. Administrative Macht stellt eine Unterklasse der sanktionsgestützten Macht dar, die wir zuerst betrachten werden.

Macht wird oft mit Zwang assoziiert, eventuell auch mit Gewalt. Der leitende Gedanke ist dabei, daß der, der die Macht besitzt, damit auch über die Möglichkeit verfügt, mit dem Einsatz bestimmter Machtmittel andere Personen gegen ihren Willen zu etwas zu zwingen, was die Anwendung von Gewalt einschließen kann. In diesem Sinne definiert Max Weber den Begriff der Macht. Nun kann man sich die Ausübung von Zwang auch so vorstellen, daß die andere Person überhaupt keine Möglichkeit besitzt, sich den intendierten Zielen des Machthabers zu entziehen. Wenn zum Beispiel psychisch Kranke gefesselt werden oder man auf jeden Fall verhindern will, daß ein zum Tode Verurteilter sich vor der Hinrichtung das Leben nimmt. Ein vielleicht etwas weniger drastisches Beispiel ist die Verhaftung, wobei der Charakter des Zwangs sich wiederum in der drastischsten Variante am deutlichsten zeigt: der Untersuchungshaft mit Post- und Besuchssperre um zu verhindern, daß der Gefangene Beweise für ein zukünftiges Gerichtsverfahren vernichtet.

Meist braucht jedoch der Machthaber keinen Zwang zur Durchsetzung seines Willens anzuwenden. Meist - so lange nur die Botschaft verstanden wird - genügt das explizite oder implizite Androhen negativer Sanktionen. Dem Machtunterlegenen wird hierbei die Wahl gelassen zwischen dem Befolgen von dem, was der Machthaber sagt oder einer Sanktion ausgesetzt zu werden.

Worauf solche Sanktionen hinauslaufen, kann sehr unterschiedlich sein. Normalerweise wird man wohl nicht behaupten wollen, daß man der Anwendung von Macht/Gewalt ausgesetzt war, wenn die Sanktion darin besteht, daß ein äußerst günstiges Angebot nicht wahrgenommen werden kann, "an offer you cannot refuse" ('ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann'). Wenn man jedoch mit dem eventuellen Wegfall nicht leben kann, stellt sich der Vorgang gleich in einem ganz anderen Licht dar.[1]

Gleichzeitig behält Thomas Hobbes in gewissem Sinn mit seiner Behauptung Recht, daß man, selbst wenn man durch Angst (auch Angst vor Sanktionen) motiviert wird, jedoch frei bleibt. [2] Hobbes zog daraus den Schluß, daß selbst die aus Angst vor Sanktionen eingegangenen Verträge gültig sind, wie z.B. der aus Angst vor dem tödlichen Risiko im Naturzustand eingegangene Vertrag, alle Macht einem Herrscher zu übertragen. Er folgerte weiter, daß das Besetzen eines fremden Gebiets legitim ist, wenn die Besetzten sich den Bedingungen der Besatzer unterwerfen, um die Besetzung zu überleben. [3] Die dafür von ihm herangezogene Theorie erscheint als nicht hinreichend zur Begründung einer freiheitlich-demokratischen Ordnung, und bekanntlich war Hobbes auch kein Demokrat. Aber Menschen, die ihr Leben im Kampf gegen Besatzer oder andere gewalttätige Unterdrücker riskiert haben und dabei den eigenen Tod als Möglichkeit einkalkulierten, werden bestätigen können, daß sie sich dann, im Augenblick der Todesgefahr, in einem grundlegenden Sinn frei fühlten.

Unterscheiden wir zwischen dem reinen Zwang auf der einen Seite, der dem Machtunterlegenen keine Wahlmöglichkeit läßt; und der Machtausübung im Sinne einer Androhung negativer Sanktionen auf der anderen Seite, deren Vollzug vom Verhalten des Machtunterlegen abhängt. Dann erkennt man, daß Machtverhältnisse, die nicht Ausdruck reinen Zwanges sind, eine gewisse minimale Wahlfreiheit auf Seiten des Machtunterlegenen voraussetzen, eine Freiheit, die für den Einzelnen selbst dann real gegeben sein kein, wenn die Alternative zur Unterwerfung den eigenen Tod bedeutet.

Als mindestens ebenso wichtig wie der Zusammenhang zwischen Machtausübung und Wahlfreiheit erscheint der Zusammenhang zwischen Machtausübung und Kommunikation. Sanktionen androhen heißt kommunizieren, selbst wenn die Form der Sanktion zwischen dem Vulgären und Drastischen und dem fast Taktvollen variieren kann. Der Machtausübende will den Unterlegenen dazu zwingen, die Situation zu verstehen, so daß die Machtausübung für den Machtausübenden so 'billig' wie möglich bleibt, um eine Analogie aus der Wirtschaft zu verwenden. Das Durchsetzen von Sanktionen 'kostet' stets mehr Macht und wird deshalb gerne vermieden; andererseits wissen Machthaber auch um die Bedeutung des statuierten Beispiels, das die Glaubwürdigkeit ihrer Drohungen unterstreicht. Ist ein Machtverhältnis erst stabilisiert worden, wird normalerweise vom Machtunterlegenen den Möglichkeiten für Sanktionen durch Anpassung vorgebeugt, so daß dem Machthaber das wiederholte, explizite Drohen erspart bleibt.

Ausübung von Macht beinhaltet also die Möglichkeit, mit dem Machtunterlegenen über die Konsequenzen der verschiedenen Alternativen kommunizieren zu können. Dabei muß die Glaubwürdigkeit der tatsächlich vorhandenen Macht des Machthabers aufrechterhalten werden, selbst wenn der effektivste Einsatz von Macht normalerweise darin besteht, daß bereits die Möglichkeit der Sanktion direkt zum gewünschten Verhalten des Machtunterlegenen führt. Übt man hingegen reinen Zwang aus, ist es im Prinzip und so lange, wie man zum Einsatz der notwendigen Mittel bereit ist, nicht notwendig, mit dem Machtunterlegenen zu kommunizieren.
Der soweit diskutierte Machtbegriff beinhaltet also ein Verhältnis zwischen Macht und Kommunikation. Trotzdem geht es sich hier nicht um das, was Habermas als kommunikative Macht bezeichnet. Was ist der Unterschied?

 

II

Kommunikative Macht im Sinne von Habermas arbeitet nicht mittels eines angedrohten Einsatzes von Zwangsmitteln und befindet sich auch nicht im Besitz der Machthaber, außerhalb der Reichweite der Machtunterlegenen. Kommunikative Macht entsteht zwischen den Akteuren, welche gemeinsam die richtigen Normen für ein soziales Zusammenleben suchen; sie entfaltet sich durch normative Überzeugungen, die wir teilen, eben weil wir von deren Berechtigung freiwillig überzeugt sind. Habermas spricht vom "eigentümlich zwanglosen Zwang [.], mit dem sich Einsichten durchsetzen." (Habermas 1981b, S. 231) [4] Kommunikative Macht entfaltet sich mittels der Normen, denen allgemein zugestimmt wird; nicht aus Angst vor Sanktionen, sondern weil im freien Austausch der Meinungen die Bedeutung der Argumente für die Gültigkeit der Normen von uns erkannt wird.

Kommunikative Macht benutzt Kommunikation nicht nur zum Durchsetzen konkreter Ziele, also nicht nur als ein Mittel, mit dem zum Beispiel Gesetz und Ordnung aufrechterhalten werden sollen. In einer von kommunikativer Macht geprägten Gesellschaft ist die freie Kommunikation über die Gültigkeit der Normen ein grundlegender Bestandteil der sozialen Integration und damit der sozialen Ordnung. Um als legitim zu gelten, muß die soziale Ordnung solcher Gesellschaften jederzeit offen stehen für eine Prüfung durch mögliche Gegenargumente. Kommunikative Macht darf nicht in ihrem Kern aus normativen Inhalten bestehen, denen gegenüber wir deshalb keine kognitive Distanz halten können, weil eine gottähnliche Autorität dahinter steht, deren auch nur hypothetisch erwogene Abweisung mit der namenlosen Angst des Tabubruches belegt ist. [5]

Die soziale Ordnung soll in ihrem Kern der Ausdruck eines freiwillig erzielten, jedoch rational motivierten Einverständnisses über Normen sein, ihre Geltung soll aus der eingesehenen Kraft der Argumente fliessen. [6] Aber gerade weil die Geltung freiwillig sein soll und neue Gegenargumente und Alternativen niemals ausgeschlossen werden können, muß ein solches Einverständnis prinzipiell als provisorisch verstanden werden.

Das Wort 'Verständigung' [7] bezeichnet präzis, was Habermas meint: es handelt sich nicht nur um das durch Kommunikation erzielte Einverständnis, sondern um einen Prozeß, der mit Hinblick auf ein gemeinsames Verständnis prinzipiell ständig unterwegs ist - ein kommunikativer Verständigungsprozeß, der unabhängig davon, ob er nun bekräftigend oder revisionistisch wirkt, ständig in Bewegung ist. In Gesellschaften, in denen die kommunikative Macht eine vorherrschende Stellung einnimmt, hat die soziale Integration eine prozessuale Form angenommen, die als dialogisch bezeichnet werden kann. Das Wort 'Dialog' bezieht sich bekannterweise auf die sokratische Form von Diskussion, die ihren Teilnehmern ständig die Chance bietet, sich zu vergewissern, daß man der argumentativen Entwicklung der Diskussion noch folgen kann. Ansonsten kann das Wort 'Prozeß' nicht nur etwas Auflösendes, Zersetzendes bezeichnen, das sich dennoch vorwärts bewegt;
es bezeichnet auch den Rechtsstreit, die Lösung durch rechtlicher Konflikte durch einen Prüngsprozess, engl. 'trial', in dessen Verlauf man sucht, die Argumente der Parteien durch prozedural gesteuerte Kontrovers-Verfahren eine sachliche Beleuchtung zu geben.

 

III

Der Begriff der kommunikativen Macht führt sich bei Habermas - auf jeden Fall was die Terminologie betrifft - auf einen Artikel über Hannah Arendts Begriff der Macht zurück (1971; nachgedruckt in Habermas 1981b). Folgendes Zitat aus diesem Artikel faßt noch einmal das im II. Abschnitt Ausgeführte zusammen und verweist dabei auch deutlich auf Hannah Arendts Anteil an der Urheberschaft des Begriffs der kommunikativen Macht:

Hannah Arendt löst den Begriff der Macht vom teleologischen Handlungsmodell [wo Macht als Zwangsmittel erscheint; H. Høibraaten): Macht bildet sich im kommunikativen Handeln, sie ist ein Gruppeneffekt der Rede, in der für alle Beteiligten Verständigung Selbstzweck ist. (Habermas 1981b, S. 231)

Wäre es aber andererseits nicht absurd, das Handeln in Kommunikation und kommunikative Verständigung einfach aufzulösen? Was beinhaltet eigentlich das Loslösen des Machtbegriffs von einem Modell teleologischen Handelns? Müssen Handlungen nicht zielgerichtet sein, damit sie einen Unterschied in der Welt machen? Geht es bei Macht nicht darum, einen solchen Unterschied zu machen - notfalls mit Macht, sozusagen? Muß man nicht die notwendigen Mittel einsetzen, wenn man wirklich ein Ziel erreichen will? Von diesem Ausgangspunkt aus, kann man zu einem zweiten Komplex von bekannten, Habermas-kritischen Fragen kommen:

Ist nicht der von Habermas entwickelte Begriff der kommunikativen Macht eigentlich ein hoffnungslos utopischer Begriff? Ist es nicht hoffnungslos, mit Habermas zu behaupten, daß es Macht gibt in überzeugenden Argumenten, sozusagen als Nachfolger zur Macht der gefalteten Hände - also einer Macht, in der die Kraft tabuisierender religiöser Bindungen sich entfaltet? Habermas wurde um 1968 als Theoretiker der herrschaftsfreien Kommunikation bekannt, dessen theoretischer Ansatz sich in der Praxis mit dem deckt, was hier mit freiwilliger, dialogisch-kritischer Kommunikation bezeichnet wird. Damals wie auch später wurde gefragt, welchen Nutzen der Traum von einer solchen Kommunikation besitzt, wenn das, was in der Praxis zählt, stets der politische Kampf um die Macht ist. Stellt kommunikative Macht überhaupt etwas anderes dar, als eine sich zwar als mächtig ausgebende, im Grunde genommen jedoch illusorische Idee von herrschaftsfreier Kommunikation - in einer Welt, in der vorhandene Sanktionspotentiale auch tatsächlich herrschen?

 

IV

Bei der Beantwortung dieser Fragen geht Habermas - wie man aus dem obigen Zitat ersehen kann - unter anderem von seinem Begriff des kommunikativen Handelns aus.

Wenden wir uns vorläufig dem ersten Fragenkomplex zu: Muß nicht auch die kommunikative Macht einen Unterschied in der Welt machen, um als Macht wirksam zu werden? Worin besteht dann der Unterschied zu der Macht, die auf der Androhung von Sanktionen beruht? Auf das Verhältnis zur sanktionsgestützten Macht komme ich zurück. Es ist aber klar, daß Habermas, wenn er vom kommunikativen Handeln spricht, damit auch etwas bezeichnet, was nach Intention und Wirkung einen Unterschied in der Welt machen kann. [8]

Kommunikatives Handeln besitzt also einen teleologischen Aspekt. Um seinen Sinn, ein durch Kommunikation vermitteltes Handeln, zu erfüllen, muß es jedoch in der Praxis nicht ausgesprochen kommunikativ im Sinne von redefreudig sein. Menschen verständigen sich ja mit Hilfe von Sprache im weitesten Sinne; das heißt, daß Gesten, Gebärden und stillschweigend mitkommunizierte Informationen einen natürlichen Teil des Repertoires darstellen. Sehr oft sind jedoch explizite, mündliche oder schriftliche Sätze notwendig, auch in einer reibungslosen Zusammenarbeit.

Kommunikatives Handeln ist gemeinsames kommunikatives Handeln, kooperatives Handeln. Wie bei jeder Art von Handeln muß jedoch auch hier gefragt werden, was dieses Handeln außer dem Kommunizieren eigentlich bewirkt. Es kann sich zum Beispiel darum handeln, daß wir eine Brücke bauen. Oder eine Demokratie gründen.

Gelegentlich gesellen sich zu den rein sprachlich bedingten Verständigungsproblemen auch Verständigungsprobleme anderer Art. Es kann darum gehen, daß man kein gemeinsames Verständnis dafür besitzt, wie die Welt rein faktisch-deskriptiv in gewisser Hinsicht aufgefaßt werden soll: Worin besteht in diesem Fall die Wahrheit? Es kann ferner darum gehen, daß man nicht die gleiche Auffassung von den sozialen Normen hat, welche die Grundlage des gemeinsamen Handelns bilden, und sich nun nicht darüber im Klaren ist, wie man diese Normen in einer Situation anwenden soll: Was stellt in diesem Fall das normativ richtige Handeln dar? Oder es kann sich darum handeln, daß man die Einstellung von jemand in einer bestimmten Situation nicht ganz versteht: Willst du das eigentlich oder verstellst du dich nun? Bist du aufrichtig? Kann ich mich in diesem Fall auf dich verlassen?

Viele solcher Fragen stellen sich in der täglichen Praxis und werden ohne größere Schwierigkeiten abgeklärt. Man verweilt kurz und nimmt die Zusammenarbeit wieder auf. Hingegen eröffnen sich bei hartnäckigen Dissensen, die die Zusammenarbeit bedroht, zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist, daß die Zusammenarbeit aufgelöst wird, was oft zum offenen Konflikt führt. Man denke an eine politische Partei, die sich in zwei konkurrierende Flügel teilt, woraus unter Umständen auch eine militärische Auseinandersetzung enstehen kann. Oder man denke an die Spatltung eines wisenschaftlichen Forschungsteams in zwei konkurrierende Lager, die neue Informationen untereinander nicht mehr austauscht, sondern geheimhält, bis die entscheidende Publikation den Streit zu Gunsten des eines Lagers ausfallen lässt.

Die zweite oder alternative Möglichkeit besteht darin, zu dem überzugehen, was Habermas als Diskurs bezeichnet [9] : Man handelt nicht mehr direkt während man miteinander kommuniziert, sondern konzentriert sich darauf, im Rahmen der offen zugänglichen Information die Argumente der verschiedenen Standpunkte zu präsentieren und zu prüfen. In einem Diskurs ist der normale Handlungsdruck suspendiert, statt dessen werden die kontroversen Geltungsansprüche - Auffassungen über Wahrheit und über das normativ Richtige - explizit aufgestellt und die angeführten Argumente möglichst unparteiisch und sachlich bewertet. (Eine solche argumentative Überprüfung bei gleichzeitiger Handlungssuspension kann nicht in Verbindung mit Fragen betreffs der Aufrichtigkeit durchgeführt werden, weil diese nur unter einer Berücksichtigung des späteren Handelns des Betreffenden erfolgen kann.) Vielleicht gelangen die Anhänger der einen Seite dann aus sachlichen Gründe zu der Auffassung gelangen, daß es am besten sei, die Geltungsansprüche zurückzuziehen. Oder sie entdecken stattdessen die Notwendigkeit, neue Fragen zu stellen und neue Geltungsansprüche aufzustellen, die uns alle vielleicht einen gemeinsamen Ausweg zeigen. Vielleicht wird auch erkannt, daß der Dissens nicht von der gravierenden Bedeutung für die Zusammenarbeit war, wie zuerst angenommen, so daß über den umstrittenen Punkt eine Einigkeit darüber erzielt werden kann, daß man uneinig ist.

Der technische Ausdruck 'Diskurs' ist von Habermas gewählt worden um zu unterstreichen, daß es sich um einen idealisierenden Begriff handelt, der einen Zustand bezeichnet, in dem beide Partner ausschließlich davon motiviert sind, die Sachlage zu klären und dem zwanglosen Zwang des besseren Arguments zu folgen. Jedoch ist auch der Diskurs eine Form von Tätigkeit. Habermas versteht diese Tätigkeit als das kooperative Suchen nach dem Wahren und normativ Richtigen. Existiert in der Sache ein hartnäckiger Dissens, wird der Diskurs normalerweise die Form eines argumentativen Konflikts annehmen. Insofern andere Handlungsmotive, also deutlich unterschiedliche Ziele und Interessen von z.B. politischer oder wirtschaftlicher Natur, keinen Einfluß auf den argumentativen Konflikt gewinnen, kann dieser immer noch als eine kooperative Aktivität verstanden werden.

Warum wird jedoch von Diskurs versus Handlung gesprochen? Hat der kritische Theoretiker Habermas begonnen, von 'reiner' Theorie zu träumen, scharf abgetrennt von kritischer Praxis? Die Antwort lautet Nein, denn für Habermas sind Diskurse etwas, was typischerweise ja gerade in kommunikativer Praxis entsteht und eventuell zu einer solchen Praxis zurückführen kann, auch wenn sie möglicherweise zu einem negativen Resultat in der Zusammenarbeit führen und damit eventuell den Übergang zu einem nicht-diskursiven Konflikt markieren können. Habermas Idee ist, daß Diskurse oft eine kritische 'Roßkur' für das in die Krise geratene kommunikative Handeln sind. Diskurse sind nicht in sich selbst, in Abstraktion vom kommunikativen Handeln, teleologisch auf ein Intervenieren in der Welt hin orientiert, jedenfalls nicht direkt. Sie bestehen im Überprüfen von Geltungsansprüchen, die während ihrer Überprüfung hypothetischen Charakter besitzen. Aber durch das zumindest intendierte Zurückführen zu einem kommunikativen Handeln, können Diskurse indirekt daran beteiligt sein, die Handlungsintervention in der Welt zu verstärken.

Clausewitz schrieb, der Krieg sei die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Die Äußerung setzt voraus, daß Politik als Kampf um die Macht verstanden wird und - wie es in Verhandlungen üblich ist - mit der ständigen Androhung von Sanktionen als wirksames Element. Gelegentlich werden Drohungen auch in konkrete Sanktionen umgesetzt, wie zum Beispiel bei Streik oder Boykott. Der Übergang zum Krieg bedeutet, daß die konkret eingesetzten Sanktionsmittel auch das besonders rücksichtslose Mittel der militärischen Gewalt einschliesst. Das Ziel besteht darin, eine Entscheidung im Machtkampf herbeizuführen.

Habermas behauptet, der Diskurs sei die Fortsetzung des kommunikativen Handelns mit anderen Mitteln. [10] Die Äußerung unterstellt, daß eine Gesellschaft mit ihren politischen Prozessen teilweise als ein kooperatives Projekt verstanden werden kann, welches auf dem Willen, einander eher zu überzeugen als zu zwingen, auf Freiwilligkeit und Vertrauen beruht. Der Übergang zum Diskurs bedeutet die Anwendung eines an sich ebenfalls rücksichtslosen Mittels, nämlich der diskursiven Argumentation ohne Ansehen der Person. Das Ziel ist, die Berechtigung der verschiedenen Geltungsansprüche zu erörtern, in Himblick darauf, die Basis der Zusammenarbeit zu stärken, damit ein Zurückkehren zum kommunikativen Handeln ermöglicht wird.

 

V

An emanzipatorischen Bewegungen interessiert sie [Hannah Arendt; H.H.] die Macht der gemeinsamen Überzeugung: die Aufkündigung des Gehorsams gegenüber Institutionen, die ihre Legitimation eingebüßt haben; die Konfrontation der durch freien Zusammenschluß erzeugten Macht mit den physischen Zwangsmitteln eines gewaltsamen, aber ohnmächtigen Staatsapparates; der Entstehungsakt einer neuen politischen Ordnung und der Versuch, das Pathos des neuen Anfangs, die revolutionäre Ausgangssituation festzuhalten, die kommunikative Erzeugung der Macht institutionell auf Dauer zu stellen. Es ist faszinierend zu sehen, wie Hannah Arendt immer wieder dasselbe Phänomen aufspürt. Wenn Revolutionäre die Macht ergreifen, die auf den Straßen liegt; wenn die zum passiven Widerstand entschlossene Bevölkerung fremden Panzern mit bloßen Händen entgegentritt; wenn überzeugte Minderheiten bestehenden Gesetzen die Legitimität bestreiten und den zivilen Ungehorsam organisieren; wenn sich in der Protestbewegung der Studenten "pure Lust am Handeln" manifestiert - immer wieder scheint sich zu bestätigen: "Macht besitzt eigentlich niemand, sie entsteht zwischen Menschen, wenn sie zusammen handeln, und sie verschwindet, sobald sie sich wieder zerstreuen." (Habermas 1981b, S. 238f., das Arendt- Zitat stammt aus Arendt 1981, § 28, S. 252.)

Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen der kommunikativen Macht, wie sie Habermas oben in Hannah Arendts Denken beschreibt, und wie er sie selbst als Phänomen begreift?

Wie bereits erwähnt, schrieb Habermas, daß der Diskurs die Fortsetzung des kommunikativen Handelns mit anderen Mitteln sei. Der argumentative Ausnahmezustand, auf den er damit anspielt, ist jetzt nicht mehr gemeint. In einem Diskurs ruht das Handeln, während die Argumente mit Hinblick auf das Errichten einer neuen Kooperationsgrundlage überprüft werden. Revolutionen, passiver Widerstand, ziviler Ungehorsam und Demonstrationen sind hingegen Phänomene des Handelns. Sie sind Formen kommunikativen Handelns, und sie sind - wie Arendt meint - Ausdruck einer freiwilligen Einigkeit von denen, die sich zu solchen Handlungsformen zusammenschliessen.

Diese Formen von Handeln verweisen natürlich auch auf die Existenz von Konflikten. In der Terminologie von Habermas - und von Habermas' Standpunkt aus gesehen - stellen diese Formen des Handelns eine Art von Fortsetzung des rein argumentativen Konfliktes dar, der den Diskurs auzeichnet, mit Mitteln des eher kommunikativen als gewalttätigen Handelns.

In Verbindung mit vielen Revolutionen erscheint eine solche Behauptung natürlich als problematisch. Jedoch illustriert die tschechoslovakische Revolution im Herbst 1989 - und davor die ostdeutsche - was gemeint ist. Liegt die Macht auf der Straße, dann nur, weil das alte Regime bereits seine Legitimität verloren hat. Seine Ohnmacht zeigt sich in dessen mangelnder Fähigkeit, Sanktionen gegen die einzusetzen, welche plötzlich rufen "Wir sind das Volk!" Gegen dieses Schlagwort konnte nicht mehr leichthändig vorgegangen werden, und bevor die Machthaber überhaupt wußten, wie ihnen geschah, hatten sie die Mauer geöffnet. - Was den passiven Widerstand betrifft, waren im Jahre 1968 die Hände der Tschechoslowaken auf den sowjetischen Panzern zweifelsohne als Hinweis auf das sich abspielende Unrecht gemeint. - Wie bekannt, ist ziviler Ungehorsam eine Form von Gesetzeswidrigkeit, die sich nicht gegen die Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit richtet und dessen Teilnehmer sich nicht einer Verhaftung oder Strafe widersetzen, sondern den gesamten Ablauf der Ereignisse dafür benutzen, die Ernsthaftigkeit ihrer gemeinsamen Überzeugung zu demonstrieren. - In Bezug auf die Studentenbewegung von 1968, und um deren starke Seite hervorzuheben, spricht Habermas (1981c, S. 251) von Techniken der "begrenzten Regelverletzung", die von der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung Anfang der sechziger Jahre entwickelt wurde:

Sie [=die Demonstrationstechniken; H.H.] führen zu heftigen Abwehrreaktionen, aber auch zu dem heilsamen Schock, der ein erstauntes Nachdenken über Routinen und unsere routinierten Verdrängungen provoziert. So ist ein Arsenal von Waffen entstanden, die eines gemeinsam haben - den eigentümlich virtuellen Charakter eines Spiels, das als politisches Instrument ernsthaft nur eingesetzt werden kann, wenn der andere Partner zwar genötigt wird, aber mitspielt. Diese Waffen können nur darum verletzen, weil sie nicht töten können. (Ibid.)

Das was Arendt als "pure Lust am Handeln" in der Studentenbewegung bezeichnet, wird von Habermas hier eher direkt als kommunikatives Handeln verstanden. Der Grund dafür findet sich in der warnenden Kritik gegenüber der Studentenbewegung. Bereits 1967 hatte er davor gewarnt, eine Gewalt zu provozieren, die in sublimierter Form "notwendig in Institutionen impliziert ist" (Habermas 1981c, S. 215). In diesem Zusammenhang hat Habermas auch vor einem möglichen "Linksfaschismus" gewarnt, und, obwohl er diesen Ausdruck schnell bedauerte, sprach er 1968 in einem äußerst kritischen Vortrag von der "Scheinrevolution und ihren Kindern" (Habermas 1981c, S. 249ff)

Der zentrale Vorwurf der Linksfaschismus-These war der einer Ästhetisierung der Gewalt, wie Habermas sie Mussolinis Weiterführung des revolutionär-syndikalistischen Gedankens der direkten Aktion vorfand, einem Kult der Gewalt "in ihrer Schönheit und ihrem Schrecken" (Habermas 1981c, S. 376). Für Habermas gab es eine entscheidende Trennlinie zwischen dem Erfindungsreichen in den Demonstrationstechniken der damaligen Zeit einerseits, die er auch in den achtziger Jahren unter dem Schlagwort des zivilen Ungehorsams ausdrücklich rechtfertigte (siehe Habermas 1985b, 79ff. und 1987, 55ff.), und der faschistischen Verherrlichung von Gewalt um der Gewalt willen andererseits; einer Verherrlichung, die sich offensichtlich von dem unterscheidet, was Arendt mit "purer Lust des Handelns" meint. Arendt schreibt über das, was Habermas mit kommunikativer Macht bezeichnet:

Mit realisierter Macht haben wir es immer dann zu tun, wenn Worte und Taten untrennbar miteinander verflochten erscheinen, wo also Worte nicht leer und Taten nicht gewalttätig stumm sind, wo Worte nicht mißbraucht werden, um Absichten zu verschleiern, sondern gesprochen sind, um Wirklichkeiten zu enthüllen, und wo Taten nicht mißbraucht werden, um zu vergewaltigen und zu zerstören, sondern um neue Bezüge zu etablieren und zu festigen, und damit neue Realitäten zu schaffen. [11]

Wie angedeutet, bestehen in Bezug auf die hier angesprochenen Formen von Handeln keine gravierenden Gegensätze zwischen Habermas und Arendt. Zwar wurde im letzten Abschnitt unterschieden zwischen dem kommunikativen Handeln auf der einen Seite, wo die Kommunikation im wesentlichen eine koordinierende und keine kritisch prüfende Funktion besaß; und dem Diskurs auf der anderen, der das Handeln zugunsten einer kritischen Überprüfung ausschaltet. Für Habermas existiert jedoch auch eine Art Form für die Fortsetzung des Diskurses mit kommunikativen Mitteln des Handelns, so lange nur das gewählte Handeln weder gewalttätig oder destruktiv ist, sondern dazu beiträgt, neuen Verbindungen und Realitäten zu schaffen.


VI


Von den im letzten Abschnitt angesprochenen Phänomenen, können der zivile Ungehorsam und die phantasievollen, gewaltfreien Demonstrationen heute praktisch als ein erweiterter Teil des legitimen Repertoires einer normalen, demokratischen Politik verstanden werden. Ansonsten geht es aber um Situationen, in denen eine Demokratie sich ihre Bahn bricht oder sich als normative Macht gegenüber einer überlegenen Sanktionsmacht markiert. Es handelt sich also im Verhältnis zur normalen Politik, unter demokratischen wie unter undemokratischen Verhältnissen, stets um Ausnahmezustände.
Was jedoch ist normale Politik unter demokratischen Verhältnissen? Wie bereits bemerkt, wirken Diskurse oft als eine Art argumentative 'Roßkur' bei krisenhaftem kommunikativem Handeln. Kann also vom Diskurs als dem argumentativen Ausnahmezustand in einer Demokratie gesprochen werden? Um diese Frage zur beantworten, wird das bisher zur Position von Habermas Gesagte noch einmal zusammengefaßt.

In einer Gesellschaft, in der kommunikative Macht den Vorrang besitzt, ist die freie Kommunikation über die Gültigkeit von Normen einen grundlegenden Teil der sozialen Integration und damit der sozialen Ordnung geworden. Oder mit anderen Worten: In einer solchen Gesellschaft ist die soziale Ordnung demokratisiert. Dies bedeutet allerdings mehr als das, was unter Demokratie als Herrschaftsform verstanden wird: allgemeine und geheime Wahl, konkurrierende politische Parteien und Bewegungen, Parlamentarismus und/oder Präsidialregime (Führungsverantwortlichkeit gegenüber einem Elektorat, entweder direkt oder mittels seiner anderen Repräsentanten).

Um als legitim anerkannt zu werden, beinhaltet Demokratie, daß die soziale Ordnung, einschließlich auch der demokratischen Institutionen, für eine Überprüfung im Lichte möglicher Gegenargumente und Alternativen jederzeit offen ist. Die soziale Ordnung soll Ausdruck eines freiwilligen, rational motivierten Einverständnisses über Normen sein, in der die eingesehene Kraft der Argumente gelten soll.

Weil jedoch gerade von einem freiwilligen Einverständnis ausgegangen wird und Gegenargumente und Alternativen nie ausgeschlossen werden können, muß jeglicher Konsens als provisorisch gelten. Grundlegenden Prinzipien und Normen wird Verfassungsrang gegeben. In einer Demokratie besteht die soziale Ordnung in ihrem Kern jedoch nicht nur aus diesen Prinzipien und auch nicht aus den konkreteren Normen [12] , sondern aus dem kontinuierlichen Kommunikationsprozeß, wo solche Prinzipien und Normen angewendet, diskutiert und gegebenenfalls verändert werden.

Auf andere Weise ausgedrückt: Eine Demokratie ist nicht nur ein kooperatives Projekt, sondern auch eine auf freiwilliger Basis etablierte soziale Ordnung. Eine Demokratie ist ein kooperatives Projekt, in dem diskursives Überprüfen und Konflikt in gewissem Sinn in die kontinuierliche Zusammenarbeit einfließen, als die Reflexionsform des kommunikativen Handelns, wie Habermas dies formuliert (Habermas 1985, S. 375f). Eine Demokratie ist mit anderen Worten in beachtlichem Maße ein fortdauernder Diskurs, eine kontinuierliche Reflexion über die Prämissen der Zusammenarbeit und deren Gültigkeit.

Die von Habermas vorgenommene Unterscheidung zwischen Handeln und Diskurs ist also - um einen wichtigen Punkt zu wiederholen - nicht dahingehend gemeint, die Welt gnadenlos in zwei Teile zu zerlegen. Dies ging bereits aus dem letzten Abschnitt hervor, wo Diskurse als kritische 'Roßkur' für das in die Krise geratene kommunikative Handeln, als eine Art argumentativem Ausnahmezustand charakterisiert wurden. Diese 'Roßkur' verläßt nämlich kaum ernsthaft die Dimension eines möglichen kommunikativen Handelns, selbst wenn es sich um die fundamentalsten Prinzipien der Zusammenarbeit handelt. Das Ziel ist, erneut die Grundlage für eine Zusammenarbeit zu etablieren.

Andererseits nehmen Diskurse, selbst wenn im Ausgangspunkt einen hartnäckigen Dissens besteht, durchaus nicht immer den dramatischen Charakter von Ausnahmezuständen an. Einerseits ist es nicht gewöhnlich, und normalerweise auch nicht möglich, gleichzeitig Diskurse über alle möglichen Themen zu führen. Die im Hintergrund vorhandenen, normalerweise stillschweigenden Ressourcen unseres Handelns, die Habermas mit dem Husserlschen Wort "Lebenswelt" bezeichnet und in der Tradition von Michael Polanyi als "tacit knowledge" - als 'stillschweigendes Wissen' - bezeichnet werden, sind praktisch dermaßen unausschöpflich, daß sie bei weitem nicht alle gleichzeitig problematisiert werden; und dies wird umso evidenter, je größer und komplexer die kooperative Einheit ist. Bezieht man sich also nicht nur auf kleine Gruppen, sondern auf größere, formelle Organisationen und insbesondere auf ganze Demokratien in territorialstaatlichem Sinne, wird selbst während eines argumentativen Ausnahmezustands sehr Vieles wie üblich verlaufen. Als ein Beispiel dafür mag die Rekonstruktion des politischen Lebens in Italien vor einigen Jahren dienen, nachdem der Kampf gegen die Mafia entscheidende Resultate gebracht hatte und die christlich-demokratische Partei aufgelöst worden war. Selbstverständlich entfaltete sich das übliche politische Ränkespiel, wie ja Italien auch für lange Pausen zwischen den verschiedenen Regierungen bekannt ist. Gleichzeitig beteiligte sich jedoch die gesamte Gesellschaft an der dramatischen Debatte.

Ein Diskurs setzt nicht zwangsläufig mit dem Aufdecken einer hartnäckigen Uneinigkeit ein, sondern auch damit, daß die Relevanz eines hartnäckigen Dissenses durch neue Ereignisse wiederentdeckt wird, im Lichte neuer Ereignisse, Informationen und Fragen. Schließt ein dramatischer Diskurs mit Einigkeit und der Rückkehr zum kommunikativen Handeln, so geschieht dies oft nur selektiv, indem ein erzielter Konsens aus einem größeren Komplex mit unwichtigeren oder offenen Fragen herausgeschnitten wird - und auch von den Themen abgetrennt wird, deren Behandlung im Diskurs zu einem geesteigerten oder auch mehr abgeklärtem Dissens geführt hat. Solche Uneinigkeiten können dann zu einem späteren Zeitpunkt aktualisiert werden. Und dies verweist wiederum auf die grundlegene Pointe dieses Abschnittes: Für eine Demokratie gilt, daß auch nach dem Abschluß eines dramatischen Diskurses und dem Wiederbeginn der Zusammenarbeit das diskursive Überprüfen von Argumenten und Gegenargumenten in gewissen Sinne stets weitergeführt wird, wenn auch zu einem anderen Zeitpunkt und vielleicht mit anderen Teilnehmern. Die Möglichkeit des Diskurses als die Reflexionsform kommunikativen Handelns ist jederzeit vorhanden und wird ständig aktualisiert, nicht nur in Form von dramatischen 'Roßkuren'.

 

VII

Kann eine soziale Ordnung, die auf freiwilliger Zusammenarbeit und dem Umstand beruht, daß ihre Normen jederzeit überprüfbar bleiben, wirklich mächtig sein? Der ständige Zugang zum Diskurs als der Reflexionsform kommunikativen Handelns sieht Habermas als normale Funktionsbedingung für die Demokratie, und ist laut ihm notwendig, damit die kommunikative Macht eine freiwillige Macht darstellen kann, die auf dem zwanglosen Zwang des besseren Arguments beruht. Wie kann jedoch solche herrschaftsfreie Macht wirklich mächtig werden, wenn man sie vergleicht mit der Macht, die in der Disposition über Sankionsmittel liegt? Und wie kann diese, auf der Möglichkeit zur kontinuierlichen Problematisierung ruhende Ordnung ihre Macht erhalten und eventuell ausbauen? Gleicht dies nicht dem Versuch, einen festen Bau auf einem flüssigem Fundament zu errichten? Kann man zusammenarbeiten, wenn alles jederzeit prinzipiell in Frage gestellt werden kann? Versucht Habermas nicht gleichzeitig zwei Pferden zu reiten, die in jeweils entgegengesetzte Richtungen ziehen?

Hannah Arendts Beschäftigung mit den gewaltfreien Aspekten an politischen Ausnahmephänomenen, Revolutionen eingeschlossen, liefert für eine Antwort einen wichtigen Hinweis. Diese gewaltfreien Aspekte wurden in Abschnitt V als eine Art Fortsetzung des Diskurses mit den Mitteln des kommunikativen Handeln beschrieben, wo also - mit Arendts Formulierung - "Worte nicht mißbraucht werden, um Absichten zu verschleiern, sondern gesprochen sind, um Wirklichkeiten zu enthüllen und wo Taten nicht mißbraucht werden, um zu vergewaltigen und zu zerstören, sondern um neue Bezüge zu etablieren und zu festigen, und damit neue Realitäten zu schaffen." (Abschnitt V.) Plötzlich ist die Situation klar: Wir wissen, daß wir zusammenstehen, obwohl wir auch wissen, daß uns ein Maschinengewehr niedermähen kann. Plötzlich erhält der Mann hinter dem Maschinengewehr den Rückzugsbefehl von einem Machthaber, der die neu entstandene Situation begriffen hat, und die Anwendung von Gewalt als sinnlos einschätzt.

Nun stellt dies allein noch keine ausreichende Antwort dar. Denn selbst wenn es sich um grundlegend klare Situationen handelt, bleibt unklar, wie eine spontane Übereinstimmung sich als dauerhafte Ordnung konstituieren kann. Die gegeben Beispiele zeigen, daß grundlegende Änderungen bzw. Modifikationen von Normen nicht ganz selten durch dramatische historische Ereignisse stattfinden. Was hat das jedoch mit der Demokratie zu tun, als einer stabilen und mächtigen sozialen Ordnung begriffen, in der keine Norm einer möglichen Kritik prinzipiell entzogen ist?

In Abschnitt II wurde betont, daß bei einer Überprüfung der Normen diese nicht notwendigerweise abgeschafft werden müssen. Einsicht in deren andauernde Gültigkeit ist ein mögliches Resultat; außerdem können Änderungen die Form von Modifikationen annehmen, die es erlauben, eine normative Kontinuität zu sehen, trotz der Änderungen, jedenfalls wenn die Sachlage aus einer weiteren Zeitperspektive betrachtet. Habermas ist ferner der Auffassung, daß die westliche Verfassungsentwicklung zum Teil eine solche Kontinuität aufweist - eine Kontinuität, die gerade nach den großen westlichen Revolutionen, inbesondere der französischen und amerikanischen, möglich geworden ist, der überzeugenden Kraft ihrer grundlegenden normativen Ideen wegen. Freiheit, Gleichheit und "Solidarität unter Fremden" (Brunkhorst 1997): So können diese normativen Ideen heute kurz benannnt werden, und der Gedanke ist, daß sich ein gewisser Konsens über diese Werte der Revolutionen herauskristallisiert hat, selbst wenn es auch Dissens gibt und dies sich in gewisser Hinsicht sogar vergrößert haben kann, entweder in eher traditioneller oder in modifizierter Form. Ungeachtet dessen ist die prinzipielle Überprüfbarkeit logisch klar vereinbar mit einer faktischen Übereinstimmung in grundlegend wichtigen Sachen. Obwohl Habermas jeder Konsens im Prinzip als provisorisch ansieht, verhindert dies nicht, daß ein Konsens sich durch Jahrhunderte hindurch festigt und ausdehnt - zum Beispiel durch bessere Begründungen oder mehr konsequentes Anwenden.


VIII

Trotzdem scheint das entscheidende Argument in der Begründung dafür, wie tatsächliche Einigkeit mächtiger als sanktionsgestützte Macht sein kann, noch zu fehlen. Ein solches Argument findet sich bei Hannah Arendt und ihrer Annahme, daß Macht ohne Verlust für die teilenden Partner geteilt werden kann, ja, daß Macht durch Teilen sogar vermehrt werden kann. [13] Arendt hinterfragt mit dieser Annahme eine durch die Spieltheorie verbreitete Auffassung von Macht als einem Nullsummen-Spiel; d.h. ein Spiel, in dem sich das Übergewicht an Macht bei jeweils dem Spielenden befindet, der über die besten Möglichkeiten für Sanktionen verfügt; und wo es keine Auswege gibt zu einer Situation in der die Macht für beide Seiten gesteigert wird, so daß das Übergewicht auf die eine oder andere Weise zum anderen Partner verschoben werden muß, damit sich das Machtverhältnis ändert. Ein klassisches Beispiel für ein solches Nullsummen-Spiel kann man beliebig oft im Fernsehen beobachten: Jemand besitzt die Macht, weil er die Pistole direkt auf einen Zweiten richtet, der seine gesenkte Pistole eigentlich wegwerfen müßte, um nicht erschossen zu werden; wobei der Zweite dies aber zuvorkommt mit einem überraschenden Trick, der die Pistole des ersten plötzlich außer Gefecht setzt und ihn somit zum Besitz der macht bringt.

Der Gedanke, Macht durch Teilen zu vermehren - er wurde in anderen Varianten unter anderem auch von Talcott Parsons und Niklas Luhmann verteidigt - , wurzelt bei Arendt offensichtlich in der Auffassung, daß Macht eigentlich nicht von jemand besessen werden kann, sondern etwas ist, das zwischen Menschen ensteht, die miteinander reden und handeln, auf oben bereits beschriebene Weise. Auch Habermas' Theorie der kommunikativen Macht als Produkt eines Zusammenwirkens von kommunikativem Handeln und Diskurs ist vom Arendtschen Gedanken beeinflußt. Wenn Menschen beginnen, kommunikativ wie kooperativ zusammen zu handeln, dann entsteht Macht; und zwar - und dies als Andeutung einer gemeinsamen These von Arendt und Habermas - mehr Macht als zuvor und dies für alle, die zusammenarbeiten. Aber wie - konkret? Arendt, die besonders von der Geschichte der frühen, amerikanischen Einwanderung, dem 'Mayflower Compact' und der amerikanischen Revolution, beeinflußt ist (siehe Arendt 1973, insbes. S. 171-175), gibt folgende Antwort:

Wir erwähnten bereits, daß Macht überall da entsteht, wo Menschen sich versammeln und zusammen handeln...Die Kraft, die diese Versammelten zusammenhält […] ist die bindende Kraft gegenseitiger Versprechen, die sich schließlich in dem Vertrag niederschlägt. […] Die Souveränität einer Gemeinschaft, die zusammengehalten und aneinander gebunden ist - […] durch ein Vorhaben, auf das die Vielen sich geeinigt haben und um dessentwillen sie sich durch Versprechen aneinander gebunden haben -, zeigt sich in der fraglosen Überlegenheit gegenüber allen Gruppen, die so "frei" sind, daß kein Versprechen sie bindet und kein Vorhaben sie zusammenhält. [14]

Hannah Arendt denkt also an eine Vermehrung von Macht durch erzieltes Einverständnis und außerdem speziell durch die bindende Kraft der auf solcher Grundlage gegenseitig geleisteten Versprechen, wobei Arendt ausdrücklich von Verträgen [15] spricht. Dieser im weitesten Sinne konstitutionelle Gedanke liegt offenbar nicht so entfernt von jener Auffassung, die in Abschnitt IV Habermas zugeschrieben wurde: dem Gedanken, daß eine Gesellschaft (einschließlich deren politische Prozesse) sich teilweise als ein kooperatives Projekt verstanden werden kann, in dem der auf Freiwilligkeit und Vertrauen beruhende Willen zur Überzeugung stärker ist, als der zum Zwang.

Zwar besteht Habermas darauf, daß alles freiwillig erzielte Einverständnis prinzipiell von provisorischer Natur ist und das dies auch für die in die Verfassung aufgenommenen Prinzipien gilt. Sein Gedankengang verneint jedoch keineswegs, daß die Bildung einer Verfassung möglich sei, wie er ebenfalls nicht verneint, daß die Prinzipien für die Herausbildung einer Verfassung von fundamentaler Natur sein können. [16] Wie bereits ausgeführt, betont er im Gegenteil, daß die Gültigkeit von gewissen grundlegenden Ideen der amerikanischen und französischen Revolution seit damals durch normative Diskurse bestätigt und gefestigt wurden, was für ihn bedeutet, daß deren Charakter als grundlegend verstärkt wurde. Weiterhin muß beachtet werden, daß Arendt schreibt: "Macht besitzt eigentlich niemand, sie entsteht zwischen Menschen, wenn sie zusammen handeln, und sie verschwindet, sobald sie sich wieder zerstreuen." (Abschnitt V). Da Menschen sterben, kann der letzte Teil des Satzes auch als Hinweis darauf verstanden werden, daß für eine dauerhafte Erhaltung von Macht immer neue Generationen zusammenkommen müssen und sich bindend einigen. [17] Habermas hätte hinzugefügt: ausgehend vom zwanglosen Zwang des besseren Arguments. [18]

Will man die Tiefenschärfe im Denken von Habermas zur Macht verstehen, reicht aber dieses Schlüsselargument zur Machtsteigerung durch diskursiv vermitteltes Einverständnis alleine gar nicht aus. Deshalb wollen wir zuerst einen Umweg über andere Themen, unter anderem das der sanktionsgetützten Macht, einschlagen. Das angestrebte Ziel dabei ist es sozusagen, durch einen Höhenpass der habermasschen Theorie des kommunikativen Handelns [19] zu kommen, der erst in einer längeren Darstellung zu erreichen ist. Ohne die Möglichkeit der Machtsteigerung durch kommunikatives Handeln und Diskurs, ohne die Fähigkeit der kommunikativen Macht, sich selbst zu steigern, kann man aber nicht den Pass überqueren. Dieses Thema wird also wieder, in einem breiteren Kontext, einzuholen sein, damit unsere Argumentation abgeschlossen werden kann. [20]

 

 

IX

Um den Gedanken der Machtsteigerung besser verständlich zu machen, soll parallel dazu ein berühmter Gedankengang aus der Wirtschaftstheorie herangezogen werden, der seine berühmteste Ausformung bei Adam Smith bekam. Die Überlegung geht bekanntlich davon aus, daß wirtschaftliche Konkurrenz den Reichtum einer Gesellschaft vermehre, so daß auf längere Sicht mehr Mittel zur Verteilung entstehen - auch auf die Verlierer in der Konkurrenz (untere Gesellschaftsschichten) - als wenn keine Konkurrenz herrsche. Auch wenn jedermann ausschließlich durch sein Eigeninteresse motiviert wird, wirkt sich das Resultat des wirtschaftlichen Konkurrenzkampfes indirekt trotzdem als Zusammenarbeit aus, weil der zunehmende Reichtum nach und nach die Chancen verbessert für ständig mehr Leute. Eine kapitalistische Wirtschaft im Wachstum ist kein wirtschaftiches Nullsummen-Spiel.

Das verstand auch Karl Marx, trotz seiner Verelendungstheorie. Marx wollte die von der frei konkurrierenden Wirtschaft in Bewegung gesetzte Welle wirtschaftlichen Wachstums nutzen, um nach dem stürmischen Zwischenspiel von kapitalistischer Krise und sozialistischer Revolution dann zur Überflußepoche der allgemeinen Zusammenarbeit und Planwirtschaft zu gelangen. Dies glückte nicht, doch hat die von Marx mitbegründete Arbeiterbewegung dazu beigetragen, Grenzen für die wirtschaftliche Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft zu ziehen; Grenzen, die ihrerseits wiederum das wirtschaftliche Wachstum unterstützen und auf diese Weise dazu beigetragen haben, sehr viele reicher zu machen.

Ein Versuch, diese Entwicklung zu rechtfertigen, findet sich in John Rawls' Theorie der Gerechtigkeit, genauer gesagt, in seinem zweiten Gerechtigkeitsprinzip, dem Prinzip des Unterschieds. Dieses Prinzip beinhaltet sehr verkürzt ausgedrückt, daß wirtschaftliche Ungleichheit nur dann gerechtfertigt werden kann, wenn es denjenigen, welche durch diese Ungleichheit am meisten benachteiligt werden, trotzdem besser geht, als wenn die Ungleichheit nicht existiere. Im Gedankengang wird offenbar eine gewisse 'Gnadenzeit' eingeräumt, so daß das wirtschaftliche Wachstum überhaupt die Chance erhält, sich zu entfalten. Aber Rawls (Rawls 1972, S. 179 - 183) hat sein Prinzip als eine Explikation dessen aufgefasst, was der kantische Gedanke, daß jedermann jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel behandelt werden soll, auf ökonomischem Gebiet heute zu bedeuten hat. Kant, Anhänger des wirtschaftlichen Laissez-faire-Prinzips in der Zeit, wo der Kampf gegen die feudale Standesordnung auf der Tagesordnung stand, hat seinen Gedanken nicht so expliziert.

Das Verhältnis zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Gerechtigkeit ist jedoch ein zu komplexes Thema, als daß hier weiter darauf eingegangen werden kann. Stattdessen stelle man sich einen Markt von Verkäufern und Käufern vor, die alle ausreichend genug besitzen, um sich am Spiel von Angebot und Nachfrage zu beteiligen. Man nehme ferner an, daß gewisse grundlegende Regeln betreffs des Eigentums und der Verträge eingehalten werden, so daß sich eine friedliche Konkurrenz entfaltet. Diese Konkurrenz wird also nicht durch Krieg oder Situationen bedroht, in denen die Teilnehmer am Markt ihren Profit aus gegenseitigem, systematischem Diebstahl ziehen oder in denen mafiaähnliche Drohungen dazu führen, daß einige Teilnehmer sich einen parasitären Anteil vom Profit der anderen aneignen. Ebenso wird angenommen, daß die Bildung von Monopolen als tendenzielle Ausschaltung der Konkurrenz unterbunden wird.

Kommen wir zu einer zentralen Annahme in Smith's Überlegungen zum wirtschaftlichen Wachstum zurück; daß nämlich die Teilnehmer am Markt innerhalb dieser Rahmenbedingungen von nichts anderem motiviert sein müssen als dem Eigeninteresse. Mit einem Ausdruck aus der Terminologie von Habermas kann man formulieren, daß die Teilnehmer am Markt sich in strategischem Handeln engagieren. Was ist mit diesem Begriff gemeint?

 

X

Für das Verständnis von Habermas' Begriff des strategischen Handelns ist nicht die Unterscheidung zwischen taktischer und strategischer Aktivität entscheidend,auch wenn die Fähigkeit zu langsichtigem und strategischem Denken selbstverständlich von großer Bedeutung für die Wahrnehmung eines wohlverstandenen Eigeninteresses sein kann. Das entscheidende Element ist das Verhältnis zu den anderen Teilnehmern am Markt.

Habermas unterscheidet zwischen dem instrumentellen Handeln im einfachen Sinn einerseits, wo es (nur) um das Verhältnis zur äußeren Natur geht, und dem strategischen Handeln andererseits, wo es (auch) um das Verhältnis der Akteure untereinander geht. Strategische Akteure müssen selbstverständlich die Handlungsfähigkeit anderer Akteure berücksichtigen, ihre Fähigkeit besitzen, bewußt in die Welt einzugreifen und dadurch einen Unterschied zu machen. Diese Berücksichtigung bezieht sich nicht allein darauf, daß man durch Erfahrung und Information das Handeln anderer Akteure bis zu einem gewissen Grad voraussagen kann; die Erwartungen, die z.T. dadurch enstehen, beziehen auch die Erwartungen anderer Akteure gegenüber dem eigenen Verhalten mit ein. Hat man erfahren, was andere als typisch für die eigenen Erwartungen ansehen, braucht man normalerweise nicht nachzuprüfen, ob dies faktisch auch das Handeln bestimmt: Es kann als eine Art Wissen vorausgesetzt werden, wie man es keinesfalls von anorganischer Natur besitzen kann.

Das Verhältnis zwischen den strategischen Akteuren ist mit anderen Worten ein soziales; ein Verhältnis, das darauf beruht, daß man versteht, was andere verstehen und nicht nur versucht, dessen Handeln vorherzusagen. Das Verhältnis ist, trotz des durch das Eigeninteresse motivierte Verhalten des Einzelnen, sozial. Die Akteure haben - im Unterschied zum Fall des kommunikativen Handels - kein Zeil, auf das sie gemeinsam zuarbeiten. Der einzelne verhält sich zum anderen wie zu jemanden, dem gegenüber man Rücksicht nehmen muß, wenn man das eigene Handlungsziel erreichen will; entweder indem man andere aktiv als Mittel für den eigenen Zweck benutzt; oder indem man sich den anderen anpasst als Bedingung für das Erreichen eigener Ziele. Das Verhältnis zu anderen ist also in einem gewissen Sinne ein instrumentelles, auch wenn dies bedeuten kann, das man sich anderen anpaßt, statt sie aktiv als Mittel zu benutzen.

 

XI

Im Ausgangspunkt (Abschnitt X) wurde vorausgesetzt, daß die Konkurrenz nicht durch gewalttätige Sanktionen gestört werden. Im Hinblick auf die Argumentation soll diese Voraussetzung nun geschärft werden: nehmen wir an, das Verhältnis zwischen Anbietenden und Nachfragenden ist nicht so, daß ein sogenanntes 'ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann' (siehe Abschnitt I) als Ausdruck von Machtgebrauch interpretiert werden kann. Welche Situation wird damit geschaffen?
In einem solchen Fall kann von einer Form der macht- und herrschaftsfreien Kommunikation zwischen den Teilnehmern am Markt gesprochen werden, in der also die Präferenzen - was ich kaufen will, was ich verkaufen will - entscheiden und nicht Gewalt, Zwang oder Androhung von Sanktionen. Hierbei handelt es sich nicht um den Typ herrschaftsfreier Kommunikation, für den Habermas als Theoretiker bekannt wurde und bereits mit Hilfe der Begriffe kommunikatives Handeln und Diskurs abgehandelt wurde. Herrschaftsfreie Kommunikation im Sinne von Habermas wirkt durch den zwanglosen Zwang des besseren Arguments, sofern wir von Diskursen reden; diese herrschaftsfreie Kommunikation führt dann zu kommunikativer Macht, wenn der Diskurs in ein Einverständnis mündet, das als eine gemeinsame Arbeitsgrundlage dienen kann.

Mit Einverständnis ist hier vor allem die Einigung über die Gültigkeit von gewissen verpflichtenden Normen gemeint, die über den Interessenhorizont des einzelnen in Richtung Gemeinschaft weisen. Wie bereits in Abschnitt IV angesprochen, kann selbstverständlich nur dann zusammengearbeitet werden, wenn eine Reihe von Tatsachen gemeinsam anerkannt wird und gegenseitiges Vertrauen herrscht. Vergleicht man aber die herrschaftsfreie Kommunikation im Sinne von Habermas mit der herrschafstfreien Kommunikation der Teilnehmer am Markt, dann erscheint das normative Einverständnis als wichtigstes Element. Denn selbst wenn die Markt-Teilnehmer nicht über alle faktische Verhältnisse übereinzustimmen brauchen, und selbst wenn sie einander ab und zu täuschen, so kann ein Markt ohne eine Übereinstimmung in bezug auf normatuve Verhältnisse nicht funktionieren. In dem rein strategischen Modell aber, das hier für das Markthandeln angenommen wird, ist ein durch Diskurs und kommunikatives Handeln erreichtes normatives Einverständnis nicht zu haben. Es wird analytisch scharf differenziert zwischen einer Übereinstimmung in den Erwartungen - und den Erwartungen über die Erwartungen -, die das Verhältnis zwischen strategischen Akteuren auf der einen Seite prägt, und das kommunikativ erzielte Einverständnis auf der anderen.

Die durch die Einigung auf verpflichtende Normen motivierte Zusammenarbeit ist zwischen den rein strategischen Akteuren nicht vorzufinden. Zwar gilt die Übereinstimmung zwischen diesen Akteuren auch für normative Verhältnisse, jedoch lediglich in dem Sinne, daß man sich zu
den Wirkungen faktisch funktionierender Normen adaptiv verhält,

als Grundlage für eigene Erwartungen in bezug auf das, was faktisch geschehen bzw. erwartet wird. Da Kommunikation und gemeinsames Handeln zwischen strategischen Akteuren nicht durch freiwillige, diskursiv vermittelte Einsicht in die verpflichtenden Normen einer Gemeinschaft motiviert ist, kann von solcher Interaktion auch nicht gesagt werden, daß es in kommunikative Macht mündet.

 

XII

Soviel zur Unterscheidung zwischen zwei Formen von herrschaftsfreier Kommunikation: die eine baut auf freiwillige Präferenzen auf, die andere auf der Freiheit, die Stärke der Argumente zu überprüfen. Nur diese zweite Form herrschaftsfreier Kommunikation mündet in kommunikative Macht.

Warum wird aber dann als Einfallswinkel für den Gedanken, daß kommunikative Macht das Verständnis von Macht als einem Nullsummen-Spiel überwinden kann, die Parallele zum Gebiet des wirtschaftlichen Wachstums gezogen? Soll dies dahingehend verstanden werden, daß kapitalistisches Wirtschaftswachstum sich nicht auf Macht gründet, selbst wenn es wachsenden Wohlstand für alle erzeugt? Während eine demokratisch-politische Ordnung auf der Grundlage von Zusammenarbeit und diskursiver Prüfung alle mächtiger macht?

Nun ist die erste Frage selbstverständlich eine rein rhetorische, die ein lautes Nein provozieren soll, und dies nicht nur, weil Marx einer der Ausgangspunkte des Denkens von Habermas ist. Selbstverständlich beruht die kapitalistische Wirtschaft in großem Umfang auf Macht, auf sanktionsgestützter Macht. Die oben (Abschnitt XI) genannte Voraussetzung, daß ein 'Angebot, daß man nicht ausschlagen kann' kein Ausdruck sanktionsgestützter Macht sein soll, ist selbstverständlich unrealistisch. Dies zeigt sich am deutlichsten auf dem Arbeitsmarkt und in dem Machtfaktor, der sich in der Möglichkeit der Betriebe zeigt, Mitarbeiter entlassen zu können. Marx behauptete, der Proletarier besäße die Freiheit, sich der Herrschaft des einzelnen Kapitalisten zu entziehen, jedoch nicht der Herrschaft der kapitalistischen Klasse. Der Proletarier benötigte die Arbeit, und da die Bedingungen überall Ausbeutung und Erniedrigung beinhalteten, war die Freiheit des Arbeitsmarkts in der Realität keine. Nun hat sich seit Marx' Zeiten in großen Teilen der Welt die Situation zwar verändert, jedoch trifft seine Auffassung auch heute noch teilweise zu. Selbst wenn die Verhältnisse sich gebessert haben und heute auf dem Arbeitsmarkt reale Freiheit herrscht, zeigt sich in dem Umstand, daß jemand seine Arbeit verlieren kann, wenn er den Erwartungen der Firmenleitung nicht entspricht, ohne Zweifel die sanktionsgestützte Macht. [21]

Marktwirtschaftliche Ordnungen sind also heute wie früher keinesfalls machtfreie Ordnungen. Dies wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, daß am Markt nicht nur Konsumenten und Verkäufer teilhaben, sondern auch Firmen, also formale Organisationen, in denen Sanktionsmacht in den Führungspositionen ausgeübt wird.


XIII

Wir haben an Selbstverständliches erinnert. Wenden wir uns aber noch einmal den Voraussetzungen für einen Markt ohne sanktionsgestützter Macht zu, auch damit nach und nach besser einsichtig wird, was diese Erinnerung bedeuten soll.

Machen wir die Annahme einer herrschaftsfreien Kommunikation des Marktes [22] zwischen eigennützig handelnden strategischen Akteuren, so wie wir oben eine Form von herrschaftsfreier Kommunikation zwischen kooperativen Akteuren, die durch ein gemeinsames Interesse motiviert werden, angenommen haben. Gehen wir aber nicht, aus den gerade erwähnten Gründen, davon aus, daß die herrschaftsfreie Marktkommunikation frei von einer Lenkung durch sanktionsgestützter Macht ist. Machen wir aber trotzdem die Annahme ihrer Existenz, als eine wichtige soziale Erfahrung in unserer Gesellschaft. Wie sieht sie aus?

Wer sich mit ausreichend Geld in einen Supermarkt begibt, wird rasch die 'Qual der Wahl' erleben. Sodann kann man sich von einem teuren 'Angebot, das Sie nicht ausschlagen können' verführen lassen oder aber einen Billiganbieter aufsuchen. Man kann den Tante Emma-Laden an der Ecke mit dem kleineren Warenangebot wählen, wo sich andererseits jedoch Zeit für ein kleines Gespräch findet. Will man ernsthaft um Preise feilschen, kann man notfalls nach Kairo reisen. Besitzt man reichlich Geld, kann man sich auch von Verkäufern, die sich fast wie Diener aufführen, fürstlich bedienen lassen. Übrigens braucht es sich dabei gar nicht um so viel Geld zu handeln, denn einem Verkäufer kann schon ein kleineres Ziel durchaus eine 'Untertänigkeits-Messe' wert sein.

Der Punkt ist immer der gleiche: Das Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer ist - wenn man es sagen darf - herrschaftsfrei, und zwar so, daß für die Teilnehmer normalerweise keine moralische Pflicht besteht, einen Diskurs einzuleiten, sollte ein hartnäckiger Dissens über Preis und Qualität entstehen. Ich kann kaufen, ich kann es jedoch auch sein lassen; du kannst verkaufen, aber du kannst es ebenfalls sein lassen. Zwar kann der Verkäufer von der Firmenleitung die sanktionsgestützte Anweisung bekommen haben, informelle Beschwerden freundlich entgegenzunehmen, jedoch wird hier von solcher Machtausübung abgesehen. Was formell eingereichte Klagen angeht, so handelt es sich hier um die Interpretation der vertraglichen Grundlage des gemeinsamen Handelns und gehört zu guter letzt ins Rechtssystem, oder eventuell in einem verbraucherpolitischen Zusammenhang, wo mögliche Rechtsänderungen erwogen und in den politischen Prozess gebracht werden. Aber auch das gehört nicht unmittelbar zu dem hier abgehandelten Thema. Selbstverständlich kann man sich über die Macht der Reklame und die Machtlosigkeit des kleinen Verbrauchers unterhalten, oder über die geizige Ausbeutung der Dritten Welt von westlichen Touristen mit Hilfe von Backpacker-Reisehandbüchern wie "Lonely Planet" reden. Die soziale Erfahrung ist jedoch unbestreitbar allgegenwärtig: Take it or leave it.

Wie in Abschnitt I ausgeführt, beruht sanktionsgesützte Macht, nicht nur kommunikative Macht auf Kommunikation; jedoch auf Kommunikation, die dem Androhen von Sanktionen dient. Die Kommunikation wird zwar auf das Erreichen dieses Ziels hin beschränkt und standardisiert und steht damit in einem Gegensatz zu Situationen, wo Menschen sich treffen und kooperatives Handeln entsteht, das auf Annahmen, akzepierte Normvorschläge und Argumente, einschließlich der Möglichkeit des diskursiven Abbruchs, beruht.

Wie für den herrschaftsfreien Markt, stellt sich die Frage im gewissen Sinne auch hinsichtlich der sanktionsgestützten Macht: Take it or leave it. Hier entscheidet jedoch nicht das freiwillige Angebot oder die freiwillige Nachfrage, sondern die Androhung von Sanktionen bzw. deren Glaubwürdigkeit, ausserdem auch der Grad der Hartnäckigkeit des Machtunterlegenen. Wie in Abschnitt I bemerkt, ist es für bestimmte Menschen in bestimmten Situationen von Bedeutung, über die Freiheit zu reden, selbst wenn die Alternative zur Unterwerfung unter dem Machtüberlegenem nur der Tod ist. Deshalb besteht ein grundlegender Zusammenhang zwischen Machtausübung und Wahlfreiheit, der nur verschwindet, wo die Macht den Charakter von reinem Zwang annimmt.

Auf der anderen Seite existiert ein klarer Unterschied zwischen herrschaftsfreien Märkten und sanktiongestützter Macht: Während es sich im ersten Fall im wesentlichen darum handelt, daß die Wahlfreiheit der Käufer durch eine qualitativ wie quantitativ vermehrte Anzahl von frei wählbaren Alternativen erhöht wird, handelt es sich im zweiten Fall darum, die Wahlfreiheit mehr oder weniger drastisch einzuschränken. Gemeinsam ist beidem - sieht man vom reinen Zwang ab - die Notwendigkeit zu wählen, selbst wenn das dramatische Element der Wahlsituation verschwindet bei Routinekäufen, wie auch bei einem routiniert der Möglichkeit für Zwang angepaßtem Verhalten (siehe Abschnitt I). Während jedoch der Teilnehmer am Markt problemlos jederzeit 'can walk away' vom Angebot, wird andererseits in Form von erfahrenen Sanktionen dafür 'bezahlt', daß ein 'Angebot, das man nicht ausschlagen kann' verweigert wurde, wenn es denn ein Angebot ist, das mittels Santionsmacht durchgesetzt wird.

 

XIV

Talcott Parsons und Niklas Luhmann haben - zum Teil ziemlich verschiedene -Theorien über Kommunikationsmedien in der modernen Gesellschaft entwickelt, unter anderem auch Theorien des Geldes und der (teilweise sanktionsgestützten) Macht. Jürgen Habermas hat zentrale Teile der Einsichten beider Theoretiker übernommen, sie jedoch ebenfalls an mehreren Punkten einer kritischen Analyse unterzogen. Was Geld und Macht betrifft, konzentrierte er sich in der Theorie des kommunikativen Handelns vor allem auf die Arbeiten von Parsons. [23] In Habermas' zweitem Hauptwerk über das Recht und den demokratischen Rechtsstaat, in Faktizität und Geltung, nehmen auch Luhmanns Betrachtungen zur Macht einen zentralen Platz ein. [24] Vorliegende Arbeit konzentriert sich jedoch auf das Resultat von Habermas' Kritik an Parsons.

Was den Ausdruck 'Kommunikationsmedium' betrifft, so verweist 'Medium' in diesen Theorien nicht auf die massenhafte Verbreitung in Verbindung mit dem gedruckten Wort, Radio, Film, Internet usw., selbst wenn die Medien, von denen hier gesprochen wird, ihrerseits solche Verbreitungsmedien nutzen. Aber um Technik handelt es sich hierbei trotzdem in einem gewissen Sinne, wir können genauer sagen: um eine Sozialtechnik, weil das Technische sich direkt auf den Charakter der Sprachverwendung bezieht, und nicht in erster Linie auf die Verbeitung durch materielle Träger. [25] Es handelt sich um sozialtechnische Kommunikationsmedien, weil, wie oben angedeutet, die sprachliche Kommunikation im Vergleich mit dem vollen Repertoire sprachlicher Kommunikationsmöglichkeiten auf eine Standardsituation vereinfacht ist. Was das Geld betrifft, so geht es hierbei eigentlich nicht darum, zu diskutieren, ob der Preis einer Ware gerecht ist, denn ist er zu hoch, werden die Verbraucher normalerweise den Anbieter damit strafen, daß sie das Angebot verwerfen - durch den "exit", wie Albert Hirschmans berühmter Terminus lautet (Hirschman 1970). Hinsichtlich der Macht geht es auch nicht darum zu diskutieren, inwieweit der eventuelle Einsatz von Sanktionsmitteln legitim ist. Zwar ist es hier naheliegend, auf jeden Fall auf staatlichem Niveau, auch an den kritischen Protest zu denken, also daß, was Hirschman mit 'voice' bezeichnet. Darauf wird später noch einmal zurückgekommen. Aber funktioniert ein Medium als Medium, so ist die Kommunikation standardisiert und die Alternative lautet in der Praxis, entweder zu gehorchen oder Sanktionen ausgesetzt zu werden.

Nun wurde oben von der herrschaftsfreien Kommunikation des Markts und nicht vom Geld gesprochen. Trotzdem handelte es sich um ein Stück "Philosophie des Geldes" ( vgl. Simmel 1900/1989). Es ist also das Geld als generelles Tauschmittel, und nicht der konkrete Tausch von Naturalien und Dienstleistungen, das die modernen Märkte in kräftige, sozialtechnische Machtmittel verwandelt, mit deren Hilfe die verschiedensten Wünsche und Bedürfnisse befriedigt werden kann. Zur Wirkungsweise des Geldes gehört ferner den oben beschriebenen Typus standardisierter, herrschaftsfreier Kommunikation, deren man sich selber bedient oder von der man auf dem Markt der Möglichkeiten gelockt und dann mit seinem freien und unbehinderten Beschluß alleine gelassen wird: Take it or leave it.

Es kann von einer herrschaftsfreien Freiheit der Wahl gesprochen werden, die offenbar eine biologische Basis darin hat, daß der Mensch im geringeren Maße als die Tiere durch Instinkte bestimmt wird; daß wir eine besser entwickelte Fähigkeit zum Phantasieren besitzen und zum Festhalten dessen in der Erinnerung, was nicht gerade augenblicklich präsent ist. Trotzdem handelt es sich, wie Marx bereits ausdrücklich betonte, nicht um eine ewige Naturbasis für die Gesellschaft, eine Art gesellschaftliche Natur, sondern ganz im Gegenteil, um eine historisch entstandene Kommunikationsstruktur, eine sich langsam entwickelnde Spezialsprache, deren Kunstfertigkeit verblüfft - nicht zuletzt wenn man all die neuen Möglichkeiten, all die unwahrscheinlichen, raffinierten Bedürfnisse bedenkt, die das wirtschaftliche Wachstum mit sich bringt. Das allmählich für ständig mehr Menschen bedeutsame Heranwachsen einer solch herrschaftsfreien Sozialtechnologie ist6 bekanntlich Han in Hand gegangen mit den materialtechnologischen Revolutionen, die das Leben ständig mehr virtuell erscheinen lassen, als ständig mehr geprägt von Möglichkeiten und damit ständig mehr von einer individuell zu treffenden Wahl.

 

 

XV

Was ist aber mit der Macht? Kann Macht als ein Stück Sozialtechnologie verstanden werden? Bis zu einem bestimmten Grad, meint Habermas, und die Begründung wird nach und nach dargestellt werden. Auf der anderen Seite gehört zu seiner Theorie auch, daß , insofern man Macht als sozialtechnisches Medium denkt, Machtverhältnisse nicht im Sinne eines herrschaftsfreien Verhältnisses aufgefaßt werden kann. Das Medium Macht stellt nicht wie das Geld ein Stück herrschaftsfreie Sozialtechnologie dar und ist auch nicht einfach identisch mit kommunikativer, herrschaftsfreier Macht.

Eine solche Auffassung kann wie eine Selbstverständlichkeit wirken, aber hier geht es um die Genauigkeit des Verstehens, was Anlass gibt, sie für eine Weile weniger selbstverständlich zu machen. Man sehe den hier diskutierten Typ sanktionsgestützter Macht als so herrschaftsfrei wie möglich an, ohne dabei die kommunikative, herrschaftsfreie Macht überhaupt einzubeziehen. Wir machen also vom Gedanken eines freiwillig erzielten Einverständnisses, das auf dem Willen beruht, einander eher zu überzeugen als zu zwingen, keinen Gebrauch. Auch soll nicht eine Art gegenseitiger Wahlfreiheit im Sinne des Mediums Geld vorausgesetzt werden, in der man zwanglos frei anbieten kann oder nicht bzw. das Angebot akzeptieren kann oder nicht. Gewiß setzt normalerweise auch sanktionsgestützte Macht eine solche Wahlfreiheit für den Machtunterlegenen voraus; hier geht es jedoch darum, die Wahlfreiheit einzuschränken und zum Gehorsam gegenüber dem Machtüberlegenen zu motivieren. Die Motivation soll aber nicht mit Hilfe von Argumenten erfolgen, sondern mit dem Androhen von Sanktionen. Was wäre unter solchen Bedingungen die herrschaftsfreieste Situation bei der Anwendung von Macht?

Ich bin hier versucht, zum Beispiel aus dem Fernsehen (Abschnitt VIII) zurückzugehen, in dem zwei Personen mit Pistolen um die Macht kämpfen und der Machtunterlegene eine geringe Unaufmerksamkeit des Machtüberlegenen dazu ausnutzt, die Situation plötzlich zu seinem Vorteil zu wenden. Wäre es nicht der Fall, daß die Eigenart sanktionsgestützter Macht nicht vor allem darin besteht, die Sanktion durchzuführen, also zu schießen, sondern darin, unbehindert mit Sanktionen drohen zu können, so hätte man vielleicht von einer Ur-Situation des Western-Genres sprechen können; aber selbst wenn Westerns Gewalt- und nicht nur Machtfilme sind, so ist auf jeden Fall das Punktuelle, das Situationsbedingte, das anarchisch Wechselnde an solchen Situationen wie das des Beispiels, charakteristisch für das Lebensgefühl des Western-Genres. Es handelt sich sozusagen um einen Naturzustand, in dem das Leben der meisten wahrscheinlich "nasty, brutish and short" (Hobbes) ist, das der Einzelne trotzdem als wild wie wunderbar im Sinne anarchistischer Freiheit und damit frei von stabiler Herrschaft erleben kann, als sinnvoll gerade durch die Gefahr.

Selbstverständlich sind auch raffiniertere Versionen des gleichen Naturzustands denkbar, z.B. auf dem sexuellen Markt mit seinen 'gefährlichen Verbindungen', wo Sanktionen eher aus dem Verrat von Geheimnissen und ähnlichem bestehen. Aber abgesehen davon, daß dieses Beispiel ohne eine gewisse freiwillige Nachfrage als Grundkomponente nur schwer vorstellbar ist, kann ja auch diese Version mit der Benutzung von Waffen enden; und da es sich hierbei eher um Macht und Selbstbestätigung handelt, als um die freiwillige Unfreiwilligkeit der Hingabe, kann man fragen was herrschaftsfreier ist: das Wilde und Brutale oder das Zivilisierte und Infam-Grausame.

Der Punkt ist der gleiche: Wo nur über Sanktionen verfügt wird und nicht die Möglichkeit besteht, von Argumenten überzeugt zu werden, ist Freiheit von Herrschaft nur als eine Art Anarchie der Macht und Selbstbestätigung vorstellbar; ein Zustand, in dem die Machtverhältnisse im nächsten Augenblick buchstäblich auf den Kopf gestellt werden, so daß sich eine stabile Herrschaft nicht entwickeln kann.

Nun ist es natürlich nicht eine solche Freiheit von Herrschaft, welche Habermas zu verteidigen sucht. Ganz im Gegenteil können wir von hier aus erkennen, daß Habermas die Berechtigung des Gedankens einer staatlichen Herrschaft [26] als notwendige Bedingung für die Möglichkeit der Demokratie anerkennen muß. Einer der Ausgangspunkte für Habermas liegt bei Marx, und er hat für Marx stets einen großen Respekt bewahrt. Gerade deswegen muss man aber betonen, daß Habermas nicht nur ein Realitätselement in dem verteidigt, was wir den Gedanken einer herrschaftsfreien Kommunikation zwischen strategisch eingestellten Markt-Akteuren nannten; er steht auch dem Gedanken eines möglichen Absterbens des Staates fern. Nun denkt Habermas selbstverständlich an eine rechtsstaatliche Ordnung, in der - unter anderem - alle vor dem Gesetz gleich sind. Wie bereits erwähnt, bezieht sich Habermas zusätzlich darauf, daß die soziale Ordnung einer Demokratie prinzipiell ständig offen für die herrschaftsfreie Überprüfung im Lichte möglicher Gegenargumente und Alternativen sein sollte (siehe Abschnitt II und VI). Habermas ist jedoch auch Theoretiker einer staatlichen Herrschaft und dies gerade im Hinblick auf sein Gedankenmotiv der Herrschaftsfreiheit.

Stellen wir aber trotzdem genauer die Frage: warum? Als antiautoritäre Provokation formuliert: Wird nicht Habermas - trotz all der radikalen Rhetorik - unter dem Strich durch seine Umarmung des Staats in der Realität zu einem defensiven Theoretiker, der nach einem sanktionsgeschützten Freiraum für herrschaftsfreie Kommunikation sucht und sich damit begnügt? Kann es sein, daß die herrschaftsfreie Kommunikation in der Realität nicht mehr darstellt, als das Kind einer Übermacht, die sich über den anarchischen Naturzustand erhoben und stabilisiert hat als Herrschaft? Handelt es sich im Grunde genommen um eine Neuauflage von dem, was Thomas Mann in seiner Charakteristik des unpolitischen Bürgers im wilhelminischen Reich mit "machtgeschützter Innerlichkeit" bezeichnete?


XVI


Die Fragen sind selbstverständlich wieder rhetorischer Natur und verlangen ein Nein, wenn man die habermasschen Intentionen ernst nimmt. Habermas wurde einem breiteren Kreis zuerst mit seinen kritischen Analysen von dem, was er als Entpolitisierung der Öffentlichkeit bezeichnete, bekannt (siehe Habermas et. al. 1961, Habermas 1962/1971); und trotz einer langen Karriere in der politischen Theorie unterscheidet sich der späte Habermas nicht auf dramatischer Weise vom jungen, wiewohl differenzierter und vielleicht etwas temperierter. [27] Wiederholen wir deshalb die eingangs gestellte Frage: Wieso ist Habermas ein Anhänger von staatlicher Herrschaft?

Eine grundlegende Antwort im Geiste Arendts ist die folgende: Damit die Macht aller Staatsbürger vermehrt werden kann, gemessen an dem, was in einem staatsfreien Zustand an Macht vorhanden wäre. Arendt und Habermas meinen beide, daß dieser Staat demokratisch sein muß, damit ein solche Vermehrung allen Bürgern zugute kommen kann. Um dies zu ermöglichen, müssen sich die Bürger in freier Zusammenkunft darüber einigen, sich durch Versprechen gegenseitig zu binden (siehe Abschnitt VIII). Diese Versprechen müssen auch das Errichten eines Staats im Sinne Max Webers einschließen, in dem das Monopol legitimer Gewaltanwendung innerhalb eines Gebiets von entscheidender Bedeutung ist. Wenn Macht - wie bei Arendt und Habermas - im gewaltfreien Sinne ermöglicht und vermehrt werden soll und wenn sie eine grundlegende Rolle in der Demokratie und bei der Demokratisierung spielen soll, dann muß sie sozusagen auf eine solche gewaltverhinderndene Konzentration von Gewalt sitzen. [28] Insofern ist die im letzten Abschnitt benutzte Formulierung von einem "sanktionsgeschützten Freiraum der herrschaftsfreien Kommunikation" vollständig zutreffend.

Nun ist das Gewaltmonopol unerlässlich im Kampf gegen Kriminalität und organisierte Kriminalität - und auch gegen terroristische Versuche, den Staat herauszufordern. [29] Jedoch reicht es für eine demokratische Verfassungswirklichkeit natürlich nicht aus. Die Bürger müssen außerdem politische Führungspositionen einrichten und Verwaltungen, welche die Beschlüsse der politischen Führung im Namen des Bürgers ausführt. Zusammen mit den Institutionen, welche das Gewaltmonopol verwalten (Heer, Polizei), stellen solche Verwaltungen sozusagen den verlängerten Arm der Führung dar, und der gesamte Komplex dann die staatliche Herrschaft. Danach wird der Führung eine Art 'Vertrauensvorschuß' [30] von - beispielsweise - vier Jahren gewährt. Das geschieht mittels allgemeiner, freier und heimlicher Wahlen, in denen alternative Wahlmöglichkeiten präsentiert wurden und das Mehrheitsprinzip gilt. Unerachtet dessen, ob man zur Mehrzahl oder Minderheit gehört, ist man nun bereit, die Beschlüsse der Führung zu akzeptieren, selbst wenn bei Dissens Kritik ausgedrückt und in besonderen Fällen eventuell zum Mittel des zivilen Ungehorsams gegriffen werden darf. Diese Qualifikationen sind für Habermas grundlegend. Zunächst einmal jedoch ist der Hauptpunkt, daß die Führung uns vertrauen kann: Wir fügen uns normalerweise deren Beschlüssen, selbst wenn wir nicht einverstanden sind. Warum tun wir das?

Weil wir eingesehen haben, daß eine demokratische Konstitution auf einer Arbeitsteilung beruht, wenn die Macht für alle vermehrt werden soll; und weil diese Arbeitsteilung bedeuten muß, daß einige in formelle Führungspositionen gewählt werden und damit die Befugnis erhalten, in unserem Auftrage zu beschließen und diese Beschlüsse - wenn notwendig - mit Sanktionsmacht durchzusetzen. Der Gedanke, daß die Macht für alle oder in jedem Fall für alle die zusammenarbeiten, erhöht werden kann, beruht also einem Verständnis von Gesellschaft als einem auf freiwillig akzeptierter Arbeitsverteilung beruhenden kooperatives Projekt. Leistet man gewalttätigen, politischen Widerstand gegen die von den meisten als legitim akzeptierten Ordnung, kann der 'Preis' vorausberechnet werden. Gleiches gilt für die gewöhnliche Kriminalität.

Die hier beschriebene Zusammenarbeit besitzt jedoch auch einen Konkurrenzaspekt, da um eine feste Anzahl von Machtpositionen, also eine gleichbleibende Summe gekämpft wird. Habermas rechnet damit, daß es sich dabei meist um eine Form des Machtkampfs handelt - strategisches Handeln in der Politik. Es handelt sich um einen Kampf zwischen und innerhalb von politischen Eliten, Parteien und Bewegungen. In diesem Kampf werden sowohl offenere wie auch subtilere Formen von sanktionsgestützter Macht als Mittel eingesetzt, während das Verhältnis zum Publikum eher darin besteht, dessen Bedürfnisse zu wecken, die dann mit Wahlversprechen vorläufig zufriedengestellt werden, was sodann zum Wahlerfolg führen kann. [31] Jedoch findet sich diese Kombination von der Anwendung sanktionsgestützter Macht und dem Versuch, das Publikum mittels einer Art Angebotspolitik zu manipulieren, trotzdem innerhalb einer auf Vertrauen und auf folgender eisernen Regel beruhenden Ordnung: Der Verlierer einer Wahl wirft den Gewinner nicht ins Gefängnis, schafft nicht die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ab usw.; und dies gilt ebenso für den Gewinner einer Wahl. Gewinner und Verlierer wechseln schlicht und einfach den Platz, und diese Konkurrenz kann dann auch als Teil einer Zusammenarbeit angesehen werden, die ihren Ausgangspunkt in den als legitim akzeptierten Regeln nimmt und Ausdruck erzielten Einverständnisse und der bindenden Kraft der Übereinkünfte ist.

 

XVII

So weit zu der Überlegung, daß die Möglichkeit für eine allgemeine Vermehrung der Macht zur Begründung von staatlicher Herrschaft verwendet werden kann. Jetzt soll noch einmal die in Abschnitt XV bereits angeschnittene Begründung staatlicher Herrschaft aufgenommen werden. Gefragt wurde, ob sanktionsgestützte Macht laut Habermas als eine Art Sozialtechnologie verstanden werden kann; geantwortet wurde: ein Stück weit. Gleichzeitig wurde auf Habermas' Beharren hingewiesen, sozialtechnische Macht nicht als identisch mit kommunikativer, herrschaftsfreier Kommunikation zu verstehen.

Aus der sich anschließenden Darstellung geht aber hervor, daß es sich keineswegs nur um eine Überlegung zum Charakter der Macht als sozialtechnologischem Kommunikationsmedium handelt. Zwar haben wir uns offenbar einen Schritt weiter im Rahmen dieser Überlegung bewegt, wenn wir eben darauf bestanden, daß das Medium Macht eine Situation mit stabilen Führungspositionen voraussetzt; dies im Unterschied zur Lage in Verbindung mit Geld und Markt (insoweit wie deren Analyse von Machtfragen abstrahiert). Bei der weiteren Erörterung wurde aber an einem entscheidenden Punkt (in Abschnitt XVI) auf den Gedanken zurückgegriffen, daß die Gesellschaft auf kooperativem, kommunikativem Handeln und damit auf kommunikativer Macht beruht. Zwar werden Gewaltmonopol und Führungspositionen mit der Möglichkeit der Sanktion errichtet. Außerdem ermöglichen die etablierten Spielregeln den demokratischen, politischen Kampf zwischen den strategischen Akteuren, welche sanktionsgestützte Macht in diesem Kampf gegeneinander einsetzen.

Trotzem haben wir jetzt - seit Abschnitt XVI - das Thema der kommunikativen Macht und deren Verhältnis zur Machterweiterung wieder eingeholt, das wir im Abschnitt VIII verliessen. Also sind wir jetzt in der Lage, den dort schon angekündigten Höhenpass der Theorie des kommunikativen Handelns zu überqueren. Welcher Pass?
Das ist schon im Begriff, geklärt zu werden, denn wir haben den Pass gewissermassen schon überquert, sozusagen auf Erkundungstour. Das Problem ist: Wie ist es möglich, daß der Theoretiker einer herrschaftsfreien Kommunikation ein Gesellschaftsmodell legitimiert, in dem stabile Führungspositionen einen zentralen Bestandteil bilden, ohne sich einfach in die Obhut einer Gewaltherrschaft zu begeben? Wie ist es möglich, einen Staat zu errichten, in dem die Macht ständig als sozialtechnisches Medium dadurch funktioniert, daß die Untergeordneten Befehle von oben akzeptieren, und gleichzeitig eine Demokratie zu gründen ? Wie kann man eine Gesellschaft in die Höhe bauen, wenn das Grundprinzip für die Legitimierung dieser Gesellschaft eine freiwillig erreichte Einigkeit zwischen Gleichgestellten sein soll?
Wie konnte Habermas 1967 die Studentenbewegung davor warnen, eine Gewalt zu provozieren, die in ihrer sublimierten Form "notwendig in Institutionen impliziert ist" (Abschnitt V), also gegen Gewalt als Bestandteil der Sanktionsbasis von Institutionen warnen, um dann 1969 zu fordern: "Die Taktik der Scheinrevolution muß einer langsichtigen Strategie der massenhaften Aufklärung weichen" (Habermas 1981c, S. 259). Können auch die Massen sozusagen in die Höhe der Gesellschaft hinaufsteigen, ohne das hoch aufbebaute Gewaltpotential der Gesellschaft zu provozieren?

Die Antwort muss lauten: daran ist etwas Wahres, wenn nicht das Unmögliche erwartet wird und wenn man außerdem den Faktor Zeit wirken läßt, so wie die Entwicklung der westlichen Demokratien es de facto gezeigt hat. [32] In der systematischen Terminologie von Habermas ausgedrückt: Es ist möglich, das Machtmedium zu stabilisieren, das sich zentral auf die Möglichkeit der Gewaltanwendung als Sanktion beruft, wenn dieses Machtmedium nicht den Vorrang vor der kommunikativen Macht erhält. Kommunikative Macht muß, wie in Abschnitt II bereits angedeutet, den Vorrang gegenüber sanktionsgestützter Macht besitzen. Sanktionsgestützte Macht nimmt dann die Gestalt einer administrativen Macht im Dienste der Demokratie an, als Mittel der Demokratie und nicht als Zweck an sich. Sanktionsgestützte Macht kann im Rahmen von formalen Organisationen wie Staaten oder Betrieben, in denen die Leitung über Sanktionsmöglichkeiten verfügt, zu einem sozialtechnologischem Medium stabilisiert werden. Die damit zwischen den Mitgliedern der Gesellschaft entstehende Asymmetrie muß - wir werden noch sehen: wie - kompensiert werden, wenn das Medium legitim funktionieren soll.

Man müßte von illusionärer Politik sprechen, wenn man suggerieren würde, daß alle Bürger gleichzeitig oder nacheinander eine der notwendigerweise knappen Führungspositionen einnehmen könnten. Weder eine moderne Demokratie noch eine Marktwirtschaft können mit einer vollständig flachen Struktur funktionieren: Eine Demokratie nicht ohne rational vorhersehbar geführte bürokratische Apparate, die loyal [33] den Willen des Volkes ausführen; eine Marktwirtschaft nicht ohne initiativreich geführte, wenn auch oft bürokratisch schwere Betriebe, die benötigt werden, damit ein wirtschaftlicher Überschuss erzielt werden kann und die Kommunikation über Angebot und Nachfrage bis zum einem gewissen Grad herrschaftsfrei sein kann. [34]

Für das Verständnis des Gedankens der sanktionsgestützten Macht als administrativer Macht im Dienste der Demokratie bietet die regierungsgesteuerte Bürokratie des Staates selbstverständlich das beste Beispiel. Zumindest in parlamentarischen Regimen ist der zentrale Gedanke, daß das Volk seine Repräsentanten für die gesetzgebende Versammlung auswählt und daß das Parlament seinerseits die Regierung wählt, welche in gewisser Weise die Spitze des Staates darstellt oder genauer gesagt: die Spitze der administrativen Macht. Denn in letzter Instanz ist für Habermas das Volk - die Gemeinschaft der Staatsbürger - souverän, und da der Staat auf diese Weise der Staat der Staatsbürger ist, so ist in letzter Instanz das Volk die Spitze des Staates. Normalerweise sprechen wir von dieser letzten Instanz, wenn ein Volk wählt und begreifen im gleichen Atemzug, daß das Volk auf diese Art und Weise nur in der Ausnahmesituation der Wahl die Spitze sein kann, selbst wenn die Ausnahme - wie hier - geregelt wird.

Klarer wird dies, wenn die Macht - mit Arendts Worten - auf der Straße liegt und die Revolutionäre sich die Macht aneignen, während sie sich darauf berufen, das Volk zu sein. Denn selbst wenn dies tatsächlich stimmen sollte, und selbst wenn eine überwältigende Mehrzahl damit übereinstimmt, daß sie die Macht in die Hände nehmen sollen, so wird dies notwendigerweise lediglich von einer Minderheit ausgeführt, was wiederum bedeutet, daß es sich in der Praxis nur um informelle Volksvertreter handelt.

Normalerweise muß jedoch die Staatsspitze von den Repräsentanten des Volkes eingenommen werden. Im Unterschied zum Geld als einem sozialtechnischem Medium, daß auf der gleichen Wahlfreiheit von Anbieter und Nachfragenden beruht, ist Macht ein sozialtechnologisches Medium, das nicht nur die Kommunikation mit Hinblick auf eine Standardsituation vereinfacht; das Medium Macht setzt einen stabilen Machtunterschied zwischen Regierenden und denen, die regiert werden zwar nicht für alle Zeit voraus, jedoch für beispielsweise vier Jahre. Das Machtgefälle der Sanktionsmacht muß mit anderen Worten legitim sein. Das strukturelle Machtgefälle, das durch die Standardsituation des Mediums Macht selbst gegeben ist, muß durch eine Orientierung hin zu kollektiv erwünschten Zielen kompensiert werden, schreibt Habermas. [35] Was soll das bedeuten?

 

XVIII

In Abschnitt XVI wurde die repräsentative Demokratie mit Hilfe des Gedankens beschrieben, daß die Wähler den gewählten Anführern eine Art 'Vertrauensvorschuß' für eine Legislaturperiode gewähren. Der hier angesprochene Vertrauensvorschuß kann als Ausdruck dafür angesehen werden, daß das demokratische, politische System aller politischen Konkurrenz zum Trotz auf dem kooperativen, kommunikativen Handeln beruht. Oder mit anderen Worten: Der Vertauensvorschuss kann als Ausdruck dafür angesehen werden, daß die Demokratie auf einer kommunikativen Macht beruht, welche die Macht für alle steigert, selbst für die Verlierer der aktuellen Wahl. Ohne Vertrauen keine effektive Zusammenarbeit. Gleichzeitig handelt es sich hierbei um ein Vertrauen, welches für eine bestimmte Periode große Unterschiede der Sanktionsmacht 'in Kauf' nimmt. Warum? Weil eine solche Arbeitsteilung notwendig ist, da Unterschiede in der Sanktionsmacht als eine notwendige Arbeitsteilung im Rahmen einer gemeinsamen kommunikativen Macht angesehen werden. Es geht um eine Arbeitsteilung, die dem Durchsetzen von kollektiv erwünschten Zielen dienen soll, Zielen, deren Erfüllung allen zugute kommen soll.

In Abschnitt XVI wurde ebenfalls der Kampf politischer Eliten um die Gunst der Wähler mittels einer Angebotspolitik oder genauer gesagt: mittels einer sich gegenseitig überbietenden Sonderangebotspolitik beschrieben. Die Analogie zum Marktangebot entspricht selbstverständlich etwas Realem, können doch die Wähler vom Angebot der verschiedenen Parteien und Bewegungen wählen. Steht ein Gewählter am Ende seiner Regierungszeit und meinen die Wähler, daß sie nichts für ihren 'Vertrauensvorschuss' zurückerhalten haben, dann betreiben sie dadurch 'Schadensbegrenzung', indem sie den Betreffenden nicht wieder wählen.
Ist dies aber schon alles, was über die Kompensation der in der Sanktionsmacht als Institutionalisierung politischer Herrschaft enthaltenen systematischen Unterschiede gesagt werden kann? Handelt es sich einfach um Hirschmanns 'exit' (siehe Abschnitt XIV), wenn man bemerkt, daß der eigene Bedarf nicht zufriedengestellt wurde?

Nein, nicht ganz. Denn zwar muß eine politische Herrschaft nach ihren Leistungen beurteilt werden. Auch die Herrschaft kommunikativer Macht muß im Verhältnis zu den von ihr erreichten Zielen beurteilt werden, jedoch sind die Ziele in diesem Falle selbst Gegenstand von Kommunikation und dies nicht nur in Sinne des wirtschaftlichen Marktes, wo man frei wählen kann zwischen den Angeboten, die man anbieten will und denen, die man akzeptieren will. Denn selbst wenn sich jeder am Wahltag in seine Wahlkabine zurückziehen und eventuell für das stimmen kann, was der Betreffende unabhängig von einer Rücksichtnahme auf andere als sein Eigeninteresse auffaßt, funktioniert die demokratische Herrschaft keinesfalls nur auf diese Weise.

Neue Machthaber haben sich ja nicht für eine Herrschaft nach eigenem Gutdünken eine Periode mit demokratischer Friedhofsruhe erkauft. Ganz im Gegenteil; sie werden vom ersten Tag an in den Regierungsbüros kritisch beobachtet, selbst wenn der Gedanke eines Vertrauensvorschußes mitsamt der Tendenz, daß das Charisma des Gewinners nach seinem Wahlsieg wächst, oft zu einer Schonzeit führt. Wo die Teilnehmer an der herrschaftsfreien Kommunikation des Marktes einfacg die Möglichkei haben, ein Angebot auszuschlagen, haben die Teilnehmer einer politischen Wahl die Herrscher für eine ganze Legislaturperiode berufen, falls nicht Unvorhergesehenes geschieht. Mit der Benutzung des Mediums Geld kann man auf dem Markt auf jeden Fall in gewissem Sinne den Anbietern dadurch entweichen, daß man nicht kauft. Werden jedoch Herrscher mit Zugang zu den höchsten Positionen des Mediums Macht gewählt, muß die Asymmetrie in der Verteilung von Sanktionsmacht, die dadurch geschaffen wird, durch eine kontinuierliche, öffentliche Kritik kompensiert werden. Die Gewählten besetzen die Führungspositionen des Staates, der als Vollstrecker öffentlicher Gewalt verstanden wird und wo das Wort 'Gewalt' unter anderem die Gewalt- und Zwangsmittel anzeigt, über die man sich konstitutionell geeinigt hat. Die Rolle des Wählers nach der Wahl liegt in der Öffentlichkei als der " Sphäre der zum Publikum versammelten Provatleute...." [36] Die 'Waffen' der Öffentlichkeit begrenzen sich normalerweise auf die diskursive Kritik und - als eine Art Fortsetzung des Diskurses mit kommunikativem Handeln - eventuell den zivilen Ungehorsam.

Somit kann also gesagt werden, daß andauernde, öffentliche Kritik die Rolle als Kompensationsinstanz spielt im Verhältnis zur Rolle des Machtmediums im Aufbau Positionen politischer Herrschaft. Auch dies kann als Arbeitsteilung im Rahmen einer durch allgemeine Vereinbarung anerkannten, konstitutionellen Ordnung verstanden werden. So lange eine solche kritische Überwachung funktioniert, so lange können wir sagen, daß kommunikative Macht in ihrem Verhältnis zur sanktionsgestützter Herrschaft mit einer Art doppelten Sicherung operiert. Erstens verdanken die gewählten Führungskräfte - die mit mehr Macht als andere ausgestattet werden - ihre Macht einer konstitutionellen Ordnung, welche dank kommunikativer Macht, die Macht aller vermehrt. Zweitens können sie in der nachfolgenden Zeit kritisch von denen beobachtet werden, die sie gewählt haben. In dem Masse wie diese Sicherungen funktionieren, in dem Masse kann man davon reden, daß kommunikative Macht in einem bedeutungsvollen Sinne Vorrang vor administrativer Macht hat.

Was jedoch ist mit den wirtschaftlichen Führungskräften, die ebenfalls über bedeutende Macht verfügen, weil sie - mit Niklas Luhmanns Worten [37] - positive Sanktionen in negative umkippen können, wenn sie z.B. Geldauszahlungen verweigern? Wie in der Politik wird offenbar auch in der Wirtschaft sanktionsgestützter Machtgebrauch oft kommentarlos dadurch hingenommen, daß man sich fügt und weil andere das Wort nicht ergreifen. Wie in der Politik wird jedoch auch das als ungerecht empfundene Ausüben von Macht oft kommentiert. Daß die Ethik-Welle auch das Wirtschaftsleben erreicht hat, ist nicht gegen die Natur, sondern einfach ein Ausdruck dafür, daß normale sprachliche Kommunikation - und nicht nur die standardisierten Spezialsprachen für Geld und Macht - auch in der Wirtschaft eine wichtige Rolle spielt, wie sie selbstverständlich, wie sie selbstverständlich auch auf der politischen Spitze tut, und nicht nur in der Öffentlichkeit. Gewisse Rahmenbedingungen - zu Eigentums- und Vertragsrecht, Diebstahl und Gewalt, gegen ungerechtfertigte Kündigungen, gegen eine allzu lange Arbeitszeit und generell gegen unwürdige Arbeitsverhältnisse usw. - schafft trotzdem in grundlegendem Sinn der Gesetzgeber mit Hilfe des Rechtssystems; dies auch, wenn die Ideen zu solchen Rahmenbedingungen ihren Ursprung am Arbeitsplatz haben können und danach in der Öffentlichkeit artikuliert werden. Für den Bruch solcher Bestimmungen können Führungskräfte in der Wirtschaft, wie selbstverständlich auch politische Führungskräfte, straf- oder zivilrechtlich verantwortlich gemacht werden.

Die politische Führung eines Staates nimmt indessen eine spezielle Stellung insofern ein, daß sie für eine gewisse Periode als Führung des öffentlichen Monopols legitimer Gewalt gewählt wurde. Es ist nicht sicher, vielleicht sogar unwahrscheinlich, daß die politische Führung über den größten Anteil faktischer Macht verfügt; deshalb kreist die moderne öffentliche Diskussion auch beständig um solche Fragen. Trotzdem stellt diese Führung die legitim gewählte, demokratische Herrschaft der Staatsbürger dar, und das Verhältnis zwischen Bürgern und Führung zeigt deshalb das Verhältnis zwischen Macht als Kommunikationsmedium und als Legitimation schaffende kommunikative Macht auf eine besonders klare Weise.

 

 

XIX

In der politischen Theorie wird gewöhnlich vom Machtverteilungsprinzip zwischen gesetzgebender, ausübender und urteilender Macht gesprochen. Eine solche Machtverteilung, die durch Montesquieus Formulierung 'Macht hemmt Macht' oder in dem amerikanischen Ausdruck 'checks and balances' eine sinnvolle Interpretation erfährt, kann indessen auch als eine Art konstitutionelle Arbeitsteilung verstanden werden, wenn der Blick darauf gerichtet ist, die Macht für alle Staatsbürger zu erweitern. [38]

In diesem Zusammenhang kann es von Bedeutung sein, die Überlegung von Habermas zu einer neuen Machtverteilung "in der Dimension gesellschaftlicher Integration." [39] Mit diesem Ausdruck zielt Habermas nicht auf eine formale Verfassungsdiskussion, da das Recht der freien Kritik an die politische Führung und die öffentliche Gewalt ja bereits ein Teil der demokratischen Verfassung ist. Er richtet die Aufmerksamkeit auf eine zentrale Spannung zwischen der Öffentlichkeit als diskursiver Kontrollinstanz im Auftrage von gemeinsamen, normativen Überzeugungen auf der einen Seite und den Macht- und Geldspielen zwischen strategischen und von Eigeninteressen gesteuerten Akteuren in Wirtschaft und Machtpolitik bzw. Verwaltung auf der anderen Seite. Für diese Spannung wurden wie bereits genannt in der Theorie des kommunikativen Handelns zwei andere Termini benutzt, Lebenswelt (vgl. kommunikatives Handeln) und System (vgl. strategisches Handeln).

Zu dieser Sprechweise habe ich indessen einen Kommentar. In Abschnitt VI wurde darauf hingewiesen, daß die von Habermas vorgenommene Abgrenzung von Handeln und Diskurs nicht dazu dienen soll, die Welt gnadenlos in zwei Teile aufzuteilen. Das gleiche gilt hier: Habermas' Abgrenzung muss nicht mißverständlich handfest und zu dualistisch verstanden werden. Habermas beabsichtigt mit dem Einführen einiger zentraler analytischer Unterscheidungen, verschiedene Dimensionen der sozialen Wirklichkeit einzufangen, um dann systematisch die Verbindungen zwischen den abgetrennten Phänomenen zu betrachten. Er beabsichtigt mit dieser Vorgehensweise, die Bedingungen einer haltbaren Gesellschaftskritik klarzulegen. Habermas hat in der Theorie des kommunikativen Handelns die kritische Frage gestellt, in welchem Ausmaße 'Systeme' in der modernen Gesellschaft - Wirtschaft und Politik bzw. Verwaltung - die 'Lebenswelt' kolonisiert haben. Seine These war jedoch schon lange vor Faktizität und Geltung, daß ohne Markt und Staat weder wirtschaftliches Wachstum oder Machtzuwachs für alle, mit anderen Worten: keine Freiheit möglich ist. Abschließend soll will ich deshalb dem, was ich den Realismus von Habermas nennen möchte, zuwenden.


XX

Seit Machiavelli haben realpolitisch orientierte Denker betont, daß neue Herrscher ihre unpopulärsten Beschlüsse zuerst durchführen müssen; also die, welche wirklich hart sind und damit ist auch gemeint: welche selbst in einer Demokratie für einige härter sind als für andere. Man kann sogar behaupten, daß sich darin kommunikative und nicht nur strategische Vernunft zeigt. Man kann mit Max Weber von der Verantwortungsethik des Machthabers sprechen, als Widerpart zur kritisch prüfenden Instanz der Opposition und der Öffentlichkeit. Wurde erst eine Führung gewählt, ist auch - zumindest von denen, die zur Mehrzahl gehört, die sie gewählt hat, oft aber auch von anderen - eine gewisse Kraft zum Handeln (zur Innovation und Reform, zur Aüfräumung usw.) erwünchst.Handelt es sich um eine politische, auf Vertrauen beruhende Gemeinschaft, liegt es wohl in der Natur der Sache, daß den politischen Widersachern eine Chance eingeräumt wird, wenn sie die Mehrheit erhalten. Da Politik - so Max Webers berühmter Vergleich - nicht nur ein "starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Augenmaß und Leidenschaft zugleich" darstellt (Weber 1971, S. 560), sondern daß Politiker darüber hinaus bis zu einem gewissen Grad auch die Verantwortung dafür übernommen muss, daß man mit dem Teufel verhandelt und "sittlich bedenkliche oder zumindest gefährliche Mittel un die Möglichkeit oder auch die Wahrscheinlichkeit übler Nebenfolgen mit in den Kauf nimmt," [40] kann es vernünftig sein, daß die harten Beschlüsse durchgesetzt werden, solange der Vertrauensvorschuß noch nicht aufgebraucht ist. Wurde zu hart vorgegangen, kann man eine geschwächte Machtgrundlage lange vor Ablauf der Amtsdauer riskieren. Zerfällt die Machtbasis der Regierung in diesem Prozess aber nicht, kann danach auf 'besseres Wetter' gehofft werden. Die Kunst besteht darin, das man zwar unpopulär handelt, wodurch ja auch die Gegenvorstellungen verschärft werden, daß man die Unkosten transparent und überschaubar zu macht, aber doch vermeidet, allzuviele 'Beine zu brechen' - und daß man sich mit dieser Politik auf längere Sicht durchzusetzt; dies auch, weil die Reformen auch durch positiv erfahrene Wirkungen im nachhinein allmählich überzeugen, und nicht nur durch die befürwortenden Argumente im voraus. Sollte der politische Gegner die nächste Wahl gewinnen, ist es natürlich möglich, ja oft wahrscheinlich, daß versucht wird, das Durchgeführte zu revidieren. Oft bestehen solche Revisionen jedoch eher in Änderungen kleineren Maßstabs,nicht so sehr in grossangelegten Versuchen, die Veränderungen einfach rückgängig zu machen. Damit hat die Reform einen Unterschied gemacht und istTeil der Prämissen für zukünftiges kommunikatives Handeln der politischen Gemeinschaft geworden. Ein strategischer Kampf um die politische Macht muß sich dann zu diesen Realitäten, über die man sich jetzt als Ausgangspunkt geeinigt hat, verhalten.

Wurde an dieser Stelle versucht, den Habermas'schen Gedanken eines diskursiv vermittelten, demokratischen Prozesses mehr realpolitisch zu gestalten, als dieser tatsächlich ist? Steht er im falschen Kleid der Macht, wenn Webers Gedanke einer Verantwortungsethik hinzugezogen wird? Mitnichten Bevor jedoch der Leser zu einem solchen Schluß kommt, möchte ich ihn bitten, noch einmal einen Blick auf die Abschnitte IV, VI und VII zu werfen. [41]

Der Aufsatz wurde vom Verfasser übersetzt, aufgrund einer ersten Fassung, die von Martin Frank erstellt wurde.

FUSSNOTEN

* Diese Arbeit wurde ursprünglich für ein norwegisches Buch geschrieben, das in verschiedene theoretische Ansätze für das Studium von Macht einführen sollte, und das im Rahmen der vom norwegischen Staat veranlassten "Macht und Demokratie-Untersuchung 1998-2003" erschien: Fredrik Engelstad (Hrsg.): Om makt. Teori og kritikk, Ad Notam Gyldendal, Oslo 1999. [zurück]

1 - Niklas Luhmann unterscheidet in Luhmann 1975 und Luhmann 2000 zwischen negativen und positiven Sanktionen und bestimmt den Machtbegriff von der Androhung negativer Sanktionen aus. Wird im folgenden von Sanktionen und sanktionsgestützter Macht gesprochen, sind damit stets negative Sanktionen gemeint. Typisches Beispiel für positive Sanktion in der modernen Gesellschaft sind Geldauszahlungen. Das Beispiel kann allerdings auch dafür verwendet werden, um auf die nicht ganz problemfreie Unterscheidung zwischen negativen und positiven Sanktionen hinzuweisen, die Luhmann selbst hervorgehoben hat (z.B. in Luhmann 2000, s.50.) Es kommt eben in der betreffenden Situation darauf an, welche Erwartungen man selber hegt. Treffen regelmäßige Auszahlungen nicht ein, kann dies selbstverständlich kann auch andere Ursachen als den Gebrauch von Macht haben. Es kann sein, daß es sich nur um die Abwesenheit einer positiven Sanktion handelt. Es kann sich jedoch auch eine Situation handeln, wo die Beendigung eines bezahlten Dienstverhältnisses angedroht worden ist: "Die Macht der organisierten Wirtschaft beruht auf diesem Umkippen positiver in negative Sanktionen." (Ibid.) - Der Gedanke eines "Angebots, das man nicht ausschlagen kann" führt insofern noch weiter im Relativieren des Unterschiedes zwischen beiden Sanktionstypen, wenn die Machtanwendung beabsichtigt ist und nicht nur das, was buchstäblich gesagt wird. Denn hierbei geht es um eine positive Sanktion, die angeboten wird und im Falle der Zustimmung auch vollzogen wird. Geht es jedoch um die Anwendung von Macht, so wird der Unterlegene ohne positive Sanktion voraussichtlich nicht fortsetzen können, was damit praktisch der Androhung einer negativen Sanktion gleichkommt. Das gelegentlich geäußerte 'So kann es nicht weitergehen' bezeichnet dies richtig, wenn die Katastrophe bereits in unmittelbarer Nähe gerückt ist. [zurück]

2 - Hobbes 1968 (urspr. 1651), Teil 2, Kap. XXI, S. 262f. [zurück]

3 - Hobbes 1968 (urspr. 1651), Teil 2, Kap. XX, S. 251 - 253. [zurück]

4 - Andere zentrale Quellen s. Habermas 1984, der Artikel über Wahrheitstheorien von 1972 (s. S. 127ff, insbesondere S. 161, außerdem S. 177ff). [zurück]

5 - Zu der hier angedeuteten Säkularisierungsproblematik siehe Høibraaten 1989, 1993. Primärquellen zu diesem Bereich sind Habermas 1981a, Bd. 2, Kap. V.2, VI.2, außerdem Habermas 1992, Kap. I.III SS. 40 - 45. [zurück]

6 - In dieser Arbeit wird oft von "Einverständnis" gesprochen. Ich vernachlässige dabei die habermassche Unterscheidung zwischen Moral und Recht und deren sogenannte Gleichursprünglichkeit, wie sie in Habermas 1992 entfaltet wird. "Die Gründe, die moralische Regeln rechtfertigen, führen zu einem rational motivierten Einverständnis; die begründung von Rechtsnormen dient einer rational motivierten Vereinbarung " (S. 194.) [zurück]

7 - Habermas 1981a, Bd. 1, Kap. IV.3, S. 386ff. [zurück]

8 - Mit 'Welt' wird hier eine Problematik vereinfachend bezeichnet, die bei Habermas 1981a, Bd.1, Kap. I.3 ausführlich behandelt wird. [zurück]

9 - Zur Begriffserläuterung s. Habermas 1981a, Bd. 1, Kap. I.1; Habermas 1984, S. 159ff, insbesondere S. 177f; und Habermas 1983, S. 53ff, insbesondere S. 99ff. Die Unterscheidung zwischen kommunikativer Handlung und Diskurs geht zurück auf Habermas und Luhmann 1971 und Habermas 1971, Einleitung. [zurück]

10 - Zu dieser Redewendung s. Habermas 1981a, Bd. 1, Kap. I.1, S. 37f. [zurück]

11 - Arendt 1981 (urspr. 1960), § 28, S. 252. Das Zitat findet sich teilweiser wieder in Habermas 1992, Kap. IV.I., S. 186. [zurück]

12 - Mit der hier aus Platzgründen nicht näher beschreibbaren Unterscheidung zwischen Prinzipien und Normen soll darauf hingewiesen werden, daß in Verfassungen zwischen eher prinzipiellen, sozusagen philosophischen Teilen (z.B. Grundrechtskataloge) und eher konkret-organisatorischen Teilen unterschieden wird. Daß Normen in Verbindung mit letzterem in die Verfassung aufgenommen werden und somit schwieriger als andere Rechtsnormen abzuändern sind, bedeutet, daß man sie in gewisser Weise als grundlegend ansieht. In Bezug auf die Grundrechte sagt das Bonner Grundgesetz von 1949, daß diese nicht verändert werden können. Es verweist damit explizit auf eine von vielen als unlösbar angesehene Problematik zwischen philosophischer Grundlage und juristischer Praxis. Laut Habermas muß eine Lösung dadurch gesucht werden, daß man unterscheidet zwischen faktischen Grundrechtskatalogen auf der einen Seite, das heisst: durchgeführten Versuchen einer Explikation von normativen Grundideen, die nicht einfach zur Disposition stehen unde geändert werden können (z.B. à la Hitler); und auf der anderen Seite Verbesserungs- und Vertiefungsversuchen, z.B. in Richtung einer mehr konsistenten Anwendung der Grundideen, auf der Basis einer verbesserten Einsicht in die Begründungsproblematik. Zu Habermas' Auffassung, daß nicht alles normativ zur Disposition steht vgl. Habermas 1992, Kap. II, III, S. 96; zu seinem diskurstheoretischen Versuch der Begründung eines Systems von Rechten vgl. Habermas 1992, Kap. III, insbes. Pkt. III. [zurück]

13 - Mit der hier aus Platzgründen nicht näher beschreibbaren Unterscheidung zwischen Prinzipien und Normen soll darauf hingewiesen werden, daß in Verfassungen zwischen eher prinzipiellen, sozusagen philosophischen Teilen (z.B. Grundrechtskataloge) und eher konkret-organisatorischen Teilen unterschieden wird. Daß Normen in Verbindung mit letzterem in die Verfassung aufgenommen werden und somit schwieriger als andere Rechtsnormen abzuändern sind, bedeutet, daß man sie in gewisser Weise als grundlegend ansieht. In Bezug auf die Grundrechte sagt das Bonner Grundgesetz von 1949, daß diese nicht verändert werden können. Es verweist damit explizit auf eine von vielen als unlösbar angesehene Problematik zwischen philosophischer Grundlage und juristischer Praxis. Laut Habermas muß eine Lösung dadurch gesucht werden, daß man unterscheidet zwischen faktischen Grundrechtskatalogen auf der einen Seite, das heisst: durchgeführten Versuchen einer Explikation von normativen Grundideen, die nicht einfach zur Disposition stehen unde geändert werden können (z.B. à la Hitler); und auf der anderen Seite Verbesserungs- und Vertiefungsversuchen, z.B. in Richtung einer mehr konsistenten Anwendung der Grundideen, auf der Basis einer verbesserten Einsicht in die Begründungsproblematik. Zu Habermas' Auffassung, daß nicht alles normativ zur Disposition steht vgl. Habermas 1992, Kap. II, III, S. 96; zu seinem diskurstheoretischen Versuch der Begründung eines Systems von Rechten vgl. Habermas 1992, Kap. III, insbes. Pkt. III. [zurück]

14 - Arendt 1981, § 28, S. 254. [zurück]

15 - Arendt 1981, § 34, S. 313. [zurück]

16 - Was nicht besagt, daß Arendt zur kontrakttheoretischen Tradition der politischen Philosophie der Neuzeit gerechnet werden sollte. Sie (vgl. Canovan 1992, Kap. 6) gehört eher zur republikanischen Tradition eines politischen Denkens, das bis zur Antike zurückreicht und u. a. durch Machiavelli und Harrington die Väter der amerikanischen und französischen Revolution beeinflußte, wenn Arendt selbst auch wenig Sinn für das stark militärische Element (Bürger-Soldat-Synthese) besaß, daß diese Tradition kennzeichnet. [zurück]

17 - S. Fußn. 12. [zurück]

18 - Arendt greift auch auf die Idee des 'tacit consent', des stillschweigenden Einverständnisses zurück, die in der politischen Theorie seit Locke eine wichtige Rolle gespielt hat. Arendt meint, daß erst eine solche Einigkeit die normative Kraft erklären kann, die darin besteht, in einer Gesellschaft auf- und in sie hineinzuwachsen. Wenn jedoch die stillschweigende Übereinkunft sich auch als eine freiwillige, normative Kraft ausdrücken soll, muß Arendt zufolge eine Gemeinschaft vorausgesetzt werden, in der der Dissens eine juristische wie praktische Möglichkeit ist; wie sie als zutreffend für die USA ansieht (vgl. Canovan 1992, S. 217). [zurück]

19 - Habermas zum erkenntnistheoretischen Aspekt von Arendts Verwendung der Kontraktidee, s. Habermas 1981b, S. 247f; Habermas zur Kontraktidee, Republikanismus und Kommunitarismus s. Habermas 1992, insbes. Kap. III, VII u. VIII u. Habermas 1996, Kap. 9. Auf die bedeutenden Unterschiede zwischen Arendt und Habermas, die auch für den restlichen Teil der vorliegenden Darstellung von Bedeutung sind, wird hier nicht näher eingegangen (zu Habermas' Auffassung s. die zwei Arendt-Aufsätze in Habermas 1981b). [zurück]

20 - Gemeint ist sein Vergleich von Macht und Geld als Medien der Kommunikation; s. Habermas 1981a, Bd. 2, Kap. VII.2, S. 384-419, insbes. S. 400 - 406; s.a. Quellenhinweise in Fußn. 8, Habermas 1981a, Bd. 1, Kap. III und Habermas' Übersicht über seinen sprachpragmatische Ansatz in Habermas 1999a, S. 137ff.
Die Vorgehensweise des vorliegenden Artikels entspricht in gewisser Weise einer Entwicklung in Habermas' Arbeiten zum Thema Macht. Nachdem er 1976 den Begriff der kommunikativen Macht in seinem Artikel über Arendt einführte (Habermas 1981b), verwendete er ihn nicht in der Theorie des kommunikativen Handelns (Habermas 1981a), kam aber in seinem zweiten Hauptwerk Faktizität und Geltung (Habermas 1992, zu Arendt s. insbes. Kap. IV.I, S. 184ff) auf ihn zurück. Ziel des vorliegenden Artikels ist u. a. der Nachweis, daß Terminologievariationen keinesfalls ein Zeichen von Inkonsistenz im grundlegenden Denken von Habermas darstellen. [zurück]

21 - S. Fußn. 1. [zurück]

22 - Selbst wenn Habermas diesen Ausdruck nicht verwendet, ist meine Intention bei der Anwendung weniger eine ironische, denn Habermas widerspricht nicht der Auffassung, daß das was der Gedanke beschreibt, sich auf eine reale soziale Erfahrung in der heutigen Gesellschaft bezieht, und dies ist auch das Einzige, worauf wir mit dieser Sprechweise hinaus wollen. Die habermasschen Aussagen zu dieser Problematik sind, was nur natürlich ist für einen, der Marx sehr ernst nimmt, sehr differenziert und nur in sehr komplexen theoretischen Kontexten zu finden, so weit ich sehe; da ich auf sie hier nicht eingehen kann, begnüge mich für den interesserierten Leser mit einigen Stellen aus Habermas 1981a, bind II, Kap. VII, die Seiten 474-5, 498-9, 505-6, 506-10. [zurück]

23 - S. Habermas 1981a, Bd. 2, Kap. VII.2, S. 384ff; Habermas verweist besonders auf Parsons 1967, S. 318ff ("On the Concept of Political Power"), S. 264ff ("Some Reflections of the Place of Force in Social Process") und auf Luhmann 1975. Habermas verweist auch auf wichtige historische Vorläufer für diesen Typ Theoriebildung, u.a. Georg Lukaçs, Max Weber, auf Georg Simmels Philosophie des Geldes (Simmel 1989, urspr. 1900) und Marx (s. z.B. Habermas 1981a, Bd. 1, Kap. IV.1, S. 479f) bzw. setzt sich kritisch mit ihnen auseinander. [zurück]

24 - S. Habermas 1992, Kap. VIII, insbes. S. 406. [zurück]

25 - Selbst wenn der Ausdruck 'Sozialtechnologie' in der Kontroverse zwischen Habermas und Luhmann benutzt wurde (Habermas/Luhmann 1971), so begnügt sich Habermas in der späteren Diskussion der Kommunikationsmedien unter Hinweis auf Luhmann sich damit, von einer "Technisierung der Lebenswelt" zu sprechen ([Habermas 1981a,] Bd. 2, Kap. VII, S. 394.). In vorliegender Arbeit wird das Begriffspaar aus der Theorie des kommunikative Handelns, die Unterscheidung zwischen 'System' und 'Lebenswelt' vermieden und stattdessen ein wenig vereinfachend die Begriffe 'Sozialtechnologie' und 'kommunikatives Handeln' als zentrales Orientierungsmittel verwendet. [zurück]

26 - Dies ist auf jeden Fall seit 1975 auch terminologisch klar, als Habermas in einem Vortrag systematisch zwischen legitimierenden Gründen und Institutionalisierungen von Herrschaft unterschied; dies eben nicht, um die mögliche Legitimität solcher Institutionalisierungen abzuweisen, sondern in der Absicht, Traditionen des Denkens kritisch zu verbessern, die daran gearbeitet haben, den Begriff der demokratischen Legitimität mit dem Begriff der institutionalisierten Herrschaft zu verbinden (s. Habermas 1976, S. 276ff). [zurück]

27 - S. Habermas 1992, Kap. VII und Nachwort in der Neuherausgabe von Habermas 1962/1971 (Habermas 1990a). [Norweg. Quelle fehlt] [zurück]

28 - S. z.B. Vita Activa § 28. S. a. die 'realistische' Interpretation von Arendt in Canovan 1992, insbesondere dort, wo Arendt u. a. mit Weber verglichen und behauptet wird, daß "she seems to have taken for granted that violence is part of the human condition, although something which can, on occasion, in favourable circumstances, be kept out of politics." (S. 185f) [zurück]

29 - Über das Verhältnis zwischen Kriminalität und Terror schrieb Habermas auf dem Höhepunkt des deutschen Terrorismus, im 'deutschen Herbst' 1977, als Regierung und Opposition sich zeitweilig förmlich einbunkerten und den Kampf gegen die Terroristen unter Suspendierung der normalen politischen Geschäfte betrieben: "Es besteht heute die Gefahr, daß in Rechtsprechung, Politik, Verwaltung und Publizistik, in Schulen, Universitäten und Betrieben Carl Schmitts Theorie der "innerstaatlichen Feinderklärung" zur Routine wird. Nach dieser Theorie beweist der Staat seine Autorität in Gefahrensituationen dadurch, daß er den "inneren Feind" bestimmt. Nun könnte man meinen, daß sich die Terroristen selbst als Feinde des Staates definieren. Aber ihnen gegenüber beweist, wie wir wissen, der Rechtsstaat seine Autorität gerade dadurch, daß er sie nicht als Feinde, sondern als Kriminelle behandelt, die unter dem Gesetz stehen." Habermas 1981c, S. 398. [zurück]

30 - Habermas 1981a, Bd. 2, Kap. VII.2, S. 405. [zurück]

31 - Vgl. mit der Beschreibung bei Parsons 1960, S. 181 u. Parsons 1967, S. 264ff; s. Habermas 1981b, S. 244f u. S. 230 u. Habermas 1981a, Bd. 2, Kap. VII.2, S. 401, samt Kap. VII, 471-2, 506-9. [zurück]

32 - Wenn im letzten Abschnitt im Hinblick auf die Bilder und Metaphern der Kontrakttheorie davon gesprochen wurde, daß die Bürger sich versammeln und ein Monopol legitimierter Gewaltanwendung errichten sollen, dann liegt selbstverständlich der Gedanke an die amerikanische Revolution nahe, welche nicht nur in der Loslösung von England bestand, sondern auch darin, daß mit der 'Union der Vereinigten Staaten' selbst wieder eine neue, starke zentrale Macht geschaffen wurde, in der die Union den primären Staat darstellt. Nun waren auch die frühen Vereinigten Staaten keine Demokratie im heutigen Sinne. Zur Veränderung des amerikanischen politischen Klimas in Richtung auf die heutige Demokratie vgl. z.B. Ryan 1997, S. 9: "By 1825...American politicians operated on the assumption that the people had to be consulted in public matters...A stance of superiority toward the better sort...was now taboo...The frank exhaltation of democracy had become the presumption of national politics with Jackson's bank message in 1832." Ryans Buch hat Habermas 1990a (urspr. 1962) als eine der Inspirationsquellen, obwohl sie das Öffentlichkeitsmodell von Habermas als zu begrenzt auffasst. [zurück]

33 - mit "accuracy and efficiency", wie Habermas formuliert, vgl. Habermas 1992, S. 229, vgl. das gesamte Kapittel IV für eine sehr viel differensiertere Analyse, speziell der Logik der Gewaltenteilung, als ich in dieser Arbeit geben kann.Vgl. ach Fussnote 39. [zurück]

34 - Da ich hier nicht direkt auf habermassche Formulierungen zurückgreifen kann, weise ich nur auf meinen Kommentar und die Hinweise in Fussnote 24. [zurück]

35 - Habermas 1981a, Bd. 2, Kap. VII.2, S. 405. [zurück]

36 - Habermas 1990a, Kap. II, § 4, erster Satz. Die Bedeutung des Wortes "privat" bezieht sich in diesem frühen, historisch angelegten Werk von Habermas (das zuerst 1962 herauskam) nicht nur auf das Privateigentum des Bürgertums in der Epoche, in der die unteren Schichten mangels Schulausbildung nicht an der Öffentlichkeit teilnehmen konnten, sondern u. A. auch auf das Charakteristische dieser im achtzehnten Jahrhundert sich ausbildenden Öffentlichkeit: daß sich dort engagierte öffentliche Kommunikation und die Möglichkeit zur ruhigen Distanz in der privaten Aneignungsweise der Lektüre begannen, sich gegenseitig zu durchdringen. [zurück]

37 - S. Fußn. 1. [zurück]

38 - Vgl. Høibraaten 1998. Die dort vorgelegte Darstellung (insbesondere Pkt. 5.3.2) soll kompatibel sein mit Habermas' diskurstheoretischem Verständnis von dem, was er als "klassisches Machtverteilungsprinzip" benennt (Habermas 1992, Kap. IV.3, S. 208ff, insbes. S. 229ff, dort auch zum Ausdruck). S. a. Arendt 1958, S. 201 über Machtsteigerung durch 'checks and balances'. [zurück]

39 - Habermas 1985a, S. 422; s. a. Habermas 1990b, S. 93f. [zurück]

40- Weber 1971, S.552, vgl. auch 557. Da ich mit diesem Heranziehen von Weber ein Bißchen provokatorisch vorgehe, verweise ich hier sogleich auf die nächste Fußnote. [zurück]

41 - Siehe außerdem Habermas 1981a, wo Habermas mit Weber und über Weber hinaus die Möglichkeiten für eine sogenannte kognitivistische Pflichtethik darzulegen versucht; s. Bd. 1, Kap. II, III, insbes. Kap. II.3, S. 317; zur Kritik an Weber s. a. Kap. II.1, S. 258, Kap. II.4, S. 339f, 357f u. Kap. III, S.380f. [zurück]

 

LITERATURLISTE

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  • Habermas 1976: Jürgen Habermas: Zur Rekonstruktion des historischen Materialismus. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.
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