Humboldt-Universität zu Berlin - Sprach- und literaturwissenschaftliche Fakultät - Nordeuropa-Institut

Humboldt-Universität zu Berlin

Nordeuropa-Institut

GK: Einführung in die skandinavistische Kulturwissenschaft

Dozent: Stephan Michael Schröder

WS 99/00

Ist Kulturwissenschaft gleich Kulturwissenschaft?

Unterschiede zwischen "Kulturwissenschaften", "Kulturwissenschaft" und "Cultural Studies"



Verfasserin: Undine Zimmer

Fachsemester: 01

Studienkombination:

Publizistik, Skandinavistik,

Matrikelnr:158271

09.02.2000





Einführung



Ziel der Arbeit ist die Begriffsklärung zwischen den drei am meisten verwechselten Inhalten des Begriffes Kulturwissenschaft. Es gibt den interdisziplinären Begriff der "Kulturwissenschaften", den der eigenen Disziplin "Kulturwissenschaft" und einen weiteren: "Cultural Studies". Diese werden oft verwechselt und Ziel ist es, die wesentlichen Unterschiede zu differenzieren um die Verwirrung und Verwechslung dieser drei auszuräumen.

Da die Zeit der Vorbereitung und der Umfang der Arbeit sehr begrenzt ist, habe ich diese drei Begriffe jeweils ein bis zwei Vertretern des jeweiligen Kulturbegriffes zugeordnet und deren Meinungen gegenüber gestellt. Zur Disziplin Kulturwissenschaft habe ich mich an Hartmut Böhme(1) gehalten, für die Kulturwissenschaften an Stefan Michael Schröder und Bernd Henningsen(2) und für die Cultural Studies an Jürgen Kramer(3) sowie dem Metzler Lexikon.

Inhaltlich gebe ich einen groben Einblick in Hintergrund, Forschungsgegenstände und Zukunftsperspektiven

Da der Begriff der Kulturwissenschaften heute häufig und für alles mögliche gebraucht wird, ist es schwer einen Überblick zu gewinnen und auch konkrete Unterschiede zu nennen, denn die Begriffe überschneiden sich in vielen Gebieten.

Was jedoch bei allen drei hier behandelten Begriffen gleich ist, ist die Auseinandersetzung mit der Entstehung des Begriffes Kultur.

Alle von mir gelesenen Autoren(4) weisen auf das Lateinische "cultura", welches von "colere - bebauen" abstammt. Zuerst wurde es im Sinne von Ackerbau gebraucht, später auf den Verstand übertragen, bis hin zum Kultivieren des Geistes, im Sinne von gutem Benehmen und schließlich auf die Lebensart einer ganzen Gesellschaft. Seit Herder(5) wird aus "Kultur" "Kulturen", daraus entsteht dann der anthropologische Kulturbegriff(6) und darauf folgt schließlich der semiotische Kulturbegriff(7), der für alle Arten der Kulturwissenschaft heute grundlegend ist.

Es herrscht große Unübersichtlichkeit in der kulturwissenschaftlichen Debatte. Die Überschneidungsflächen sind groß, und so ist es nie leicht zu wissen, von welchem Begriff gerade die Rede ist, sofern man sich überhaupt bewußt ist, daß es unterschiedliche Kulturwissenschaften gibt.



1. Kulturwissenschaften nach Stefan Michael Schröder



Der Legitimierungsdruck der Geisteswissenschaften und die immer drohenden Sparmaßnahmen machten es überlebensnotwendig, anpassungsfähig zu sein.

Die beiden Hauptprobleme der Geisteswissenschaften waren von Mitte des 19. Jahrhundert wie auch heute die eigene disziplinäre Zersplitterung und die Kluft zu den Naturwissenschaften, die durch Internationalisierung, Modernisierung und dadurch ständigen Erneuerungen immer größer geworden ist.

Es wird betont, daß die Kulturwissenschaften eine Integrationswissenschaft gleichwertig mit den Natur- und Geisteswissenschaften sind. Eine Wissenschaft also, die die verschiedenen Disziplinen in Bezug zueinander setzt.

Kulturwissenschaftler warnen davor, in den Kulturwissenschaften ein Wundermittel für die Probleme der Geisteswissenschaften zu sehen.



Die Bildung des Begriffes Kulturwissenschaft geht auf die Definition des Kulturbegriffes zurück.

Von der Auffassung, daß Kultur/Kunst eine bestehende Wirklichkeit nachahmt, war der nächste Schritt, daß die Kunst das Prinzip der Wirklichkeit (der Natur) nachahmte, bis dahin, daß Kultur als eigenständiges Konstrukt gesehen wurde.

Saussure definierte die Sprache als ein Zeichensystem, das dazu dient, unsere Vorstellungen von der Wirklichkeit auszudrücken.

"Übertragen auf die Kulturwissenschaft bedeutet dies, daß das sprachliche Zeichen 'Kulturwissenschaft' die Wirklichkeit, auf die es angewendet wird, nicht repräsentiert, sondern erst konstruiert und strukturiert" (Schröder 1997, 61)



Derjenige, der daraufhin den Begriff "Culturwissenschaft" zuerst gebrauchte, war Gustav Klemm(8).

Zu seiner Zeit sprach man noch von der Kulturgeschichte, die ihr Augenmerk auf "das soziale und geistige Leben" (Schröder 1997, 62) richtete, von der Klemm dann die "Culturwissenschaft" abgrenzte.

Klemm definierte dann den Begriff der "Culturwissenschaft" als eine Wissenschaft, die sich mit "der Kulturalisierung des Menschen in Auseinandersetzung mit der Natur und anderen Menschen" beschäftigt. Diesen Begriff unterteilt Klemm in drei Bereiche: Die materiellen Grundlagen, die menschliche Gesellschaft und die Entwicklung der Wissenschaft und Kunst.(vgl. Schröder 1997, 63f)

Der große Unterschied zwischen Kulturgeschichte und Kulturwissenschaft war, daß die Kulturgeschichte sich auf das Individuum in seinen verschiedenen Orten und Zeiten konzentrierte, während die Kulturwissenschaft die gesamte Menschentätigkeit umfaßte.

Das Neue an Klemms Integrationswissenschaft war der interdisziplinäre Charakter. Im Gegensatz dazu hatten frühere Integrationswissenschaften die anderen Disziplinen sich selber untergeordnet.

Genau an dieser Stelle liegt ja auch einer der Brennpunkte in der Diskussion zwischen den Kulturwissenschaften und der Disziplin Kulturwissenschaft.

Klemms Begriff legt also den Grund für die heutigen Kulturwissenschaften.



Als nächstes spielte der semiotische Kulturbegriff eine wichtige Rolle in den interdisziplinären Kulturwissenschaften. Dadurch, daß die Welt symbolisch verstanden wird, wird es möglich, die verschiedenen Disziplinen der Geisteswissenschaften in Beziehung zueinander zu setzen.



Indem die gesamten Menschentätigkeiten, somit auch die Naturwissenschaften und Sozialwissenschaften, zur Kultur werden, sind sie Forschungsgegenstand der Kulturwissenschaften geworden. Aus diesem Grund meint man, daß die Kulturwissenschaften nicht nur ein Teil der Geisteswissenschaften sein können, da ihre Forschungsgegenstände und Methoden über die einer Disziplin hinaus reichen. (Schröder 1997, 81)



Die Aufgabe der Kulturwissenschaften ist, wie ja schon erwähnt, im dialogischen Sinne grenzüberschreitend und integrativ zu sein. Sie beschäftigen sich weiter mit der Anthropologie, der Erforschung des Seins des Menschen und seiner Konfrontation mit der Natur.

Eine interdisziplinäre Kulturwissenschaft ist notwendig, da in der Spezialisierung auf das Einzelne, die sich darauf spezialisierten Personen den Überblick verlieren. Die Spezialisierung steht also vor dem Problem, daß weiteres Vertiefen das Fach nur noch unübersichtlicher macht. Um diesem entgegenzuwirken, setzt man sich für das Zusammenwirken der Disziplinen ein.

So kommt man wieder auf das Argument gegen die Disziplin Kulturwissenschaft zurück, nach dem eine Disziplin nicht die Schwierigkeiten lösen kann, die die Kapazität einer Disziplin übersteigen.

Böhme (2000, 204) ist sich sicher, daß die Kulturwissenschaften auch aus diesem Grunde in der Zukunft gebraucht werden, da der Bedarf an Leuten, die einen Gesamtüberblick über die kulturwissenschaftliche Landschaft haben, ständig steigt.



2. Die Disziplin Kulturwissenschaft nach Hartmut Böhme



Im Gegensatz zur übergreifenden Definition von Kulturwissenschaft steht die eigene Disziplin Kulturwissenschaft, die seit den Achtzigern ein etabliertes Fach ist.

Die Inhalte der Kulturwissenschaft wurden in den traditionellen Geisteswissenschaften schon studiert: In der Volkskunde z. B. wurde Kultur vom Eigentum der gehobenen Bevölkerungsschichten durch die Kulturindustrie und Massenkommunikation sowie der Popularkultur(9) der Allgemeinheit zugänglich gemacht.

In der Literaturwissenschaft stand die Umwandlung des literarischen Textes zum literarischen Kommunikat im Mittelpunkt, d.h. Jugend-, Kinder-, Trivial-, Kriminal- und Arbeiterliteratur wurden zum Forschungsgegenstand erhoben.



Böhme nennt vier Anlässe für das Aufblühen der Kulturwissenschaft gegen Ende des 19 Jahrhunderts: Zum ersten "verschiebt sich innerhalb etablierter Disziplinen das Gegenstandsinteresse auf kulturelle Phänomene. Es entstehen kulturgeschichtliche Epochenbilder. Geschichte wird nach Kulturtypen organisiert."

Zweitens werden "Fragen um die Theorie der Kultur" diskutiert.

"Drittens sind kulturwissenschaftliche Fragen Kristallisationspunkt sich neu bildender Disziplinen"

Viertens entstehen übergreifende kulturwissenschaftliche Probleme (vgl. Böhme 2000, 107)

Durch diese Entwicklung gibt es keine sogenannte hohe Kultur mehr, man unterscheidet nicht mehr in höheren und niederen Stufen, sondern alles (religiöse, ethnische und soziale Rituale, Lebensstiele, Verhaltensmuster, Objekte materieller Kultur und Techniken der gesellschaftlichen Reproduktion und Naturbearbeitung) (Böhme 2000, 108) wird als unterschiedlich, aber gleichwertig anerkannt.

Die Kultur ist für die Kulturwissenschaft sowohl der Rahmen als auch Gegenstand der Forschung.

Böhme (2000, 107) nennt drei Bereiche, die im Zentrum des Faches Kulturwissenschaft stehen:

Durch die Mediengeschichte lassen sich "Bedingungen und Erzeugungen von kultureller Kommunikation von Gedächtnis und Weltwahrnehmung" nachvollziehen.

"Die Bildforschung untersucht die Bild-Künste und allgemein visuelle Phänomene...mit Bildern sind dabei sind auch körperliche Bewegungsformen, soziale Rituale und Habitus, Ausdrucksformen von Gewohnheiten, Gefühlen und Handlungen gemeint."

"Die historische Anthropologie fragt nach den gewandelten Lebensbedingungen in der zunehmenden Überformung der Kulturen sowie der menschlichen und nicht-menschlichen Natur durch die Entwicklung der technisch-wissenschaftlichen Zivilisation."



Vorherrschende Forschungsfelder der Kulturwissenschaften und gleichzeitig Schwerpunkte des Studiums an den Universitäten sind:

Wissenschaftskulturen

Kulturgeschichte der Kultur

Historische Anthropologie

Erinnerung und Gedächtnis

Kulturgeschichte der Technik

Mediale Praktiken



Kulturwissenschaft setzt einen neuzeitlichen Kulturbegriff voraus, nämlich Kultur als etwas Gemachtes und somit Rekonstruierbares. Kulturwissenschaft umfaßt den ganzen Bereich menschlicher Tätigkeiten, "also nicht nur sprachliche Texte als symbolische Verarbeitungen von Realität, sondern auch materielle, mediale und gedachte Ordnungen, an denen sprachliche Texte teilhaben und in die sie eingelassen sind." (Böhme 2000, 106)

Da jede Gesellschaft etwas anderes unter Kultur versteht, muß die Kulturwissenschaft immer erst die Bedeutung des Kulturbegriffes untersuchen, bevor sie durch Vergleich auf Veränderungen und Abhängigkeiten schließen kann.



Die Zukunft der Kulturwissenschaft ist nach Böhme noch offen. Die Rivalität gegenüber den Kulturwissenschaften besteht; auf der einen Seite ist der Bedarf nach Annäherung zwischen Wissenschaft und Leben größer geworden und das spricht für die Weiterentwicklung der Kulturwissenschaft. Auf der anderen Seite wird das Verlangen nach Übersichtlichkeit, nach ausgebildeten Generalisten ebenfalls größer, was mehr für die interdisziplinären Kulturwissenschaften spricht.

So schreibt er abschließend:

"So ist es durchaus denkbar, daß nach Rückgang des überhitzten kulturwissenschaftlichen Diskurses der alte Fächerkanon und Status quo, mit neuen Akzenten und Forschung und Lehre versetzt, weitergehend erhalten bleibt. Denkbar ist ferner, daß die bisher eingerichteten kulturwissenschaftlichen Studiengänge, so attraktiv und effektiv sie sein mögen, als unkoordiniert entstandene Reformmaßnahmen nebeneinander bestehenbleiben, ohne daß sich aus der organisatorischen Selbständigkeit eine überregionale disziplinäre Identität herausbildet. Die Kulturwissenschaft als Disziplin wird diese Identität nur gewinnen können, wenn es ihr gelingt, die Spannungen zwischen den Motiven der komplexitätssteigernden Synthese und der Abstandsverringerung von Wissenschaft und kultureller Praxis auf hohem Niveau auszuhalten, statt an einem der beiden Pole stillzustehen." (Böhme 2000, 205)

3. Cultural Studies



Die Cultural Studies kommen ursprünglich aus Großbritannien. Als ihre Väter werden R. Hoggart(10) und Robert Williams(11) angesehen.

Diese setzten in ihren Arbeiten die aus der britischen Literaturkritik gekommene Tradition der Kulturkritik fort und erweiterten sie durch die Demokratisierung des Kulturverständnisses, welches sie neu akzentuierten. Es ging ihnen dabei um die Vielfalt der Kulturen innerhalb der Gesellschaft.

Williams und Hoggart kamen beide aus der Arbeiterklasse und konnten nur mit Hilfe von Stipendien die höhere Schule besuchen. Eine weitere bedeutende Persönlichkeit für die Cultural Studies war Stuart Hall, ein Jamaikaner, der mit einem Stipendium für Begabte aus den Kolonien kam. (Kramer 1997, 42f)

Die Cultural Studies tauchten nach dem 2. Weltkrieg, im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Umstrukturierungen in Großbritannien auf, wie dem Ausbau des Welfare Staates, der Verbürgerlichung der Arbeiterklasse, dem Ausgleich der Bildungschancen und mit dem Schaffen und der Akzeptanz einer multikulturellen Gesellschaft.

Die Cultural Studies untersuchten in diesem Fall also mehr die aktuellen Probleme und beschäftigten sich weniger mit der Geschichte.



Sogenannte Gründertexte (Metzler 1998, 76) geschrieben von z. B. Hoggart und Williams, die von dem Bemühen um das Verständnis der Veränderungen der Gesellschaft handelten, und die Gründung des CCCS (Centre for Contemporary Cultural Studies), trugen viel zur Entwicklung der Cultural Studies bei.

Am CCCS, das 1963 an der Universität Birmingham gegründet wurde, werden kultur- und literatursoziologische Probleme untersucht, wie z. B. Arbeiten zur Medien- und Ideologietheorie, zur Populär- und Arbeiterkultur, zu jugendlichen Subkulturen und feministischen Fragestellungen. (Metzler 1998, 76)

1988 wurde das CCCS zum Departement of Cultural Studies.

Untersucht werden in den Cultural Studies zum Beispiel: die Aufwertung der "popular culture" als Forschungsgegenstand und die Ableitung vom doktrinären Ableitungsmarxismus



Cultural Studies werden auch als "Ober- und Sammelbegriff für die multi- bzw. interdisziplinäre Analyse kultureller Fragestellungen" bezeichnet. (Metzler 1998, 76)

Das Neue äußerte sich darin, daß es nicht mehr um eine höhere Kultur geht, sondern um die Vielfalt der Kulturen in der britischen Gesellschaft.



Einige grundlegende Untersuchungsansätze der Cultural Studies sind der ebenfalls von Williams entwickelte Cultural Materialism(12)

, zusammen mit dem Strukturalismus(13) und Marxismus und der Frankfurter Schule(14)

.



Auch hier baut man wieder auf die in der Einleitung für alle drei Begriffe von Kulturwissenschaften gemeinsame Entwicklung des Kulturbegriffes hin zum semiotischen Kulturbegriff.

"Vor diesem Hintergrund werden die vielfältigen theoretischen Entwicklungen und praktischen Untersuchung der Cultural Studies deutlich" (Metzler 1998, 77)



der idealistisch beschränkte Kulturbegriff

Eine teilweise Schnittstelle zwischen dem anthropologischen und semiotischen Kulturverständnis

Das komplexe Verhältnis von Kultur und Ideologie

Die Basis-Überbau-Hypothese

das semiotische Verständnis von Kultur



Da eine große Nachfrage der Cultural Studies besteht, wurden trotz Sparmaßnahmen neue Studiengänge angeboten. An Projekten arbeiten viele Wissenschaftler und Absolventen des CCCS gemeinsam, was zur Weiterentwicklung und Verbreitung beitragen soll.







Zusammenfassung



Wir haben also im wesentlichen den ersten Begriff der "Kulturwissenschaften", der eine eigene Wissenschaft ist. Betont wird, daß die Kulturwissenschaften gerade nicht eine alles in sich selbst aufnehmende Superwissenschaft sein wollen, sondern eine interdisziplinäre Wissenschaft, die die anderen Disziplinen in einen Dialog miteinander bringt und eine Art Wegweiser in der Welt der Kulturen sein kann, um die verschieden Kulturbegriffe zu übersetzen.

Sie bedient sich dabei sowohl der geisteswissenschaftlichen als auch empirischer Methoden und steht den Naturwissenschaften in ihrer Aktualität in nichts nach.



Der zweite Begriff ist die "Disziplin Kulturwissenschaft". Hier besteht das Kriterium der Superwissenschaft. Sie erforscht neue Richtungen in den alten Geisteswissenschaften. Ihre Zukunft ist noch offen, da es jetzt darauf ankommt, was aus dem schon Erforschten gemacht wird und wie sie sich in Zukunft organisiert. Als Kritik wird auch angebracht, ob denn eine eigene Disziplin notwendig ist oder ob die Fragestellungen in die alten Disziplinen einzuordnen seien. Was sicher ist, ist daß die Kulturwissenschaft übersichtlicher werden muß, da sich in dem momentanen Durcheinander alles irgendwie untersuchen läßt, und es schwer einzugrenzen ist und noch schwerer zu überschauen.



Der dritte Begriff der Cultural Studies ist aus einer Situation heraus entstanden, die Veränderung mit sich brachte. Er beschäftigt sich weniger mit Geschichte als damit, eine Lösung für aktuelle Probleme zu finden. Auch sind die Cultural Studies von anderen Ideologien beeinflußt. Ein werterer Schwerpunkt der Cultural Studies ist

die Aufwertung der Populärkultur.



Alle drei Begriffe haben viele Überschneidungspunkte und gründen sich auf den semiotischen Kulturbegriff, und doch stehen sie alle in unterschiedlichen Zusammenhängen. An der Auflösung der Verwirrung wird gearbeitet.



1. i. Hartmut Böhme - Professor für Kulturtheorie und Mentalitätsgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin

2.

ii. Stefan Michael Schröder - Wissenschaftlicher Assistent für Kulturwissenschaft am Nordeuropa-Institut

3.

iii. Jürgen Kramer - Kulturwissenschaftler, Universität Leipzig

4.

iv. vgl.: Kramer 1997, 50; Metzler 1998, 77

5.

v. Herder, Johann Gottfried von (1744 - 1803) - Pluralisierung des Kulturbegriffes und Ablehnung der normativen Beurteilung,. Er war tätig als Theologe und Dichter und Philosoph und hatte Einfluß auf die Soziologie, und Ethnologie. (Duden-Lexikon 1967, 993

6.

vi. antropoliogischer Kulturbegriff - stellt die Entwicklung des Menschen in den Mittelpunkt

7.

vii. semiotischer Kulturbegriff - Kultur wird zum Zeichensystem. Siehe unter 1. "Kulturwissenschaften".

8.

viii. G. Klemm - (1802 -1867)

9.

ix. Populärkultur - (engl.: popular culture) "umfaßt die sich überschneidenden Räume der Volkskultur, der Massenkultur und der Subkulturen." Gilt seit dem 19. Jahrhundert als Gegenbegriff zur Hochkultur. Gemeint ist damit die Gegenüberstellung von z. B. klassischer Literatur, klassischer Musik und Trivialliteratur, Popmusik, Kabarett, etc. (Ruth Mayer 1998, 432 - 433)

10.

x. Hoggart, Richard, geboren 1918, engl. Literatur und Kulturwissenschaftler. Er setzte neue Akzente durch Untersuchungen der Arbeiterkultur, literatursoziologische Arbeiten und die Gründung des CCCS (E. Voigts-Vircow 1998, 216 - 217)

11.

xi. Williams, Raymond (1921 - 1988) britischer Literaturwissenschaftler und materialistischer Kulturtheoretiker. Er veröffentlichte wissenschaftliche Bücher, aber auch Romane. Außerdem ist er der Begründer des Cultur Materialism. Er interessierte sich für neue Medien und angagierte sich in Demonstrationen, Gleichstellung der Frau oder auch ökologischen Problemen (Simonis Anette 1998, 568 - 569)

12.

xii. Cultural Materialism - kulturelle Handlungen, oder Prozesse die dann kulturelle Objekte hervorbringen (Texte und andere Werke). Es geht außerdem um die Beziehung zwischen Produzent und Produkt und Rezipient. (Kramer 1997, 87)

13.

xiii. Strukturalismus - "Die Lehre vom Aufbau der Sprache aus ihren kleinsten Elementen , den Phonemen und Morphemen, ohne Rücksicht auf ihre Bedeutung". Allgemein versteht man unter Strukturalismus "eine intellektuelle Strömung, die kulturelle Phänomene mit Hilfe von Prinzipien untersucht." (Bertelsmann 1996, 897)

14.

xiv. Frankfurter Schule - seit den 50er Jahren Begriff für einen philosophisch-soziologisch ausgerichtete Forschungsgruppe, die seit den 30ern am Frankfurter Institut für Sozialforschung etabliert ist. Aus Gruppe ging die Kritische Theorie hervor, die größtenteils auf K. Marx und S. Freud zurückgeht. (Benedikt Jeßling 1998, 161 - 163)

Literaturverzeichnis



Bertelsmann - "die neue deutsche Rechtschreibung" Lexikographisches Institut München, 1996, 897



Böhme, Hartmut, u. Klaus R. Scherpe (Hg): Literatur und Kulturwissenschaften. Positionen, Theorien, Modelle. Reinbeck: Rowohlt, 1996. (rowohlts enzyklopädie; 757)



Böhme, Hartmut; Matussek, Peter; Müller, Lothar "Orientierung Kulturwissenschaft. Was sie kann und was sie will." in: König, Burghard (Hg): Reinbeck: Rowohlt, 2000 (rowohlts enzyklopädie 55608)



Duden-Lexikon Bd. 2 G - O, Bibliographisches Institut AG, Mannheim 1967, 993

Jeßling, Benedikt "Frankfurter Schule" " in: Ansgar Nünning (Hg) "Metzler-Lexikon Literatur- und Kulturtheorie: Ansätze - Personen - Grundbegriffe". Stuttgart u. Weimar, Metzler 1998, 161 - 163

Klemm, Gustav Bd. 2: Das Feuer. Die Nahrung, Getränke, Narcotika, 38; (zitiert von Schröder, 63)



Kramer, Jürgen: "Britisch Cultural Studies" München: Fink,1997 (UTB für Wissenschaft: Große Reihe)



Kramer, Jürgen: "Cultural Studies" in: Ansgar Nünning (Hg) "Metzler-Lexikon Literatur- und Kulturtheorie: Ansätze - Personen - Grundbegriffe". Stuttgart u. Weimar, Metzler 1998, 76 -78



Mayer, Ruth "Populärkultur" in: Ansgar Nünning (Hg) Metzler-Lexikon Literatur- und Kulturtheorie: Ansätze - Personen - Grundbegriffe" Stuttgart u. Weimar, Metzler 1998, 432 - 433



Schröder, Stephan Michael: "Von Geleés, symbolischen Formen und drohender Balkanisierung der Wissenschaft. 150 Jahre Begriffstraditionen von "Kulturwissenschaft'". In: Bernd Henningsen u. Stephan Michael Schröder (Hg): Vom Ende der Humboldt-Kosmen. Konturen der Kulturwissenschaft. Baden-Baden: Nomos 1997, 57-99.



Simonis, Anette. "Raymond Williams" in: Ansgar Nünning (Hg) Metzler-Lexikon Literatur- und Kulturtheorie: Ansätze - Personen - Grundbegriffe" Stuttgart u. Weimar, Metzler 1998, 568 - 569



Voigts-Virchow, Eckard "Richard Hoggart" in: Ansgar Nünning (Hg) Metzler-Lexikon Literatur- und Kulturtheorie: Ansätze - Personen - Grundbegriffe" Stuttgart u. Weimar, Metzler 1998, 216 - 217